Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741.

Bild:
<< vorherige Seite





so daß er sich aus denselben niemahls wie-
der würde retten können. Man sähe
aber auch zum voraus, daß das Anse-
hen der Gesetze sehr würde geschwächet,
und vielen zu gleichen Sünden Anlaß ge-
geben werden, wenn man die verordne-
te Strafe ohne alle Gnugthuung schen-
ken wolte. Es wäre aber jemand vor-
handen, welchem die Erlegung dieser
Strafe zu gar wenigem Nachtheil gereich-
te, und erböthe sich aus Freundschaft in
des andern Stelle zu treten: würde es
alsdenn nicht vernünftig, billig und gut
seyn, diese fremde Gnugthuung anzuneh-
men, und den Schuldigen loszulassen,
wenn derselbe anders sein Versehen er-
kennte und bereuete?

§. 29.

Wenn einem vernünftigen Gesetze einWer dem
Gesetze
gnug
thut, thut
auch der
Gerech-
tigkeit des
Gesetzge-
bers ein
Gnüge.

Gnüge geschiehet, so wird erfüllet, was
der gerechte Wille des Gesetzgebers erfor-
dert. Wer derowegen sich dem Gesetze
unterwirft und entweder Gehorsam leistet,
oder die gesetzte Strafe über sich nimmt,
von demselben kan man sagen, daß er der
Gerechtigkeit des Gesetzgebers genug ge-
than.

§. 30.

Christus hat sich den göttlichen Ge-Christus
hat der
göttlichen

setzen unterworffen, welche wir zu halten

zwar
A a 3





ſo daß er ſich aus denſelben niemahls wie-
der wuͤrde retten koͤnnen. Man ſaͤhe
aber auch zum voraus, daß das Anſe-
hen der Geſetze ſehr wuͤrde geſchwaͤchet,
und vielen zu gleichen Suͤnden Anlaß ge-
geben werden, wenn man die verordne-
te Strafe ohne alle Gnugthuung ſchen-
ken wolte. Es waͤre aber jemand vor-
handen, welchem die Erlegung dieſer
Strafe zu gar wenigem Nachtheil gereich-
te, und erboͤthe ſich aus Freundſchaft in
des andern Stelle zu treten: wuͤrde es
alsdenn nicht vernuͤnftig, billig und gut
ſeyn, dieſe fremde Gnugthuung anzuneh-
men, und den Schuldigen loszulaſſen,
wenn derſelbe anders ſein Verſehen er-
kennte und bereuete?

§. 29.

Wenn einem vernuͤnftigen Geſetze einWer dem
Geſetze
gnug
thut, thut
auch der
Gerech-
tigkeit des
Geſetzge-
bers ein
Gnuͤge.

Gnuͤge geſchiehet, ſo wird erfuͤllet, was
der gerechte Wille des Geſetzgebers erfor-
dert. Wer derowegen ſich dem Geſetze
unterwirft und entweder Gehorſam leiſtet,
oder die geſetzte Strafe uͤber ſich nimmt,
von demſelben kan man ſagen, daß er der
Gerechtigkeit des Geſetzgebers genug ge-
than.

§. 30.

