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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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seinen stattlichen Schritt haben, gerade aus-
sehen und sich wohl befinden könne. -- Ich
konnte nicht aufhören, diese Menschen zu
fragen und sie anzusehen, so daß ich die Haupt-
und Residenzstadt Mitau darüber vergaß, die
am Ende auch nur zur Johanniszeit unter
die sichtbaren gehört und gewis unter den
sichtbaren nicht die vornehmst' ist. Um Jo-
hann ist eine allgemeine Wallfahrth nach Mi-
tau; dann läßt der Edelmann in Begleitung
eines Theils Bauren die Eßwaaren, und so
gar Meubles, an diesen Johannisort nach-
bringen. Dem Vorreuter ist auf dem linken
Arm ein Silberblech aufgeneht, worauf das
hochadliche Wapen steht, um -- Mitau Ehre
zu machen. --

Ich hatte mir, die Wahrheit zu sagen,
einen zu großen Begrif von Mitau gemacht,
woran meine Mutter zum größten Theil
Schuld war. Dies bitt' ich zu den preußi-
schen Leuten hinzuzurechnen, um das unbe-
trächtliche Interesse herauszubringen, das ich
an Mitau nahm. -- Das vom Herzoge
Ernst Johann angelegte Schloß, wozu 1738
den vierzehnten Junius der Grundstein gelegt
worden, und welches in die Stelle des alten
seit 1269 gestandenen verwüsteten errichtet

wor-

ſeinen ſtattlichen Schritt haben, gerade aus-
ſehen und ſich wohl befinden koͤnne. — Ich
konnte nicht aufhoͤren, dieſe Menſchen zu
fragen und ſie anzuſehen, ſo daß ich die Haupt-
und Reſidenzſtadt Mitau daruͤber vergaß, die
am Ende auch nur zur Johanniszeit unter
die ſichtbaren gehoͤrt und gewis unter den
ſichtbaren nicht die vornehmſt’ iſt. Um Jo-
hann iſt eine allgemeine Wallfahrth nach Mi-
tau; dann laͤßt der Edelmann in Begleitung
eines Theils Bauren die Eßwaaren, und ſo
gar Meubles, an dieſen Johannisort nach-
bringen. Dem Vorreuter iſt auf dem linken
Arm ein Silberblech aufgeneht, worauf das
hochadliche Wapen ſteht, um — Mitau Ehre
zu machen. —

Ich hatte mir, die Wahrheit zu ſagen,
einen zu großen Begrif von Mitau gemacht,
woran meine Mutter zum groͤßten Theil
Schuld war. Dies bitt’ ich zu den preußi-
ſchen Leuten hinzuzurechnen, um das unbe-
traͤchtliche Intereſſe herauszubringen, das ich
an Mitau nahm. — Das vom Herzoge
Ernſt Johann angelegte Schloß, wozu 1738
den vierzehnten Junius der Grundſtein gelegt
worden, und welches in die Stelle des alten
ſeit 1269 geſtandenen verwuͤſteten errichtet

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[162/0170] ſeinen ſtattlichen Schritt haben, gerade aus- ſehen und ſich wohl befinden koͤnne. — Ich konnte nicht aufhoͤren, dieſe Menſchen zu fragen und ſie anzuſehen, ſo daß ich die Haupt- und Reſidenzſtadt Mitau daruͤber vergaß, die am Ende auch nur zur Johanniszeit unter die ſichtbaren gehoͤrt und gewis unter den ſichtbaren nicht die vornehmſt’ iſt. Um Jo- hann iſt eine allgemeine Wallfahrth nach Mi- tau; dann laͤßt der Edelmann in Begleitung eines Theils Bauren die Eßwaaren, und ſo gar Meubles, an dieſen Johannisort nach- bringen. Dem Vorreuter iſt auf dem linken Arm ein Silberblech aufgeneht, worauf das hochadliche Wapen ſteht, um — Mitau Ehre zu machen. — Ich hatte mir, die Wahrheit zu ſagen, einen zu großen Begrif von Mitau gemacht, woran meine Mutter zum groͤßten Theil Schuld war. Dies bitt’ ich zu den preußi- ſchen Leuten hinzuzurechnen, um das unbe- traͤchtliche Intereſſe herauszubringen, das ich an Mitau nahm. — Das vom Herzoge Ernſt Johann angelegte Schloß, wozu 1738 den vierzehnten Junius der Grundſtein gelegt worden, und welches in die Stelle des alten ſeit 1269 geſtandenen verwuͤſteten errichtet wor-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/170>, abgerufen am 26.04.2024.