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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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neben frommen Christen hab'
und auch selber in der Erde
nicht zu Spott und Schande werde!

Ob nun gleich der Alte, den ich bis oben zu,
begraben gesehen, nicht der mit dem einen
Handschu war, als welchen Handschu ich
mithin eben so wenig, als den Segen dieses
himmlischen, aus seiner Hand erben konnte;
so war ich doch sehr belohnt, daß Mittag
und Abend in einem weggehalten ward. --
Ich dacht' an Minen, wie beym Schloß
in Mitau, und bey aller Gelegenheit; und
wie hätte wol ein Vorfall, der mich zum
stehen, zum denken, bringen konnte, nicht
zugleich Minen und ihn in einem Paar dar-
stellen sollen? Wenn man liebt, ist überall
schöne Natur für den Liebenden. --

Mein Reisegefehrt kam eben von der
Jagd, und hatte drey Vögel erlegt, die
wir uns braten ließen. Ich hatte noch
nichts gegeßen, und er hatte sich weide-
männlich ermüdet. --

Indem wir uns niedersetzten, und ich
ihm von meinem Todten, er mir von seinen
drey Vögeln erzählte; siehe da der Pastor
loci! und mit ihm ein Melotenpflastergeruch,
so, daß der Pastor die ganze Stube würzte. --

Er
neben frommen Chriſten hab’
und auch ſelber in der Erde
nicht zu Spott und Schande werde!

Ob nun gleich der Alte, den ich bis oben zu,
begraben geſehen, nicht der mit dem einen
Handſchu war, als welchen Handſchu ich
mithin eben ſo wenig, als den Segen dieſes
himmliſchen, aus ſeiner Hand erben konnte;
ſo war ich doch ſehr belohnt, daß Mittag
und Abend in einem weggehalten ward. —
Ich dacht’ an Minen, wie beym Schloß
in Mitau, und bey aller Gelegenheit; und
wie haͤtte wol ein Vorfall, der mich zum
ſtehen, zum denken, bringen konnte, nicht
zugleich Minen und ihn in einem Paar dar-
ſtellen ſollen? Wenn man liebt, iſt uͤberall
ſchoͤne Natur fuͤr den Liebenden. —

Mein Reiſegefehrt kam eben von der
Jagd, und hatte drey Voͤgel erlegt, die
wir uns braten ließen. Ich hatte noch
nichts gegeßen, und er hatte ſich weide-
maͤnnlich ermuͤdet. —

Indem wir uns niederſetzten, und ich
ihm von meinem Todten, er mir von ſeinen
drey Voͤgeln erzaͤhlte; ſiehe da der Paſtor
loci! und mit ihm ein Melotenpflaſtergeruch,
ſo, daß der Paſtor die ganze Stube wuͤrzte. —

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[200/0208] neben frommen Chriſten hab’ und auch ſelber in der Erde nicht zu Spott und Schande werde! Ob nun gleich der Alte, den ich bis oben zu, begraben geſehen, nicht der mit dem einen Handſchu war, als welchen Handſchu ich mithin eben ſo wenig, als den Segen dieſes himmliſchen, aus ſeiner Hand erben konnte; ſo war ich doch ſehr belohnt, daß Mittag und Abend in einem weggehalten ward. — Ich dacht’ an Minen, wie beym Schloß in Mitau, und bey aller Gelegenheit; und wie haͤtte wol ein Vorfall, der mich zum ſtehen, zum denken, bringen konnte, nicht zugleich Minen und ihn in einem Paar dar- ſtellen ſollen? Wenn man liebt, iſt uͤberall ſchoͤne Natur fuͤr den Liebenden. — Mein Reiſegefehrt kam eben von der Jagd, und hatte drey Voͤgel erlegt, die wir uns braten ließen. Ich hatte noch nichts gegeßen, und er hatte ſich weide- maͤnnlich ermuͤdet. — Indem wir uns niederſetzten, und ich ihm von meinem Todten, er mir von ſeinen drey Voͤgeln erzaͤhlte; ſiehe da der Paſtor loci! und mit ihm ein Melotenpflaſtergeruch, ſo, daß der Paſtor die ganze Stube wuͤrzte. — Er

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/208>, abgerufen am 27.04.2024.