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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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ter und legt ihm Fesseln an. Die Hinrichtungen
sind leider nicht selten.

Hat unter den vielen Schriftstellern, welche
ihren Weltbürgersinn in Druckschriften beurkun-
den, noch keiner allen Nationen gerathen ihr
Botany Bay zu haben? Dann wär' es doch we-
nigstens mit dem einen schaudervollen Moment
geschehen, in welchem der Mensch es wagt zu
nehmen, was seine Willkühr nie schaffen kann --
der durch das Richtschwert gefallne wär der einzi-
ge Unglückliche ohne Rückkehr. Baugefangene,
Gefängnisse, Zuchthäuser zeigen sie uns jetzt zu
Tausenden, -- ja, so lange diese dauern, ist es
das Gesetz, welches nicht nur den Leib tödtet,
aber auch "die Seele tödtet bis zur Hölle," wie
die Schrift sagt. Gilt denn dem Staate das paar
von Schande gelähmte Arme so viel? und wenn
der Gebrandmarkte jenseits der Mittagslinie zum
nützlichen Menschen sich empor arbeitet, wird das
dem Mutterlande nichts nützen? Würden die gebil-
deten Nationen nicht gerne alle ihre irre geleiteten
Brüder, die kein Zuchthaus je bessern wird, und ruhte
Howards Geist in jedem Erbauer, iedem Aufse-
her, in ein fernes Land schicken, wo die eiserne
Nothwendigkeit sie mehr bändigte wie Schlösser

ter und legt ihm Feſſeln an. Die Hinrichtungen
ſind leider nicht ſelten.

Hat unter den vielen Schriftſtellern, welche
ihren Weltbuͤrgerſinn in Druckſchriften beurkun-
den, noch keiner allen Nationen gerathen ihr
Botany Bay zu haben? Dann waͤr’ es doch we-
nigſtens mit dem einen ſchaudervollen Moment
geſchehen, in welchem der Menſch es wagt zu
nehmen, was ſeine Willkuͤhr nie ſchaffen kann —
der durch das Richtſchwert gefallne waͤr der einzi-
ge Ungluͤckliche ohne Ruͤckkehr. Baugefangene,
Gefaͤngniſſe, Zuchthaͤuſer zeigen ſie uns jetzt zu
Tauſenden, — ja, ſo lange dieſe dauern, iſt es
das Geſetz, welches nicht nur den Leib toͤdtet,
aber auch „die Seele toͤdtet bis zur Hoͤlle,“ wie
die Schrift ſagt. Gilt denn dem Staate das paar
von Schande gelaͤhmte Arme ſo viel? und wenn
der Gebrandmarkte jenſeits der Mittagslinie zum
nuͤtzlichen Menſchen ſich empor arbeitet, wird das
dem Mutterlande nichts nuͤtzen? Wuͤrden die gebil-
deten Nationen nicht gerne alle ihre irre geleiteten
Bruͤder, die kein Zuchthaus je beſſern wird, und ruhte
Howards Geiſt in jedem Erbauer, iedem Aufſe-
her, in ein fernes Land ſchicken, wo die eiſerne
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[26/0040] ter und legt ihm Feſſeln an. Die Hinrichtungen ſind leider nicht ſelten. Hat unter den vielen Schriftſtellern, welche ihren Weltbuͤrgerſinn in Druckſchriften beurkun- den, noch keiner allen Nationen gerathen ihr Botany Bay zu haben? Dann waͤr’ es doch we- nigſtens mit dem einen ſchaudervollen Moment geſchehen, in welchem der Menſch es wagt zu nehmen, was ſeine Willkuͤhr nie ſchaffen kann — der durch das Richtſchwert gefallne waͤr der einzi- ge Ungluͤckliche ohne Ruͤckkehr. Baugefangene, Gefaͤngniſſe, Zuchthaͤuſer zeigen ſie uns jetzt zu Tauſenden, — ja, ſo lange dieſe dauern, iſt es das Geſetz, welches nicht nur den Leib toͤdtet, aber auch „die Seele toͤdtet bis zur Hoͤlle,“ wie die Schrift ſagt. Gilt denn dem Staate das paar von Schande gelaͤhmte Arme ſo viel? und wenn der Gebrandmarkte jenſeits der Mittagslinie zum nuͤtzlichen Menſchen ſich empor arbeitet, wird das dem Mutterlande nichts nuͤtzen? Wuͤrden die gebil- deten Nationen nicht gerne alle ihre irre geleiteten Bruͤder, die kein Zuchthaus je beſſern wird, und ruhte Howards Geiſt in jedem Erbauer, iedem Aufſe- her, in ein fernes Land ſchicken, wo die eiſerne Nothwendigkeit ſie mehr baͤndigte wie Schloͤſſer

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/40>, abgerufen am 27.04.2024.