Chriſtus hat ſich den goͤttlichen Ge-Chriſtus
hat der
goͤttlichen

ſetzen unterworffen, welche wir zu halten

zwar
A a 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0405" n="373[369]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;o daß er &#x017F;ich aus den&#x017F;elben niemahls wie-<lb/>
der wu&#x0364;rde retten ko&#x0364;nnen. Man &#x017F;a&#x0364;he<lb/>
aber auch zum voraus, daß das An&#x017F;e-<lb/>
hen der Ge&#x017F;etze &#x017F;ehr wu&#x0364;rde ge&#x017F;chwa&#x0364;chet,<lb/>
und vielen zu gleichen Su&#x0364;nden Anlaß ge-<lb/>
geben werden, wenn man die verordne-<lb/>
te Strafe ohne alle Gnugthuung &#x017F;chen-<lb/>
ken wolte. Es wa&#x0364;re aber jemand vor-<lb/>
handen, welchem die Erlegung die&#x017F;er<lb/>
Strafe zu gar wenigem Nachtheil gereich-<lb/>
te, und erbo&#x0364;the &#x017F;ich aus Freund&#x017F;chaft in<lb/>
des andern Stelle zu treten: wu&#x0364;rde es<lb/>
alsdenn nicht vernu&#x0364;nftig, billig und gut<lb/>
&#x017F;eyn, die&#x017F;e fremde Gnugthuung anzuneh-<lb/>
men, und den Schuldigen loszula&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wenn der&#x017F;elbe anders &#x017F;ein Ver&#x017F;ehen er-<lb/>
kennte und bereuete?</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 29.</head><lb/>
            <p>Wenn einem vernu&#x0364;nftigen Ge&#x017F;etze ein<note place="right">Wer dem<lb/>
Ge&#x017F;etze<lb/>
gnug<lb/>
thut, thut<lb/>
auch der<lb/>
Gerech-<lb/>
tigkeit des<lb/>
Ge&#x017F;etzge-<lb/>
bers ein<lb/>
Gnu&#x0364;ge.</note><lb/>
Gnu&#x0364;ge ge&#x017F;chiehet, &#x017F;o wird erfu&#x0364;llet, was<lb/>
der gerechte Wille des Ge&#x017F;etzgebers erfor-<lb/>
dert. Wer derowegen &#x017F;ich dem Ge&#x017F;etze<lb/>
unterwirft und entweder Gehor&#x017F;am lei&#x017F;tet,<lb/>
oder die ge&#x017F;etzte Strafe u&#x0364;ber &#x017F;ich nimmt,<lb/>
von dem&#x017F;elben kan man &#x017F;agen, daß er der<lb/>
Gerechtigkeit des Ge&#x017F;etzgebers genug ge-<lb/>
than.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 30.</head><lb/>
            <p>Chri&#x017F;tus hat &#x017F;ich den go&#x0364;ttlichen Ge-<note place="right">Chri&#x017F;tus<lb/>
hat der<lb/>
go&#x0364;ttlichen</note><lb/>
&#x017F;etzen unterworffen, welche wir zu halten<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a 3</fw><fw place="bottom" type="catch">zwar</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373[369]/0405] ſo daß er ſich aus denſelben niemahls wie- der wuͤrde retten koͤnnen. Man ſaͤhe aber auch zum voraus, daß das Anſe- hen der Geſetze ſehr wuͤrde geſchwaͤchet, und vielen zu gleichen Suͤnden Anlaß ge- geben werden, wenn man die verordne- te Strafe ohne alle Gnugthuung ſchen- ken wolte. Es waͤre aber jemand vor- handen, welchem die Erlegung dieſer Strafe zu gar wenigem Nachtheil gereich- te, und erboͤthe ſich aus Freundſchaft in des andern Stelle zu treten: wuͤrde es alsdenn nicht vernuͤnftig, billig und gut ſeyn, dieſe fremde Gnugthuung anzuneh- men, und den Schuldigen loszulaſſen, wenn derſelbe anders ſein Verſehen er- kennte und bereuete? §. 29. Wenn einem vernuͤnftigen Geſetze ein Gnuͤge geſchiehet, ſo wird erfuͤllet, was der gerechte Wille des Geſetzgebers erfor- dert. Wer derowegen ſich dem Geſetze unterwirft und entweder Gehorſam leiſtet, oder die geſetzte Strafe uͤber ſich nimmt, von demſelben kan man ſagen, daß er der Gerechtigkeit des Geſetzgebers genug ge- than. Wer dem Geſetze gnug thut, thut auch der Gerech- tigkeit des Geſetzge- bers ein Gnuͤge. §. 30. Chriſtus hat ſich den goͤttlichen Ge- ſetzen unterworffen, welche wir zu halten zwar Chriſtus hat der goͤttlichen A a 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/405
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 1. Göttingen, 1741, S. 373[369]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen01_1741/405>, abgerufen am 26.04.2024.