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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Sinn-Gedichte.
Uber der Belisse uhrgen.
DU weist dein uhrgen nur/ und steckst es wieder ein/
Nicht wissend/ daß du drauß die unruh hast verlohren/
Denn waß es treiben soll/ darzu bin ich erkohren/
Die räder sind mein hertz/ die unruh meine pein.


Uber Belissen mund und Schooß/
nach dem sprüchwort: daß der
mund das leben/ die schooß
der todt sey.
ZUm leben ist der mund/ zum sarg die schooß gegeben/
Belisse nimmt die schooß/ und gibt auch nicht den mund/
Dem der nicht sterben soll/ ists leben ja vergunt/
Entweder gib den sarg/ wo nicht/ so laß mich leben.
Was Belisse im spiegel schaue.
VOr einem spiegel ging Belisse letzt vorbey/
Und bat/ ich möchte doch mein liebgen ihr vertrauen/
Jch sprach; daß ieder mensch sich selbst unsichtbar sey/
Sie könne nirgends sich als in dem spiegel schauen.
Uber Belissens bette.
BEhutsam! diese bahn geht nach dem Paradiese/
Für welchem stets bewehrt der anmuths-engel wacht/
Denn hier sucht ihre ruh die schläffrige Beliesse/
Die der verliebten welt unruhge nächte macht.
Uber die haar/ die Belisse forne auf der
stirne trägt.
DAß der fortuna stirn ihr haar trägt außgelassen/
Zeigt die gelegenheit sie zu ergreiffen an/
Wenn du Belisse dies der göttin nachgethan/
Darf man dich auch wie sie darbey zu halten fassen.
Auf
Sinn-Gedichte.
Uber der Beliſſe uhrgen.
DU weiſt dein uhrgen nur/ und ſteckſt es wieder ein/
Nicht wiſſend/ daß du drauß die unruh haſt verlohren/
Denn waß es treiben ſoll/ darzu bin ich erkohren/
Die raͤder ſind mein hertz/ die unruh meine pein.


Uber Beliſſen mund und Schooß/
nach dem ſpruͤchwort: daß der
mund das leben/ die ſchooß
der todt ſey.
ZUm leben iſt der mund/ zum ſarg die ſchooß gegeben/
Beliſſe nimmt die ſchooß/ und gibt auch nicht den mund/
Dem der nicht ſterben ſoll/ iſts leben ja vergunt/
Entweder gib den ſarg/ wo nicht/ ſo laß mich leben.
Was Beliſſe im ſpiegel ſchaue.
VOr einem ſpiegel ging Beliſſe letzt vorbey/
Und bat/ ich moͤchte doch mein liebgen ihr vertrauen/
Jch ſprach; daß ieder menſch ſich ſelbſt unſichtbar ſey/
Sie koͤnne nirgends ſich als in dem ſpiegel ſchauen.
Uber Beliſſens bette.
BEhutſam! dieſe bahn geht nach dem Paradieſe/
Fuͤr welchem ſtets bewehrt der anmuths-engel wacht/
Denn hier ſucht ihre ruh die ſchlaͤffrige Belieſſe/
Die der verliebten welt unruhge naͤchte macht.
Uber die haar/ die Beliſſe forne auf der
ſtirne traͤgt.
DAß der fortuna ſtirn ihr haar traͤgt außgelaſſen/
Zeigt die gelegenheit ſie zu ergreiffen an/
Wenn du Beliſſe dies der goͤttin nachgethan/
Darf man dich auch wie ſie darbey zu halten faſſen.
Auf
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[123/0133] Sinn-Gedichte. Uber der Beliſſe uhrgen. DU weiſt dein uhrgen nur/ und ſteckſt es wieder ein/ Nicht wiſſend/ daß du drauß die unruh haſt verlohren/ Denn waß es treiben ſoll/ darzu bin ich erkohren/ Die raͤder ſind mein hertz/ die unruh meine pein. Uber Beliſſen mund und Schooß/ nach dem ſpruͤchwort: daß der mund das leben/ die ſchooß der todt ſey. ZUm leben iſt der mund/ zum ſarg die ſchooß gegeben/ Beliſſe nimmt die ſchooß/ und gibt auch nicht den mund/ Dem der nicht ſterben ſoll/ iſts leben ja vergunt/ Entweder gib den ſarg/ wo nicht/ ſo laß mich leben. Was Beliſſe im ſpiegel ſchaue. VOr einem ſpiegel ging Beliſſe letzt vorbey/ Und bat/ ich moͤchte doch mein liebgen ihr vertrauen/ Jch ſprach; daß ieder menſch ſich ſelbſt unſichtbar ſey/ Sie koͤnne nirgends ſich als in dem ſpiegel ſchauen. Uber Beliſſens bette. BEhutſam! dieſe bahn geht nach dem Paradieſe/ Fuͤr welchem ſtets bewehrt der anmuths-engel wacht/ Denn hier ſucht ihre ruh die ſchlaͤffrige Belieſſe/ Die der verliebten welt unruhge naͤchte macht. Uber die haar/ die Beliſſe forne auf der ſtirne traͤgt. DAß der fortuna ſtirn ihr haar traͤgt außgelaſſen/ Zeigt die gelegenheit ſie zu ergreiffen an/ Wenn du Beliſſe dies der goͤttin nachgethan/ Darf man dich auch wie ſie darbey zu halten faſſen. Auf

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/133>, abgerufen am 26.04.2024.