Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfter Abschnitt.
sche, die verschiedenen Farben der Wasserfläche vom Winde eingedrückt, hier ein dunkles
Violet, dort ein glänzendes Blau, manchmal ein trübes Grau oder gar ein dickes
Schwarz: alles dieses, bis auf das Geräusch der Ruder und die Furchen, die unser
kleines Fahrzeug einschnitt, vermehrte die Stille unsrer Seele.

[Abbildung]
3.
Teich.

Außer dem Wasser, das zu den Springbrunnen gebraucht ward, schränkte man
sich in den ältern Gärten gemeiniglich nur auf stehende Teiche ein. Es schien, daß
man alles verbannen wollte, was den Begriff des Lebens erregen konnte. Man ent-
fernte sich von dem mit stolzer Wonne dahin rauschenden Fluß; den freyen und fröhli-
chen Bach vergrub man zu einem Teich; und um das Wohnhaus ward eine stinken-
de Pfütze geleitet.

Man kann das Widrige und Ekelhafte nicht weiter treiben, als in Ansehung
der Teiche und Canäle in den Gärten geschehen ist. War es denn nicht selbst dem
gröbern Sinn begreiflich, daß solche stehende Wasser keine, oder doch nur eine kaum
merkbare Ergötzung für das Auge haben? daß sie sowohl der für die Gesundheit
schädlichen Ausdünstungen, als auch der Beschwerlichkeit des Ungeziefers wegen, das
in ihnen brütet, mehr zu entfernen, als zu dulden sind? Ein viereckigter, oder ein
langer Graben mit unbeweglich stehendem, trübem, von grünlichem Schlamm und Un-
geziefer überdecktem, faulendem und giftig ausdünstendem Wasser, ist ein Auftritt, der

nicht

Fuͤnfter Abſchnitt.
ſche, die verſchiedenen Farben der Waſſerflaͤche vom Winde eingedruͤckt, hier ein dunkles
Violet, dort ein glaͤnzendes Blau, manchmal ein truͤbes Grau oder gar ein dickes
Schwarz: alles dieſes, bis auf das Geraͤuſch der Ruder und die Furchen, die unſer
kleines Fahrzeug einſchnitt, vermehrte die Stille unſrer Seele.

[Abbildung]
3.
Teich.

Außer dem Waſſer, das zu den Springbrunnen gebraucht ward, ſchraͤnkte man
ſich in den aͤltern Gaͤrten gemeiniglich nur auf ſtehende Teiche ein. Es ſchien, daß
man alles verbannen wollte, was den Begriff des Lebens erregen konnte. Man ent-
fernte ſich von dem mit ſtolzer Wonne dahin rauſchenden Fluß; den freyen und froͤhli-
chen Bach vergrub man zu einem Teich; und um das Wohnhaus ward eine ſtinken-
de Pfuͤtze geleitet.

Man kann das Widrige und Ekelhafte nicht weiter treiben, als in Anſehung
der Teiche und Canaͤle in den Gaͤrten geſchehen iſt. War es denn nicht ſelbſt dem
groͤbern Sinn begreiflich, daß ſolche ſtehende Waſſer keine, oder doch nur eine kaum
merkbare Ergoͤtzung fuͤr das Auge haben? daß ſie ſowohl der fuͤr die Geſundheit
ſchaͤdlichen Ausduͤnſtungen, als auch der Beſchwerlichkeit des Ungeziefers wegen, das
in ihnen bruͤtet, mehr zu entfernen, als zu dulden ſind? Ein viereckigter, oder ein
langer Graben mit unbeweglich ſtehendem, truͤbem, von gruͤnlichem Schlamm und Un-
geziefer uͤberdecktem, faulendem und giftig ausduͤnſtendem Waſſer, iſt ein Auftritt, der

