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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766.

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zu richten, und den Juden zu unterwerfen,
sondern selbige selig zu machen, und ihnen
ein seliges Leben im Himmel zu schenken.
Zu dem Ende würde er so erhöhet werden,
wie Moses in der Wüste eine Schlange er-
höhet. Joh. C. 3. v. 14-18. Dieses wa-
ren ihnen aber unbegreifliche Dinge. Sie
verlangten daher ein Zeichen, daß dieser
Absicht gerade entgegen war. Er sollte
vom Kreuze steigen. Sie wollten keinen
Heiland, der Juden und Heiden für gleich
schuldige Sünder erklärete, die sein Tod
mit Gott aussöhnen, und beyde gleich
herrlich, gleich selig machen sollte. Sie
verlangten einen solchen Messias, der die
Heiden den Juden unterwerfen, und diese
zu Herrn der Welt machen sollte. Wäre
nun der Erlöser vom Kreuze gestiegen; so
würden sie ihn zwar für den gehofften Mes-
sias; allein nicht für einen solchen Heiland
der Welt angenommen haben, als Jesus
nach dem Rathe Gottes seyn sollte. Sie
würden ihn für einen solchen angenommen
haben, den Gott gesandt, sie von dem
Joche der Römer zu befreyen, und sie zu
Herren derselben zu machen. Dieses wür-
de der Glaube gewesen seyn, den das ge-
forderte Zeichen würde gewirket haben.

§. 5.
Es würde
eine Empö-
rung erfol-
get seyn.

Allein dieser Glaube wäre nicht bloß
ein irriger Gedanke gewesen, der ohne wei-

tere

zu richten, und den Juden zu unterwerfen,
ſondern ſelbige ſelig zu machen, und ihnen
ein ſeliges Leben im Himmel zu ſchenken.
Zu dem Ende wuͤrde er ſo erhoͤhet werden,
wie Moſes in der Wuͤſte eine Schlange er-
hoͤhet. Joh. C. 3. v. 14-18. Dieſes wa-
ren ihnen aber unbegreifliche Dinge. Sie
verlangten daher ein Zeichen, daß dieſer
Abſicht gerade entgegen war. Er ſollte
vom Kreuze ſteigen. Sie wollten keinen
Heiland, der Juden und Heiden fuͤr gleich
ſchuldige Suͤnder erklaͤrete, die ſein Tod
mit Gott ausſoͤhnen, und beyde gleich
herrlich, gleich ſelig machen ſollte. Sie
verlangten einen ſolchen Meſſias, der die
Heiden den Juden unterwerfen, und dieſe
zu Herrn der Welt machen ſollte. Waͤre
nun der Erloͤſer vom Kreuze geſtiegen; ſo
wuͤrden ſie ihn zwar fuͤr den gehofften Meſ-
ſias; allein nicht fuͤr einen ſolchen Heiland
der Welt angenommen haben, als Jeſus
nach dem Rathe Gottes ſeyn ſollte. Sie
wuͤrden ihn fuͤr einen ſolchen angenommen
haben, den Gott geſandt, ſie von dem
Joche der Roͤmer zu befreyen, und ſie zu
Herren derſelben zu machen. Dieſes wuͤr-
de der Glaube geweſen ſeyn, den das ge-
forderte Zeichen wuͤrde gewirket haben.

§. 5.
Es wuͤrde
eine Empoͤ-
rung erfol-
get ſeyn.

Allein dieſer Glaube waͤre nicht bloß
ein irriger Gedanke geweſen, der ohne wei-

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[130/0150] zu richten, und den Juden zu unterwerfen, ſondern ſelbige ſelig zu machen, und ihnen ein ſeliges Leben im Himmel zu ſchenken. Zu dem Ende wuͤrde er ſo erhoͤhet werden, wie Moſes in der Wuͤſte eine Schlange er- hoͤhet. Joh. C. 3. v. 14-18. Dieſes wa- ren ihnen aber unbegreifliche Dinge. Sie verlangten daher ein Zeichen, daß dieſer Abſicht gerade entgegen war. Er ſollte vom Kreuze ſteigen. Sie wollten keinen Heiland, der Juden und Heiden fuͤr gleich ſchuldige Suͤnder erklaͤrete, die ſein Tod mit Gott ausſoͤhnen, und beyde gleich herrlich, gleich ſelig machen ſollte. Sie verlangten einen ſolchen Meſſias, der die Heiden den Juden unterwerfen, und dieſe zu Herrn der Welt machen ſollte. Waͤre nun der Erloͤſer vom Kreuze geſtiegen; ſo wuͤrden ſie ihn zwar fuͤr den gehofften Meſ- ſias; allein nicht fuͤr einen ſolchen Heiland der Welt angenommen haben, als Jeſus nach dem Rathe Gottes ſeyn ſollte. Sie wuͤrden ihn fuͤr einen ſolchen angenommen haben, den Gott geſandt, ſie von dem Joche der Roͤmer zu befreyen, und ſie zu Herren derſelben zu machen. Dieſes wuͤr- de der Glaube geweſen ſeyn, den das ge- forderte Zeichen wuͤrde gewirket haben. §. 5. Allein dieſer Glaube waͤre nicht bloß ein irriger Gedanke geweſen, der ohne wei- tere

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Zitationshilfe: Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/150>, abgerufen am 26.04.2024.