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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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Zweyter Abschnitt. Untersuchung des alten
kein Gesträuchchen den wandelnden Fußtritt verwirre. Mir gefällt die ländli-
che Wiese und der verwilderte Hain; ihre Mannigfaltigkeit und Verwirrung
hat die Natur nach geheimern Regeln der Harmonie und der Schönheit geord-
net, die unsre Seele voll sanften Entzückens empfindet."

Inzwischen blieb doch die schöne Gartenkunst noch immer von unsern Schriftstellern
verlassen. Etwa hie und da ein kleiner Seitenblick oder eine Klage über den falschen
Geschmack war alles, was man für sie that, bis Sulzer [Spaltenumbruch] *) sie unter uns zuerst in
der Reihe der andern schönen Künste aufführte. Er schenkte ihr zwar nur wenige,
größtentheils nur allgemeine, aber sehr richtige und fruchtbare Bemerkungen. Einer
Kunst, die noch so jung, so unbekannt war, mußte die Aufmerksamkeit von dem wei-
sen Pflegevater der deutschen Künste schon eine wichtige Empfehlung seyn. -- So-
wohl durch eine herrschende Lieblingsneigung, als auch durch das Bedürfniß der Gar-
tenkunst selbst bewogen, wagte ich darauf zu ihrer Erweiterung einige vorläufige Ver-
suche. **)

Noch bis jetzt scheint man außer England, Frankreich und Deutschland
diese angenehmste der edlen Künste nicht genug zu schätzen; in so ferne man aus dem
tiefen Stillschweigen schließen darf, das in Ansehung ihrer die Schriftsteller der übri-
gen aufgeklärten Nationen beobachten.

[Abbildung]
III. Anmer-
*) Allgemeine Theorie der schönen Kün-
ste. Artikel: Gartenkunst.
**) Anmerkungen über die Landhäuser
[Spaltenumbruch] und die Gartenkunst. 8. Leipzig 1773.
Theorie der Gartenkunst. 8. Leipzig
1775.

Zweyter Abſchnitt. Unterſuchung des alten
kein Geſtraͤuchchen den wandelnden Fußtritt verwirre. Mir gefaͤllt die laͤndli-
che Wieſe und der verwilderte Hain; ihre Mannigfaltigkeit und Verwirrung
hat die Natur nach geheimern Regeln der Harmonie und der Schoͤnheit geord-
net, die unſre Seele voll ſanften Entzuͤckens empfindet.“

Inzwiſchen blieb doch die ſchoͤne Gartenkunſt noch immer von unſern Schriftſtellern
verlaſſen. Etwa hie und da ein kleiner Seitenblick oder eine Klage uͤber den falſchen
Geſchmack war alles, was man fuͤr ſie that, bis Sulzer [Spaltenumbruch] *) ſie unter uns zuerſt in
der Reihe der andern ſchoͤnen Kuͤnſte auffuͤhrte. Er ſchenkte ihr zwar nur wenige,
groͤßtentheils nur allgemeine, aber ſehr richtige und fruchtbare Bemerkungen. Einer
Kunſt, die noch ſo jung, ſo unbekannt war, mußte die Aufmerkſamkeit von dem wei-
ſen Pflegevater der deutſchen Kuͤnſte ſchon eine wichtige Empfehlung ſeyn. — So-
wohl durch eine herrſchende Lieblingsneigung, als auch durch das Beduͤrfniß der Gar-
tenkunſt ſelbſt bewogen, wagte ich darauf zu ihrer Erweiterung einige vorlaͤufige Ver-
ſuche. **)

Noch bis jetzt ſcheint man außer England, Frankreich und Deutſchland
dieſe angenehmſte der edlen Kuͤnſte nicht genug zu ſchaͤtzen; in ſo ferne man aus dem
tiefen Stillſchweigen ſchließen darf, das in Anſehung ihrer die Schriftſteller der uͤbri-
gen aufgeklaͤrten Nationen beobachten.

[Abbildung]
III. Anmer-
*) Allgemeine Theorie der ſchoͤnen Kuͤn-
ſte. Artikel: Gartenkunſt.
**) Anmerkungen uͤber die Landhaͤuſer
[Spaltenumbruch] und die Gartenkunſt. 8. Leipzig 1773.
Theorie der Gartenkunſt. 8. Leipzig
1775.
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[136/0150] Zweyter Abſchnitt. Unterſuchung des alten kein Geſtraͤuchchen den wandelnden Fußtritt verwirre. Mir gefaͤllt die laͤndli- che Wieſe und der verwilderte Hain; ihre Mannigfaltigkeit und Verwirrung hat die Natur nach geheimern Regeln der Harmonie und der Schoͤnheit geord- net, die unſre Seele voll ſanften Entzuͤckens empfindet.“ Inzwiſchen blieb doch die ſchoͤne Gartenkunſt noch immer von unſern Schriftſtellern verlaſſen. Etwa hie und da ein kleiner Seitenblick oder eine Klage uͤber den falſchen Geſchmack war alles, was man fuͤr ſie that, bis Sulzer *) ſie unter uns zuerſt in der Reihe der andern ſchoͤnen Kuͤnſte auffuͤhrte. Er ſchenkte ihr zwar nur wenige, groͤßtentheils nur allgemeine, aber ſehr richtige und fruchtbare Bemerkungen. Einer Kunſt, die noch ſo jung, ſo unbekannt war, mußte die Aufmerkſamkeit von dem wei- ſen Pflegevater der deutſchen Kuͤnſte ſchon eine wichtige Empfehlung ſeyn. — So- wohl durch eine herrſchende Lieblingsneigung, als auch durch das Beduͤrfniß der Gar- tenkunſt ſelbſt bewogen, wagte ich darauf zu ihrer Erweiterung einige vorlaͤufige Ver- ſuche. **) Noch bis jetzt ſcheint man außer England, Frankreich und Deutſchland dieſe angenehmſte der edlen Kuͤnſte nicht genug zu ſchaͤtzen; in ſo ferne man aus dem tiefen Stillſchweigen ſchließen darf, das in Anſehung ihrer die Schriftſteller der uͤbri- gen aufgeklaͤrten Nationen beobachten. III. Anmer- [Abbildung] *) Allgemeine Theorie der ſchoͤnen Kuͤn- ſte. Artikel: Gartenkunſt. **) Anmerkungen uͤber die Landhaͤuſer und die Gartenkunſt. 8. Leipzig 1773. Theorie der Gartenkunſt. 8. Leipzig 1775.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/150>, abgerufen am 19.03.2024.