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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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ward er ordentlich gehaßt, und wenn man
ihn am Ende so böse nicht fand, als man
ihn ausgab, kam es auf den gnädigen Herrn,
man sagt' es sich ins Ohr, daß Charlotte sei-
netwegen so trübe geworden wäre. --

Sie starb -- und so froh, daß es er-
baulich war, von ihrem Tode zu hören.
Wer sie sterben gesehen; war bis an die Thür
des dritten Himmels entzückt worden. Char-
lotte war aber gewiß weiter eingedrungen
zur ewigen Freud und Herrlichkeit. Wer ihre
lezten Worte gehört hatte, redete von ihr mit
Ausgelassenheit. -- Es hatte kein Aug ge-
sehen, es hatte kein Ohr gehört, es war in
keines Menschen Herz kommen, was die Um-
stehenden gesehen und gehört hatten, und
was ihnen ins Herz gekommen. Ihr Ehe-
mann hatt' in Wahrheit die Freuden des Ehe-
standes nicht an ihrer Hand erfahren; allein
ihr Andenken ließ ihn an keine zweite Verbin-
dung gedenken.

Unsere Verbindung, sagt' er, war für
die andere Welt, wo keine Thränen mehr von
Charlottens Augen fallen werden! Sie sind
getrocknet, diese Thränen, und Engelsfreud
ist in ihren Augen. -- Halleluja! Charlotte

bat

ward er ordentlich gehaßt, und wenn man
ihn am Ende ſo boͤſe nicht fand, als man
ihn ausgab, kam es auf den gnaͤdigen Herrn,
man ſagt’ es ſich ins Ohr, daß Charlotte ſei-
netwegen ſo truͤbe geworden waͤre. —

Sie ſtarb — und ſo froh, daß es er-
baulich war, von ihrem Tode zu hoͤren.
Wer ſie ſterben geſehen; war bis an die Thuͤr
des dritten Himmels entzuͤckt worden. Char-
lotte war aber gewiß weiter eingedrungen
zur ewigen Freud und Herrlichkeit. Wer ihre
lezten Worte gehoͤrt hatte, redete von ihr mit
Ausgelaſſenheit. — Es hatte kein Aug ge-
ſehen, es hatte kein Ohr gehoͤrt, es war in
keines Menſchen Herz kommen, was die Um-
ſtehenden geſehen und gehoͤrt hatten, und
was ihnen ins Herz gekommen. Ihr Ehe-
mann hatt’ in Wahrheit die Freuden des Ehe-
ſtandes nicht an ihrer Hand erfahren; allein
ihr Andenken ließ ihn an keine zweite Verbin-
dung gedenken.

Unſere Verbindung, ſagt’ er, war fuͤr
die andere Welt, wo keine Thraͤnen mehr von
Charlottens Augen fallen werden! Sie ſind
getrocknet, dieſe Thraͤnen, und Engelsfreud
iſt in ihren Augen. — Halleluja! Charlotte

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[95/0101] ward er ordentlich gehaßt, und wenn man ihn am Ende ſo boͤſe nicht fand, als man ihn ausgab, kam es auf den gnaͤdigen Herrn, man ſagt’ es ſich ins Ohr, daß Charlotte ſei- netwegen ſo truͤbe geworden waͤre. — Sie ſtarb — und ſo froh, daß es er- baulich war, von ihrem Tode zu hoͤren. Wer ſie ſterben geſehen; war bis an die Thuͤr des dritten Himmels entzuͤckt worden. Char- lotte war aber gewiß weiter eingedrungen zur ewigen Freud und Herrlichkeit. Wer ihre lezten Worte gehoͤrt hatte, redete von ihr mit Ausgelaſſenheit. — Es hatte kein Aug ge- ſehen, es hatte kein Ohr gehoͤrt, es war in keines Menſchen Herz kommen, was die Um- ſtehenden geſehen und gehoͤrt hatten, und was ihnen ins Herz gekommen. Ihr Ehe- mann hatt’ in Wahrheit die Freuden des Ehe- ſtandes nicht an ihrer Hand erfahren; allein ihr Andenken ließ ihn an keine zweite Verbin- dung gedenken. Unſere Verbindung, ſagt’ er, war fuͤr die andere Welt, wo keine Thraͤnen mehr von Charlottens Augen fallen werden! Sie ſind getrocknet, dieſe Thraͤnen, und Engelsfreud iſt in ihren Augen. — Halleluja! Charlotte bat

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/101>, abgerufen am 26.04.2024.