Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
man liebt nicht mehr, wenn man sich
faßt. -- O Bruder, das Menschenge-
schlecht wird nicht aussterben; allein die
Liebe liegt in den letzten Zügen, die rechte
Liebe, die rechte. -- O Liebe! Liebe!
Du bist stark,
singt meine Mutter. --
Benjamin. Die Deinig' ist stärker, als Alex-
ander. -- Gott helf meiner Schwester,
die ihrige tragen! --
Ich. Gott helf ihr -- aus der Höhe! --
Gib du ihr auch die Hand, wenn sie sie
nöthig hat. -- Greift sie nach beyden,
gib ihr beyde. -- Du bist link, ehrlicher
Junge, gib ihr deine Arme! Stütze sie! --
O Jammer, daß du so weit entfernt von
ihr bist. Wenn sie so ist, wie sie war,
da sie den Brief schrieb, den du brach-
test -- den himmlischen Brief! O Bru-
der! hilf ihr! hilf ihr!
Benjamin. Gott helfe mir, um ihr zu helfen!
Ich. Warum bricht die Wolke? warum?
weil es nicht zur rechten Zeit regnet. Will
Minens Herz brechen, bring sie zu Thrä-
nen! zum sanften, sanften Regen! --
Warum weinst du jezt, Benjamin?
Benjamin. Wer kann dich dutzen, und dann
dich hören, und nicht weinen!
Ich.
H 5
man liebt nicht mehr, wenn man ſich
faßt. — O Bruder, das Menſchenge-
ſchlecht wird nicht ausſterben; allein die
Liebe liegt in den letzten Zuͤgen, die rechte
Liebe, die rechte. — O Liebe! Liebe!
Du biſt ſtark,
ſingt meine Mutter. —
Benjamin. Die Deinig’ iſt ſtaͤrker, als Alex-
ander. — Gott helf meiner Schweſter,
die ihrige tragen! —
Ich. Gott helf ihr — aus der Hoͤhe! —
Gib du ihr auch die Hand, wenn ſie ſie
noͤthig hat. — Greift ſie nach beyden,
gib ihr beyde. — Du biſt link, ehrlicher
Junge, gib ihr deine Arme! Stuͤtze ſie! —
O Jammer, daß du ſo weit entfernt von
ihr biſt. Wenn ſie ſo iſt, wie ſie war,
da ſie den Brief ſchrieb, den du brach-
teſt — den himmliſchen Brief! O Bru-
der! hilf ihr! hilf ihr!
Benjamin. Gott helfe mir, um ihr zu helfen!
Ich. Warum bricht die Wolke? warum?
weil es nicht zur rechten Zeit regnet. Will
Minens Herz brechen, bring ſie zu Thraͤ-
nen! zum ſanften, ſanften Regen! —
Warum weinſt du jezt, Benjamin?
Benjamin. Wer kann dich dutzen, und dann
dich hoͤren, und nicht weinen!
Ich.
H 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <list>
          <item><pb facs="#f0127" n="121"/>
man liebt nicht mehr, wenn man &#x017F;ich<lb/>
faßt. &#x2014; O Bruder, das Men&#x017F;chenge-<lb/>
&#x017F;chlecht wird nicht aus&#x017F;terben; allein die<lb/>
Liebe liegt in den letzten Zu&#x0364;gen, die rechte<lb/>
Liebe, die rechte. &#x2014; <hi rendition="#fr">O Liebe! Liebe!<lb/>
Du bi&#x017F;t &#x017F;tark,</hi> &#x017F;ingt meine Mutter. &#x2014;</item><lb/>
          <item><hi rendition="#fr">Benjamin.</hi> Die Deinig&#x2019; i&#x017F;t &#x017F;ta&#x0364;rker, als Alex-<lb/>
ander. &#x2014; Gott helf meiner Schwe&#x017F;ter,<lb/>
die ihrige tragen! &#x2014;</item><lb/>
          <item><hi rendition="#fr">Ich.</hi> Gott helf ihr &#x2014; aus der Ho&#x0364;he! &#x2014;<lb/>
Gib du ihr auch die Hand, wenn &#x017F;ie &#x017F;ie<lb/>
no&#x0364;thig hat. &#x2014; Greift &#x017F;ie nach beyden,<lb/>
gib ihr beyde. &#x2014; Du bi&#x017F;t link, ehrlicher<lb/>
Junge, gib ihr deine Arme! Stu&#x0364;tze &#x017F;ie! &#x2014;<lb/>
O Jammer, daß du &#x017F;o weit entfernt von<lb/>
ihr bi&#x017F;t. Wenn &#x017F;ie &#x017F;o i&#x017F;t, wie &#x017F;ie war,<lb/>
da &#x017F;ie den Brief &#x017F;chrieb, den du brach-<lb/>
te&#x017F;t &#x2014; den himmli&#x017F;chen Brief! O Bru-<lb/>
der! hilf ihr! hilf ihr!</item><lb/>
          <item><hi rendition="#fr">Benjamin.</hi> Gott helfe mir, um ihr zu helfen!</item><lb/>
          <item><hi rendition="#fr">Ich.</hi> Warum bricht die Wolke? warum?<lb/>
weil es nicht zur rechten Zeit regnet. Will<lb/>
Minens Herz brechen, bring &#x017F;ie zu Thra&#x0364;-<lb/>
nen! zum &#x017F;anften, &#x017F;anften Regen! &#x2014;<lb/>
Warum wein&#x017F;t du jezt, Benjamin?</item><lb/>
          <item><hi rendition="#fr">Benjamin.</hi> Wer kann dich dutzen, und dann<lb/>
dich ho&#x0364;ren, und nicht weinen!</item>
        </list><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">H 5</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Ich.</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0127] man liebt nicht mehr, wenn man ſich faßt. — O Bruder, das Menſchenge- ſchlecht wird nicht ausſterben; allein die Liebe liegt in den letzten Zuͤgen, die rechte Liebe, die rechte. — O Liebe! Liebe! Du biſt ſtark, ſingt meine Mutter. — Benjamin. Die Deinig’ iſt ſtaͤrker, als Alex- ander. — Gott helf meiner Schweſter, die ihrige tragen! — Ich. Gott helf ihr — aus der Hoͤhe! — Gib du ihr auch die Hand, wenn ſie ſie noͤthig hat. — Greift ſie nach beyden, gib ihr beyde. — Du biſt link, ehrlicher Junge, gib ihr deine Arme! Stuͤtze ſie! — O Jammer, daß du ſo weit entfernt von ihr biſt. Wenn ſie ſo iſt, wie ſie war, da ſie den Brief ſchrieb, den du brach- teſt — den himmliſchen Brief! O Bru- der! hilf ihr! hilf ihr! Benjamin. Gott helfe mir, um ihr zu helfen! Ich. Warum bricht die Wolke? warum? weil es nicht zur rechten Zeit regnet. Will Minens Herz brechen, bring ſie zu Thraͤ- nen! zum ſanften, ſanften Regen! — Warum weinſt du jezt, Benjamin? Benjamin. Wer kann dich dutzen, und dann dich hoͤren, und nicht weinen! Ich. H 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/127
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/127>, abgerufen am 26.04.2024.