Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite



völlige Gewißheit setze, sondern nur wahr-
scheinlich mache, besonders, da man nicht
recht gewiß wisse, wie es auf dem Ballen
des Himmels aussehe. Gut, ich weiß sel-
ber sehr wohl, daß in meinem Beweise noch
Lücken sind. Es sey denn, daß mein Be-
weiß die Allwissenheit des Schöpfers nur
wahrscheinlich mache; so wollen wir un-
tersuchen, welches denn wahrscheinlicher,
daß GOtt allwissend sey, oder nicht. Für
die Allwissenheit GOttes und für die ge-
naueste Einsicht desselben in das innere
Wesen und Würckungen aller Dinge ste-
hen als unverwerfliche Zeugen alle Saa-
men, Pflantzen und lebendige Geschöpfe,
die zu ihrer Vollkommenheit kommen, de-
rer eine unzählbare Menge. Es zeugen
für die unendliche Weisheit GOttes auch
der gröste Theil derjenigen Saamen,
Pflantzen und lebendigen Geschöpfe, so ih-
re Vollkommenheit zwar nicht erreichen,
von welchen aber am Tage, daß sie durch
ihren baldigen Untergang die Vollkom-
menheit anderer Dinge befördern, die son-
sten zu keiner Vollkommenheit gelangen
könnten. (§. 12. 13. 14.) Berge, Thäler,
Quellen, Bäche, Flüsse, Meere und die Er-

de



voͤllige Gewißheit ſetze, ſondern nur wahr-
ſcheinlich mache, beſonders, da man nicht
recht gewiß wiſſe, wie es auf dem Ballen
des Himmels ausſehe. Gut, ich weiß ſel-
ber ſehr wohl, daß in meinem Beweiſe noch
Luͤcken ſind. Es ſey denn, daß mein Be-
weiß die Allwiſſenheit des Schoͤpfers nur
wahrſcheinlich mache; ſo wollen wir un-
terſuchen, welches denn wahrſcheinlicher,
daß GOtt allwiſſend ſey, oder nicht. Fuͤr
die Allwiſſenheit GOttes und fuͤr die ge-
naueſte Einſicht deſſelben in das innere
Weſen und Wuͤrckungen aller Dinge ſte-
hen als unverwerfliche Zeugen alle Saa-
men, Pflantzen und lebendige Geſchoͤpfe,
die zu ihrer Vollkommenheit kommen, de-
rer eine unzaͤhlbare Menge. Es zeugen
fuͤr die unendliche Weisheit GOttes auch
der groͤſte Theil derjenigen Saamen,
Pflantzen und lebendigen Geſchoͤpfe, ſo ih-
re Vollkommenheit zwar nicht erreichen,
von welchen aber am Tage, daß ſie durch
ihren baldigen Untergang die Vollkom-
menheit anderer Dinge befoͤrdern, die ſon-
ſten zu keiner Vollkommenheit gelangen
koͤnnten. (§. 12. 13. 14.) Berge, Thaͤler,
Quellen, Baͤche, Fluͤſſe, Meere und die Er-

de
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0336" n="318"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
vo&#x0364;llige Gewißheit &#x017F;etze, &#x017F;ondern nur wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich mache, be&#x017F;onders, da man nicht<lb/>
recht gewiß wi&#x017F;&#x017F;e, wie es auf dem Ballen<lb/>
des Himmels aus&#x017F;ehe. Gut, ich weiß &#x017F;el-<lb/>
ber &#x017F;ehr wohl, daß in meinem Bewei&#x017F;e noch<lb/>
Lu&#x0364;cken &#x017F;ind. Es &#x017F;ey denn, daß mein Be-<lb/>
weiß die Allwi&#x017F;&#x017F;enheit des Scho&#x0364;pfers nur<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich mache; &#x017F;o wollen wir un-<lb/>
ter&#x017F;uchen, welches denn wahr&#x017F;cheinlicher,<lb/>
daß GOtt allwi&#x017F;&#x017F;end &#x017F;ey, oder nicht. Fu&#x0364;r<lb/>
die Allwi&#x017F;&#x017F;enheit GOttes und fu&#x0364;r die ge-<lb/>
naue&#x017F;te Ein&#x017F;icht de&#x017F;&#x017F;elben in das innere<lb/>
We&#x017F;en und Wu&#x0364;rckungen aller Dinge &#x017F;te-<lb/>
hen als unverwerfliche Zeugen alle Saa-<lb/>
men, Pflantzen und lebendige Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe,<lb/>
die zu ihrer Vollkommenheit kommen, de-<lb/>
rer eine unza&#x0364;hlbare Menge. Es zeugen<lb/>
fu&#x0364;r die unendliche Weisheit GOttes auch<lb/>
der gro&#x0364;&#x017F;te Theil derjenigen Saamen,<lb/>
Pflantzen und lebendigen Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe, &#x017F;o ih-<lb/>
re Vollkommenheit zwar nicht erreichen,<lb/>
von welchen aber am Tage, daß &#x017F;ie durch<lb/>
ihren baldigen Untergang die Vollkom-<lb/>
menheit anderer Dinge befo&#x0364;rdern, die &#x017F;on-<lb/>
&#x017F;ten zu keiner Vollkommenheit gelangen<lb/>
ko&#x0364;nnten. (§. 12. 13. 14.) Berge, Tha&#x0364;ler,<lb/>
Quellen, Ba&#x0364;che, Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, Meere und die Er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">de</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0336] voͤllige Gewißheit ſetze, ſondern nur wahr- ſcheinlich mache, beſonders, da man nicht recht gewiß wiſſe, wie es auf dem Ballen des Himmels ausſehe. Gut, ich weiß ſel- ber ſehr wohl, daß in meinem Beweiſe noch Luͤcken ſind. Es ſey denn, daß mein Be- weiß die Allwiſſenheit des Schoͤpfers nur wahrſcheinlich mache; ſo wollen wir un- terſuchen, welches denn wahrſcheinlicher, daß GOtt allwiſſend ſey, oder nicht. Fuͤr die Allwiſſenheit GOttes und fuͤr die ge- naueſte Einſicht deſſelben in das innere Weſen und Wuͤrckungen aller Dinge ſte- hen als unverwerfliche Zeugen alle Saa- men, Pflantzen und lebendige Geſchoͤpfe, die zu ihrer Vollkommenheit kommen, de- rer eine unzaͤhlbare Menge. Es zeugen fuͤr die unendliche Weisheit GOttes auch der groͤſte Theil derjenigen Saamen, Pflantzen und lebendigen Geſchoͤpfe, ſo ih- re Vollkommenheit zwar nicht erreichen, von welchen aber am Tage, daß ſie durch ihren baldigen Untergang die Vollkom- menheit anderer Dinge befoͤrdern, die ſon- ſten zu keiner Vollkommenheit gelangen koͤnnten. (§. 12. 13. 14.) Berge, Thaͤler, Quellen, Baͤche, Fluͤſſe, Meere und die Er- de

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/336
Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbahrung antreffen. Bd. 2. Göttingen, 1745, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen02_1745/336>, abgerufen am 27.04.2024.