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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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was kann man nicht leben, so was muß man
träumen. Er ging zu Fuß aus Königsberg,
und es sey, daß die Ungewohnheit ein Fuß-
gänger zu seyn, oder daß der gerechte Schmerz
über dergleichen Verfahren ihn noch tiefer,
als sein hohes Alter, angrif; unser Selige
ward in -- -- krank. Ich fühlte, schreibt
er, beym ersten Stich in der linken Seite,
daß mein Stündlein vorhanden sey, und die
Erfüllung des Traumes: Geh' ein zu deines
Herrn Freude
. --

Diese Worte wiederhohlte der Sterbende
unzähligemal, und allemal mit einer Freude,
die wie Kraft der zukünftigen Welt aussah. --

Er hatte in Rücksicht seiner Wohnung
nichts weiter auf seinem Herzen, als die
Bitte, seinen Tod in -- --, wo er zu Hause
gehörte, zu melden und alle, die sich seiner
erinnern solten, grüßen zu lassen.

Er hatte nicht Frau nicht Kind. Gehabt
zwar beydes; allein beydes war vorausge-
gangen, um ihm dort entgegen zu kommen.
Gott ruft mich, schreibt er, zu rechter Zeit.
Ich habe meine Schulden bezahlt, und bin
keinem weiter, als dem lieben Gott, schul-
dig, der mit mir wahrlich, das hoff' ich,
anders rechnen wird, als meine Verwand-

ten.

was kann man nicht leben, ſo was muß man
traͤumen. Er ging zu Fuß aus Koͤnigsberg,
und es ſey, daß die Ungewohnheit ein Fuß-
gaͤnger zu ſeyn, oder daß der gerechte Schmerz
uͤber dergleichen Verfahren ihn noch tiefer,
als ſein hohes Alter, angrif; unſer Selige
ward in — — krank. Ich fuͤhlte, ſchreibt
er, beym erſten Stich in der linken Seite,
daß mein Stuͤndlein vorhanden ſey, und die
Erfuͤllung des Traumes: Geh’ ein zu deines
Herrn Freude
. —

Dieſe Worte wiederhohlte der Sterbende
unzaͤhligemal, und allemal mit einer Freude,
die wie Kraft der zukuͤnftigen Welt ausſah. —

Er hatte in Ruͤckſicht ſeiner Wohnung
nichts weiter auf ſeinem Herzen, als die
Bitte, ſeinen Tod in — —, wo er zu Hauſe
gehoͤrte, zu melden und alle, die ſich ſeiner
erinnern ſolten, gruͤßen zu laſſen.

Er hatte nicht Frau nicht Kind. Gehabt
zwar beydes; allein beydes war vorausge-
gangen, um ihm dort entgegen zu kommen.
Gott ruft mich, ſchreibt er, zu rechter Zeit.
Ich habe meine Schulden bezahlt, und bin
keinem weiter, als dem lieben Gott, ſchul-
dig, der mit mir wahrlich, das hoff’ ich,
anders rechnen wird, als meine Verwand-

ten.
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[188/0196] was kann man nicht leben, ſo was muß man traͤumen. Er ging zu Fuß aus Koͤnigsberg, und es ſey, daß die Ungewohnheit ein Fuß- gaͤnger zu ſeyn, oder daß der gerechte Schmerz uͤber dergleichen Verfahren ihn noch tiefer, als ſein hohes Alter, angrif; unſer Selige ward in — — krank. Ich fuͤhlte, ſchreibt er, beym erſten Stich in der linken Seite, daß mein Stuͤndlein vorhanden ſey, und die Erfuͤllung des Traumes: Geh’ ein zu deines Herrn Freude. — Dieſe Worte wiederhohlte der Sterbende unzaͤhligemal, und allemal mit einer Freude, die wie Kraft der zukuͤnftigen Welt ausſah. — Er hatte in Ruͤckſicht ſeiner Wohnung nichts weiter auf ſeinem Herzen, als die Bitte, ſeinen Tod in — —, wo er zu Hauſe gehoͤrte, zu melden und alle, die ſich ſeiner erinnern ſolten, gruͤßen zu laſſen. Er hatte nicht Frau nicht Kind. Gehabt zwar beydes; allein beydes war vorausge- gangen, um ihm dort entgegen zu kommen. Gott ruft mich, ſchreibt er, zu rechter Zeit. Ich habe meine Schulden bezahlt, und bin keinem weiter, als dem lieben Gott, ſchul- dig, der mit mir wahrlich, das hoff’ ich, anders rechnen wird, als meine Verwand- ten.

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/196>, abgerufen am 26.04.2024.