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Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783.

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An einen Freund, der sich in ein
schönes Landmädchen verliebte.

Ne sit ancillae tibi amor pudori.
Horat.


Was schämst du dich, dass du die Hanne liebest,
Die dir dein Genius beschert?
Sie ist es wehrt, dass du ihr Küsse giebest;
Das schlanke Mädchen ist es wehrt!
Sie hat kein Gold, womit das Fräulein pralet,
Und keine lange Ahnenschaft;
Doch ist sie schön, wie man die Engel malet,
Bescheiden, edel, tugendhaft.
Sie ist nicht stolz, wie die nach Standsgebühren
Geehrten Fräulein oder Fraun,
Die auf uns Sünder, die das Von nicht führen,
Mit hoher Nase niederschaun;
Ver¬
An einen Freund, der ſich in ein
ſchönes Landmädchen verliebte.

Ne ſit ancillae tibi amor pudori.
Horat.


Was ſchämſt du dich, daſs du die Hanne liebeſt,
Die dir dein Genius beſchert?
Sie iſt es wehrt, daſs du ihr Küſſe giebeſt;
Das ſchlanke Mädchen iſt es wehrt!
Sie hat kein Gold, womit das Fräulein pralet,
Und keine lange Ahnenſchaft;
Doch iſt ſie ſchön, wie man die Engel malet,
Beſcheiden, edel, tugendhaft.
Sie iſt nicht ſtolz, wie die nach Standsgebühren
Geehrten Fräulein oder Fraun,
Die auf uns Sünder, die das Von nicht führen,
Mit hoher Naſe niederſchaun;
Ver¬
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[76/0116] An einen Freund, der ſich in ein ſchönes Landmädchen verliebte. Ne ſit ancillae tibi amor pudori. Horat. Was ſchämſt du dich, daſs du die Hanne liebeſt, Die dir dein Genius beſchert? Sie iſt es wehrt, daſs du ihr Küſſe giebeſt; Das ſchlanke Mädchen iſt es wehrt! Sie hat kein Gold, womit das Fräulein pralet, Und keine lange Ahnenſchaft; Doch iſt ſie ſchön, wie man die Engel malet, Beſcheiden, edel, tugendhaft. Sie iſt nicht ſtolz, wie die nach Standsgebühren Geehrten Fräulein oder Fraun, Die auf uns Sünder, die das Von nicht führen, Mit hoher Naſe niederſchaun; Ver¬

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Zitationshilfe: Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Gedichte. Hamburg, 1783, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelty_gedichte_1783/116>, abgerufen am 26.04.2024.