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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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fand Beifall, zuerst nahm mich die alte Sisi in
ihre Pfoten, dann die Riri, dann die Quiqui, dann
die Nini, dann die Mimi, dann die Lili, dann die
Pipi, dann die Fifi, dann die Bibi, dann die
Didi, dann die Wiwi, dann die Kiki, endlich und
zuletzt Morgens gegen vier Uhr die Zizi, die jüngste
dieser meckernden Grazien. Denn diese Namen,
alle in i endigend, führten die zwölf Ziegen, aus
denen die Heerde bestand. Ich hatte sie durch ihre
Gespräche zufällig erkundet. Was meine Nacht be-
traf, so war sie freilich unruhig, denn ich hatte fast
nichts zu thun, als mich niederzulegen und wieder
aufzustehen, indessen erfror ich doch nicht.

Wundert Ihr Euch, daß ich das Gemecker
der Ziegen so bald verstehen lernte? Ihr hättet
Euch eher darüber verwundern sollen, daß ich den
Engländer verstehen konnte.

Betrachtungen über mein sonderbares Schicksal
raubten mir den wenigen Schlaf, den mir der
Wechsel meiner zwölf Wohlthäterinnen allenfalls
noch hätte verstatten mögen. So bist du denn,
dachte ich, indem du deine Selbstständigkeit er-
ringen wolltest, in die Klauen eines Usurpators
und darauf nach kurzem lyrischem Taumel unter

fand Beifall, zuerſt nahm mich die alte Siſi in
ihre Pfoten, dann die Riri, dann die Quiqui, dann
die Nini, dann die Mimi, dann die Lili, dann die
Pipi, dann die Fifi, dann die Bibi, dann die
Didi, dann die Wiwi, dann die Kiki, endlich und
zuletzt Morgens gegen vier Uhr die Zizi, die jüngſte
dieſer meckernden Grazien. Denn dieſe Namen,
alle in i endigend, führten die zwölf Ziegen, aus
denen die Heerde beſtand. Ich hatte ſie durch ihre
Geſpräche zufällig erkundet. Was meine Nacht be-
traf, ſo war ſie freilich unruhig, denn ich hatte faſt
nichts zu thun, als mich niederzulegen und wieder
aufzuſtehen, indeſſen erfror ich doch nicht.

Wundert Ihr Euch, daß ich das Gemecker
der Ziegen ſo bald verſtehen lernte? Ihr hättet
Euch eher darüber verwundern ſollen, daß ich den
Engländer verſtehen konnte.

Betrachtungen über mein ſonderbares Schickſal
raubten mir den wenigen Schlaf, den mir der
Wechſel meiner zwölf Wohlthäterinnen allenfalls
noch hätte verſtatten mögen. So biſt du denn,
dachte ich, indem du deine Selbſtſtändigkeit er-
ringen wollteſt, in die Klauen eines Uſurpators
und darauf nach kurzem lyriſchem Taumel unter

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[132/0150] fand Beifall, zuerſt nahm mich die alte Siſi in ihre Pfoten, dann die Riri, dann die Quiqui, dann die Nini, dann die Mimi, dann die Lili, dann die Pipi, dann die Fifi, dann die Bibi, dann die Didi, dann die Wiwi, dann die Kiki, endlich und zuletzt Morgens gegen vier Uhr die Zizi, die jüngſte dieſer meckernden Grazien. Denn dieſe Namen, alle in i endigend, führten die zwölf Ziegen, aus denen die Heerde beſtand. Ich hatte ſie durch ihre Geſpräche zufällig erkundet. Was meine Nacht be- traf, ſo war ſie freilich unruhig, denn ich hatte faſt nichts zu thun, als mich niederzulegen und wieder aufzuſtehen, indeſſen erfror ich doch nicht. Wundert Ihr Euch, daß ich das Gemecker der Ziegen ſo bald verſtehen lernte? Ihr hättet Euch eher darüber verwundern ſollen, daß ich den Engländer verſtehen konnte. Betrachtungen über mein ſonderbares Schickſal raubten mir den wenigen Schlaf, den mir der Wechſel meiner zwölf Wohlthäterinnen allenfalls noch hätte verſtatten mögen. So biſt du denn, dachte ich, indem du deine Selbſtſtändigkeit er- ringen wollteſt, in die Klauen eines Uſurpators und darauf nach kurzem lyriſchem Taumel unter

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/150>, abgerufen am 27.04.2024.