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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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für mein Herz zu hören gewesen wäre, es
wäre schwerlich beym Anblick geblieben. --
Der Hauswirth war indessen so gefällig, mir
sogleich auf meinen ersten Augenschlag (der
Herr v. G. trat und drückte mich wieder,)
aus dem Traume zu helfen. Mein Herr,
setzte der Hauswirth im Geschichtsstyl hinzu:
Es ist ein Fremder, ein Unbekannter. Nie-
mand weiß, wo er her ist. Ohnfehlbar hat
er nicht nach Hause reichen können, denn
man sieht ihm sein hohes Alter an. -- Er
hat ein sehr gutes Aussehen, -- weil man
einige Gulden und eine Schreibtafel (beydes
hat der Pfarrer gleich an sich genommen)
bey ihm gefunden; so wird er mit einer Lei-
chenpredigt begraben. --

Gott, schrie ich, das ist der Alte!

Alt ist er, sagte der kupfernasige Hauswirth,
-- ganz gelassen. --

Ich konnte nicht mehr -- ich will hin,
ich will hin -- und seine kalte starre Hand
angreifen. -- Noch ist Seegen Gottes drinn.
Da die Gebeine jenes Mannes, den man in
Elisa Grab warf, die Gebeine des Prophe-
ten berührten, wurden sie lebendig -- und
es trat der Mann auf seine Füße. --

Ich
Zweiter Th. M

fuͤr mein Herz zu hoͤren geweſen waͤre, es
waͤre ſchwerlich beym Anblick geblieben. —
Der Hauswirth war indeſſen ſo gefaͤllig, mir
ſogleich auf meinen erſten Augenſchlag (der
Herr v. G. trat und druͤckte mich wieder,)
aus dem Traume zu helfen. Mein Herr,
ſetzte der Hauswirth im Geſchichtsſtyl hinzu:
Es iſt ein Fremder, ein Unbekannter. Nie-
mand weiß, wo er her iſt. Ohnfehlbar hat
er nicht nach Hauſe reichen koͤnnen, denn
man ſieht ihm ſein hohes Alter an. — Er
hat ein ſehr gutes Ausſehen, — weil man
einige Gulden und eine Schreibtafel (beydes
hat der Pfarrer gleich an ſich genommen)
bey ihm gefunden; ſo wird er mit einer Lei-
chenpredigt begraben. —

Gott, ſchrie ich, das iſt der Alte!

Alt iſt er, ſagte der kupfernaſige Hauswirth,
— ganz gelaſſen. —

Ich konnte nicht mehr — ich will hin,
ich will hin — und ſeine kalte ſtarre Hand
angreifen. — Noch iſt Seegen Gottes drinn.
Da die Gebeine jenes Mannes, den man in
Eliſa Grab warf, die Gebeine des Prophe-
ten beruͤhrten, wurden ſie lebendig — und
es trat der Mann auf ſeine Fuͤße. —

Ich
Zweiter Th. M
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[177/0185] fuͤr mein Herz zu hoͤren geweſen waͤre, es waͤre ſchwerlich beym Anblick geblieben. — Der Hauswirth war indeſſen ſo gefaͤllig, mir ſogleich auf meinen erſten Augenſchlag (der Herr v. G. trat und druͤckte mich wieder,) aus dem Traume zu helfen. Mein Herr, ſetzte der Hauswirth im Geſchichtsſtyl hinzu: Es iſt ein Fremder, ein Unbekannter. Nie- mand weiß, wo er her iſt. Ohnfehlbar hat er nicht nach Hauſe reichen koͤnnen, denn man ſieht ihm ſein hohes Alter an. — Er hat ein ſehr gutes Ausſehen, — weil man einige Gulden und eine Schreibtafel (beydes hat der Pfarrer gleich an ſich genommen) bey ihm gefunden; ſo wird er mit einer Lei- chenpredigt begraben. — Gott, ſchrie ich, das iſt der Alte! Alt iſt er, ſagte der kupfernaſige Hauswirth, — ganz gelaſſen. — Ich konnte nicht mehr — ich will hin, ich will hin — und ſeine kalte ſtarre Hand angreifen. — Noch iſt Seegen Gottes drinn. Da die Gebeine jenes Mannes, den man in Eliſa Grab warf, die Gebeine des Prophe- ten beruͤhrten, wurden ſie lebendig — und es trat der Mann auf ſeine Fuͤße. — Ich Zweiter Th. M

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/185>, abgerufen am 27.04.2024.