leichtesten möglich. Und ist es nicht wahr- scheinlich, daß die Unzucht zwischen den jungen Söhnen eines Herren und dessen leibeigenen Mägden die gewöhnlichste ge- wesen? Kennen wir anders den Lauf der Welt, werden wir hieran gar nicht zwei- feln. Nach dem obigen Grundsatze hätten derowegen die Ehen zwischen solchen Per- sonen am mehresten verbothen werden müs- sen. Gott aber verbietet sie nicht nur nicht, sondern hat sie sogar unter den Jsraeliten begünstiget. 2 B. Mos. C. 21. v. 7-11.
Ferner müßte vermöge dieses Grund- satzes die Ehe zwischen denen Kindern ver- bothen seyn, welche zwo Ehegatten aus ei- ner vorher schon geführten Ehe erzielet und zusammen bringen. Denn selbige wohnen auch bey einander, und haben so viele Gelegenheit einander zu schänden als leibliche Geschwister. Die Ehe zu- sammengebrachter Kinder ist aber nicht untersaget.
§. 11.
Anmerkung über den Schleyer der Mor- genländer.
Mein Gönner macht bey dieser Gele- genheit eine überaus lesenswürdige Anmer- kung. Er zeiget, daß Gott eben zwischen denen Verwandten die Ehen verbothen, von welchen die Mannspersonen ihre Ver- wandtinnen nach dem Gebrauche der Ara- ber und nachmaligen Muhammedaner oh- ne Schleyer, und mit aufgedecktem Ange-
sichte
leichteſten moͤglich. Und iſt es nicht wahr- ſcheinlich, daß die Unzucht zwiſchen den jungen Soͤhnen eines Herren und deſſen leibeigenen Maͤgden die gewoͤhnlichſte ge- weſen? Kennen wir anders den Lauf der Welt, werden wir hieran gar nicht zwei- feln. Nach dem obigen Grundſatze haͤtten derowegen die Ehen zwiſchen ſolchen Per- ſonen am mehreſten verbothen werden muͤſ- ſen. Gott aber verbietet ſie nicht nur nicht, ſondern hat ſie ſogar unter den Jſraeliten beguͤnſtiget. 2 B. Moſ. C. 21. v. 7-11.
Ferner muͤßte vermoͤge dieſes Grund- ſatzes die Ehe zwiſchen denen Kindern ver- bothen ſeyn, welche zwo Ehegatten aus ei- ner vorher ſchon gefuͤhrten Ehe erzielet und zuſammen bringen. Denn ſelbige wohnen auch bey einander, und haben ſo viele Gelegenheit einander zu ſchaͤnden als leibliche Geſchwiſter. Die Ehe zu- ſammengebrachter Kinder iſt aber nicht unterſaget.
§. 11.
Anmerkung uͤber den Schleyer der Mor- genlaͤnder.
Mein Goͤnner macht bey dieſer Gele- genheit eine uͤberaus leſenswuͤrdige Anmer- kung. Er zeiget, daß Gott eben zwiſchen denen Verwandten die Ehen verbothen, von welchen die Mannsperſonen ihre Ver- wandtinnen nach dem Gebrauche der Ara- ber und nachmaligen Muhammedaner oh- ne Schleyer, und mit aufgedecktem Ange-
ſichte
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leichteſten moͤglich. Und iſt es nicht wahr-
ſcheinlich, daß die Unzucht zwiſchen den
jungen Soͤhnen eines Herren und deſſen
leibeigenen Maͤgden die gewoͤhnlichſte ge-
weſen? Kennen wir anders den Lauf der
Welt, werden wir hieran gar nicht zwei-
feln. Nach dem obigen Grundſatze haͤtten
derowegen die Ehen zwiſchen ſolchen Per-
ſonen am mehreſten verbothen werden muͤſ-
ſen. Gott aber verbietet ſie nicht nur nicht,
ſondern hat ſie ſogar unter den Jſraeliten
beguͤnſtiget. 2 B. Moſ. C. 21. v. 7-11.
Ferner muͤßte vermoͤge dieſes Grund-
ſatzes die Ehe zwiſchen denen Kindern ver-
bothen ſeyn, welche zwo Ehegatten aus ei-
ner vorher ſchon gefuͤhrten Ehe erzielet
und zuſammen bringen. Denn ſelbige
wohnen auch bey einander, und haben ſo
viele Gelegenheit einander zu ſchaͤnden
als leibliche Geſchwiſter. Die Ehe zu-
ſammengebrachter Kinder iſt aber nicht
unterſaget.
§. 11.
Mein Goͤnner macht bey dieſer Gele-
genheit eine uͤberaus leſenswuͤrdige Anmer-
kung. Er zeiget, daß Gott eben zwiſchen
denen Verwandten die Ehen verbothen,
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Jacobi, Johann Friedrich: Betrachtungen über die Weisen Absichten Gottes, bey denen Dingen, die wir in der menschlichen Gesellschaft und der Offenbarung antreffen. Bd. 4. Hannover, 1766, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jacobi_betrachtungen04_1766/376>, abgerufen am 26.04.2024.
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