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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Noch schwach, allein so sehr nicht, wie
gestern. -- Gegen Abend bin ich immer
matter, so gehts allen Kranken. Der Pre-
diger sagt, daß die meisten mit dem Tage
sterben, sie gehen des Abends zur Ruhe. Mir
ahndet, daß ich des Morgens sterben, und
zu meiner Ruh eingehen werde. -- Wie
Gott es beschlossen hat. Nicht was ich will,
sondern was Gott will. Die Stunde des
Todes ist Gottes Sache! Ihm sey alles
heimgestelt! Laß mich nur selig sterben! Gott,
meine Zuversicht, laß mich vor dir Barmher-
zigkeit im Tode finden! im Tode! So wie
das Leben ist, so ists Sterben. Bald schwach
-- bald etwas besser. Ganz gut ist's doch
nicht hier, sondern dort. Der liebe Pastor,
seine Frau und Gretchen, sind gute Seelen!
O lieber Gott, wie wird's in deinem Him-
mel seyn, wo dir alles nach macht und so gut
seyn will, wie du's bist. Da kommt Gret-
chen mit ihrer Mutter -- ich soll zu Bette
gehen. -- Gott sey mit dir! -- Ich denk
immer, wenn ich zu Bette gehe, wie wirds
seyn, wenn ich begraben werde? wie? Der
Gerechten Seelen sind in Gottes Hand, und
keine Quaal rühret sie an -- das tröstet

mich!

Noch ſchwach, allein ſo ſehr nicht, wie
geſtern. — Gegen Abend bin ich immer
matter, ſo gehts allen Kranken. Der Pre-
diger ſagt, daß die meiſten mit dem Tage
ſterben, ſie gehen des Abends zur Ruhe. Mir
ahndet, daß ich des Morgens ſterben, und
zu meiner Ruh eingehen werde. — Wie
Gott es beſchloſſen hat. Nicht was ich will,
ſondern was Gott will. Die Stunde des
Todes iſt Gottes Sache! Ihm ſey alles
heimgeſtelt! Laß mich nur ſelig ſterben! Gott,
meine Zuverſicht, laß mich vor dir Barmher-
zigkeit im Tode finden! im Tode! So wie
das Leben iſt, ſo iſts Sterben. Bald ſchwach
— bald etwas beſſer. Ganz gut iſt’s doch
nicht hier, ſondern dort. Der liebe Paſtor,
ſeine Frau und Gretchen, ſind gute Seelen!
O lieber Gott, wie wird’s in deinem Him-
mel ſeyn, wo dir alles nach macht und ſo gut
ſeyn will, wie du’s biſt. Da kommt Gret-
chen mit ihrer Mutter — ich ſoll zu Bette
gehen. — Gott ſey mit dir! — Ich denk
immer, wenn ich zu Bette gehe, wie wirds
ſeyn, wenn ich begraben werde? wie? Der
Gerechten Seelen ſind in Gottes Hand, und
keine Quaal ruͤhret ſie an — das troͤſtet

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[532/0544] Noch ſchwach, allein ſo ſehr nicht, wie geſtern. — Gegen Abend bin ich immer matter, ſo gehts allen Kranken. Der Pre- diger ſagt, daß die meiſten mit dem Tage ſterben, ſie gehen des Abends zur Ruhe. Mir ahndet, daß ich des Morgens ſterben, und zu meiner Ruh eingehen werde. — Wie Gott es beſchloſſen hat. Nicht was ich will, ſondern was Gott will. Die Stunde des Todes iſt Gottes Sache! Ihm ſey alles heimgeſtelt! Laß mich nur ſelig ſterben! Gott, meine Zuverſicht, laß mich vor dir Barmher- zigkeit im Tode finden! im Tode! So wie das Leben iſt, ſo iſts Sterben. Bald ſchwach — bald etwas beſſer. Ganz gut iſt’s doch nicht hier, ſondern dort. Der liebe Paſtor, ſeine Frau und Gretchen, ſind gute Seelen! O lieber Gott, wie wird’s in deinem Him- mel ſeyn, wo dir alles nach macht und ſo gut ſeyn will, wie du’s biſt. Da kommt Gret- chen mit ihrer Mutter — ich ſoll zu Bette gehen. — Gott ſey mit dir! — Ich denk immer, wenn ich zu Bette gehe, wie wirds ſeyn, wenn ich begraben werde? wie? Der Gerechten Seelen ſind in Gottes Hand, und keine Quaal ruͤhret ſie an — das troͤſtet mich!

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/544>, abgerufen am 26.04.2024.