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Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

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Theil I. bis Justinian.
ten Aehnlichkeit mit Sejan. Aber die ganze
Verfassung von Algier war in Rom noch
nicht; mit wenigen deutschen Regenten, zu-
mahl wenn sie Juristen wären, wie Septi-
mius Severus
es war, dürfte ein Justiz-
Minister so frey sprechen, als Paullus mit
diesem sprach. Der vierte nach ihm war wie-
der der Antonine würdig, aber dies war
auch der letzte etwas anhaltende Schimmer
der alten Freyheit. Neue Rechtssätze wur-
den noch vom Senate beschlossen, so daß die
Veräusserung der sichern Grundstücke eines
Minderjäbrigen nicht blos von seinem Vor-
munde abhängen sollte; so das SC. ad ora-
tionem Antonini,
welches Schenkungen un-
ter Eheleuten nicht verbot, sondern vielmehr
wieder etwas begünstigte.

§. 112.

Dieser Antoninus Bassianus, den die
Nachwelt unter dem Nahmen Caracalla ver-
abscheut, ermordete seinen Bruder Geta,
und ließ den Freund seines Vaters, seinen
Vormund Papinian hinrichten. Durch
bloße Edicte ertheilte er allen Freygebohrnen
im ganzen Staate das Römische Bürger-
recht, um sie einer Abgabe zu unterwerfen;
setzte er die vicesima hereditatum auf die de-
cima,
und wandte er alle caduca aus dem

aera-

Theil I. bis Juſtinian.
ten Aehnlichkeit mit Sejan. Aber die ganze
Verfaſſung von Algier war in Rom noch
nicht; mit wenigen deutſchen Regenten, zu-
mahl wenn ſie Juriſten waͤren, wie Septi-
mius Severus
es war, duͤrfte ein Juſtiz-
Miniſter ſo frey ſprechen, als Paullus mit
dieſem ſprach. Der vierte nach ihm war wie-
der der Antonine wuͤrdig, aber dies war
auch der letzte etwas anhaltende Schimmer
der alten Freyheit. Neue Rechtsſaͤtze wur-
den noch vom Senate beſchloſſen, ſo daß die
Veraͤuſſerung der ſichern Grundſtuͤcke eines
Minderjaͤbrigen nicht blos von ſeinem Vor-
munde abhaͤngen ſollte; ſo das SC. ad ora-
tionem Antonini,
welches Schenkungen un-
ter Eheleuten nicht verbot, ſondern vielmehr
wieder etwas beguͤnſtigte.

§. 112.

Dieſer Antoninus Baſſianus, den die
Nachwelt unter dem Nahmen Caracalla ver-
abſcheut, ermordete ſeinen Bruder Geta,
und ließ den Freund ſeines Vaters, ſeinen
Vormund Papinian hinrichten. Durch
bloße Edicte ertheilte er allen Freygebohrnen
im ganzen Staate das Roͤmiſche Buͤrger-
recht, um ſie einer Abgabe zu unterwerfen;
ſetzte er die viceſima hereditatum auf die de-
cima,
und wandte er alle caduca aus dem

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[126/0138] Theil I. bis Juſtinian. ten Aehnlichkeit mit Sejan. Aber die ganze Verfaſſung von Algier war in Rom noch nicht; mit wenigen deutſchen Regenten, zu- mahl wenn ſie Juriſten waͤren, wie Septi- mius Severus es war, duͤrfte ein Juſtiz- Miniſter ſo frey ſprechen, als Paullus mit dieſem ſprach. Der vierte nach ihm war wie- der der Antonine wuͤrdig, aber dies war auch der letzte etwas anhaltende Schimmer der alten Freyheit. Neue Rechtsſaͤtze wur- den noch vom Senate beſchloſſen, ſo daß die Veraͤuſſerung der ſichern Grundſtuͤcke eines Minderjaͤbrigen nicht blos von ſeinem Vor- munde abhaͤngen ſollte; ſo das SC. ad ora- tionem Antonini, welches Schenkungen un- ter Eheleuten nicht verbot, ſondern vielmehr wieder etwas beguͤnſtigte. §. 112. Dieſer Antoninus Baſſianus, den die Nachwelt unter dem Nahmen Caracalla ver- abſcheut, ermordete ſeinen Bruder Geta, und ließ den Freund ſeines Vaters, ſeinen Vormund Papinian hinrichten. Durch bloße Edicte ertheilte er allen Freygebohrnen im ganzen Staate das Roͤmiſche Buͤrger- recht, um ſie einer Abgabe zu unterwerfen; ſetzte er die viceſima hereditatum auf die de- cima, und wandte er alle caduca aus dem aera-

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Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/138>, abgerufen am 26.04.2024.