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <div n="5">
              <p><pb facs="#f0104" n="100"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
&#x017F;che, die ver&#x017F;chiedenen Farben der Wa&#x017F;&#x017F;erfla&#x0364;che vom Winde eingedru&#x0364;ckt, hier ein dunkles<lb/>
Violet, dort ein gla&#x0364;nzendes Blau, manchmal ein tru&#x0364;bes Grau oder gar ein dickes<lb/>
Schwarz: alles die&#x017F;es, bis auf das Gera&#x0364;u&#x017F;ch der Ruder und die Furchen, die un&#x017F;er<lb/>
kleines Fahrzeug ein&#x017F;chnitt, vermehrte die Stille un&#x017F;rer Seele.</p><lb/>
              <figure/>
            </div>
          </div>
        </div>
        <div n="3">
          <head> <hi rendition="#b">3.<lb/><hi rendition="#g">Teich</hi>.</hi> </head><lb/>
          <p>Außer dem Wa&#x017F;&#x017F;er, das zu den Springbrunnen gebraucht ward, &#x017F;chra&#x0364;nkte man<lb/>
&#x017F;ich in den a&#x0364;ltern Ga&#x0364;rten gemeiniglich nur auf &#x017F;tehende Teiche ein. Es &#x017F;chien, daß<lb/>
man alles verbannen wollte, was den Begriff des Lebens erregen konnte. Man ent-<lb/>
fernte &#x017F;ich von dem mit &#x017F;tolzer Wonne dahin rau&#x017F;chenden Fluß; den freyen und fro&#x0364;hli-<lb/>
chen Bach vergrub man zu einem Teich; und um das Wohnhaus ward eine &#x017F;tinken-<lb/>
de Pfu&#x0364;tze geleitet.</p><lb/>
          <p>Man kann das Widrige und Ekelhafte nicht weiter treiben, als in An&#x017F;ehung<lb/>
der Teiche und Cana&#x0364;le in den Ga&#x0364;rten ge&#x017F;chehen i&#x017F;t. War es denn nicht &#x017F;elb&#x017F;t dem<lb/>
gro&#x0364;bern Sinn begreiflich, daß &#x017F;olche &#x017F;tehende Wa&#x017F;&#x017F;er keine, oder doch nur eine kaum<lb/>
merkbare Ergo&#x0364;tzung fu&#x0364;r das Auge haben? daß &#x017F;ie &#x017F;owohl der fu&#x0364;r die Ge&#x017F;undheit<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dlichen Ausdu&#x0364;n&#x017F;tungen, als auch der Be&#x017F;chwerlichkeit des Ungeziefers wegen, das<lb/>
in ihnen bru&#x0364;tet, mehr zu entfernen, als zu dulden &#x017F;ind? Ein viereckigter, oder ein<lb/>
langer Graben mit unbeweglich &#x017F;tehendem, tru&#x0364;bem, von gru&#x0364;nlichem Schlamm und Un-<lb/>
geziefer u&#x0364;berdecktem, faulendem und giftig ausdu&#x0364;n&#x017F;tendem Wa&#x017F;&#x017F;er, i&#x017F;t ein Auftritt, der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0104] Fuͤnfter Abſchnitt. ſche, die verſchiedenen Farben der Waſſerflaͤche vom Winde eingedruͤckt, hier ein dunkles Violet, dort ein glaͤnzendes Blau, manchmal ein truͤbes Grau oder gar ein dickes Schwarz: alles dieſes, bis auf das Geraͤuſch der Ruder und die Furchen, die unſer kleines Fahrzeug einſchnitt, vermehrte die Stille unſrer Seele. [Abbildung] 3. Teich. Außer dem Waſſer, das zu den Springbrunnen gebraucht ward, ſchraͤnkte man ſich in den aͤltern Gaͤrten gemeiniglich nur auf ſtehende Teiche ein. Es ſchien, daß man alles verbannen wollte, was den Begriff des Lebens erregen konnte. Man ent- fernte ſich von dem mit ſtolzer Wonne dahin rauſchenden Fluß; den freyen und froͤhli- chen Bach vergrub man zu einem Teich; und um das Wohnhaus ward eine ſtinken- de Pfuͤtze geleitet. Man kann das Widrige und Ekelhafte nicht weiter treiben, als in Anſehung der Teiche und Canaͤle in den Gaͤrten geſchehen iſt. War es denn nicht ſelbſt dem groͤbern Sinn begreiflich, daß ſolche ſtehende Waſſer keine, oder doch nur eine kaum merkbare Ergoͤtzung fuͤr das Auge haben? daß ſie ſowohl der fuͤr die Geſundheit ſchaͤdlichen Ausduͤnſtungen, als auch der Beſchwerlichkeit des Ungeziefers wegen, das in ihnen bruͤtet, mehr zu entfernen, als zu dulden ſind? Ein viereckigter, oder ein langer Graben mit unbeweglich ſtehendem, truͤbem, von gruͤnlichem Schlamm und Un- geziefer uͤberdecktem, faulendem und giftig ausduͤnſtendem Waſſer, iſt ein Auftritt, der nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/104
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/104>, abgerufen am 26.04.2024.