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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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mehrere Männer auf, denen wir ebenso gründliche als geschmack-
volle Naturbeschreibungen danken. Zuerst nennen wir Buffon,
der obgleich großartig in seinen Ansichten doch mehr pomphaft malt,
als individuel und dessen Schilderungen eine gewisse Kälte haben,
weil ihm die eigne Ansicht der exotischen Natur abgeht. - An
Wahrheit und Anmuth übertrifft ihn der jüngere Forster, welcher
Cook auf seiner zweiten Reise begleitet hat; er entwarf ein
sehr geschmackvolles Naturbild, in dieser Art das erste, und schil-
dert nicht nur lebhaft den Anblick der Tropenwelt, sondern berück-
sichtigt auch die verschiedenen Sitten und Racen der Völker.

Später als G. Forster liefert Bernhardin de St. Pierre gelunge-
ne Naturschilderungen, die gewissermassen dramatisch sind, inso-
fern historische Figuren sich vom landschaftlichen Hintergrunde
sondern. Paul et Virginie sowohl, wie die Etudes de la nature
enthalten schöne Bilder, die jedoch mit Vorsicht zu betrachten
sind, da falsche Axiome zuweilen den Verfasser verleiten, der
Wahrheit Abbruch zu thun.

Chateaubriand stellt in der Athala ein ebenso reizendes Bild der
südlichen Natur dar, als er im Genie du Christianisme die
Missionen mit Wahrheit und der Natur gemäß schildert. So auch
malt er mit Localfarben das südliche Italien, Egypten, Jerusalem,
das gelobte Land bis zum todten Meere und gibt uns aus sei-
nem neuesten Werke, den Abencerragen den Anblick der Sierra
Nevada
in Granada, des höchsten Gebirges in Spanien.

Vor allen aber erwähnen wir des hohen Meisters, dessen Werke
ein so tiefes Gefühl für die Natur durchdringt. Wie im Werther,

mehrere Männer auf, denen wir ebenso gründliche als geschmack-
volle Naturbeschreibungen danken. Zuerst nennen wir Buffon,
der obgleich großartig in seinen Ansichten doch mehr pomphaft malt,
als individuel und dessen Schilderungen eine gewisse Kälte haben,
weil ihm die eigne Ansicht der exotischen Natur abgeht. – An
Wahrheit und Anmuth übertrifft ihn der jüngere Forster, welcher
Cook auf seiner zweiten Reise begleitet hat; er entwarf ein
sehr geschmackvolles Naturbild, in dieser Art das erste, und schil-
dert nicht nur lebhaft den Anblick der Tropenwelt, sondern berück-
sichtigt auch die verschiedenen Sitten und Racen der Völker.

Später als G. Forster liefert Bernhardin de St. Pierre gelunge-
ne Naturschilderungen, die gewissermassen dramatisch sind, inso-
fern historische Figuren sich vom landschaftlichen Hintergrunde
sondern. Paul et Virginie sowohl, wie die Etudes de la nature
enthalten schöne Bilder, die jedoch mit Vorsicht zu betrachten
sind, da falsche Axiome zuweilen den Verfasser verleiten, der
Wahrheit Abbruch zu thun.

Chateaubriand stellt in der Athala ein ebenso reizendes Bild der
südlichen Natur dar, als er im Genie du Christianisme die
Missionen mit Wahrheit und der Natur gemäß schildert. So auch
malt er mit Localfarben das südliche Italien, Egypten, Jerusalem,
das gelobte Land bis zum todten Meere und gibt uns aus sei-
nem neuesten Werke, den Abencerragen den Anblick der Sierra
Nevada
in Granada, des höchsten Gebirges in Spanien.

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ein so tiefes Gefühl für die Natur durchdringt. Wie im Werther,

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[151/0155] mehrere Männer auf, denen wir ebenso gründliche als geschmack- volle Naturbeschreibungen danken. Zuerst nennen wir Buffon, der obgleich großartig in seinen Ansichten doch mehr pomphaft malt, als individuel und dessen Schilderungen eine gewisse Kälte haben, weil ihm die eigne Ansicht der exotischen Natur abgeht. – An Wahrheit u Anmuth übertrifft ihn der jüngere Forster, welcher Cook auf seiner zweiten Reise begleitet hat; er entwarf ein sehr geschmackvolles Naturbild, in dieser Art das erste, und schil- dert nicht nur lebhaft den Anblick der Tropenwelt, sondern berück- sichtigt auch die verschiedenen Sitten und Racen der Völker. Später als G. Forster liefert Bernhardin de St. Pierre gelunge- ne Naturschilderungen, die gewissermassen dramatisch sind, inso- fern historische Figuren sich vom landschaftlichen Hintergrunde sondern. Paul et Virginie sowohl, wie die Etudes de la nature enthalten schöne Bilder, die jedoch mit Vorsicht zu betrachten sind, da falsche Axiome zuweilen den Verfasser verleiten, der Wahrheit Abbruch zu thun. Chateaubriand stellt in der Athala ein ebenso reizendes Bild der südlichen Natur dar, als er im Genie du Christianisme die Missionen mit Wahrheit u der Natur gemäß schildert. So auch malt er mit Localfarben das südliche Italien, Egypten, Jerusalem, das gelobte Land bis zum todten Meere u gibt uns aus sei- nem neuesten Werke, den Abencerragen den Anblick der Sierra Nevada in Granada, des höchsten Gebirges in Spanien. Vor allen aber erwähnen wir des hohen Meisters, dessen Werke ein so tiefes Gefühl für die Natur durchdringt. Wie im Werther,

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Tina Krell, Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Nalan Lom: Bilddigitalisierung

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Dieses Werk wurde auf der Grundlage der Transkription von [N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] anhand der Vorlage geprüft und korrigiert, nach XML/TEI P5 konvertiert und gemäß dem DTA-Basisformat kodiert.

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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/155>, abgerufen am 26.04.2024.