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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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V. Abschn. Von der ehemahligen Veränderung
Elephantengeribben hin und wieder in Teutschland a),
und fast in allen Gegenden desselben gefunden worden
sind. Wenn man diejenigen, welche in öffentlich ge-
druckten Schriften bemerket und beschrieben worden
sind, nur einigermaßen überrechnet; so erstrecket sich
ihre Anzahl wenigstens auf dreyßig. Wie viel also
können nicht gefunden worden seyn, die solchen Leuten

unter
a) Die Auffindung der Elephantengeribbe erstrecket sich
nicht allein auf Teutschland und die benachbarten Staa-
ten, sondern fast auf alle andere Länder, die jetzo kalte
Himmelsgegenden haben. Der Herr Professor Gmelin
in seinen Reisen, und zwar im zten Theile, erzählet,
daß in denen Ufern der großen Siberischen Flüsse Obi
Jenisey und Lena sehr öfters Elephantengeribbe gefun-
den werden. Die Ufer dieser Ströhme sind öfters mit
dem dicksten Eise bedecket, welches überdies noch durch
das Eis aus dem Meere vermehret wird, welches ein
gewisser Wind dahin treibet. Dieses Eis beschwehret
die steilen und öfters unterhöhlten Ufer dieser Ströhme
dergestalt, daß, wenn das Eis anfängt zu schmelzen,
nicht selten große Stücken Erde von den Ufern mit los-
brechen. Hierdurch nun werden die noch an denen Ufern
in der Erde verborgenen Elephantengeribbe entdecket.
Kaiser Peter der Iste hat die schönsten und längsten Zäh-
ne von acht bis neun Fuß lang, die bey solchen Gele-
genheiten gefunden worden, aufsammlen und in sein Na-
turaliencabinet nach Petersburg bringen lassen. Herr
Professor Gmelin hat sie nicht allein daselbst gesehen,
und bey der genauesten Untersuchung befunden, daß es
keine andere, als Elephantenzähue gewesen; sondern sie
haben sich auch fast noch gänzlich in ihrem natürlichen
Zustande befunden, ohne merkliche Kennzeichen einer Ver-
wesung oder Versteinerung an sich zu haben; da sie doch
wenigstens verschiedene tausend Jahre unter der Erde
gelegen haben, welches vermuthlich dem nachherigen
großen und fast beständig anhaltenden Frost in dieser
Gegend zuzuschreiben ist.

V. Abſchn. Von der ehemahligen Veraͤnderung
Elephantengeribben hin und wieder in Teutſchland a),
und faſt in allen Gegenden deſſelben gefunden worden
ſind. Wenn man diejenigen, welche in oͤffentlich ge-
druckten Schriften bemerket und beſchrieben worden
ſind, nur einigermaßen uͤberrechnet; ſo erſtrecket ſich
ihre Anzahl wenigſtens auf dreyßig. Wie viel alſo
koͤnnen nicht gefunden worden ſeyn, die ſolchen Leuten

unter
a) Die Auffindung der Elephantengeribbe erſtrecket ſich
nicht allein auf Teutſchland und die benachbarten Staa-
ten, ſondern faſt auf alle andere Laͤnder, die jetzo kalte
Himmelsgegenden haben. Der Herr Profeſſor Gmelin
in ſeinen Reiſen, und zwar im zten Theile, erzaͤhlet,
daß in denen Ufern der großen Siberiſchen Fluͤſſe Obi
Jeniſey und Lena ſehr oͤfters Elephantengeribbe gefun-
den werden. Die Ufer dieſer Stroͤhme ſind oͤfters mit
dem dickſten Eiſe bedecket, welches uͤberdies noch durch
das Eis aus dem Meere vermehret wird, welches ein
gewiſſer Wind dahin treibet. Dieſes Eis beſchwehret
die ſteilen und oͤfters unterhoͤhlten Ufer dieſer Stroͤhme
dergeſtalt, daß, wenn das Eis anfaͤngt zu ſchmelzen,
nicht ſelten große Stuͤcken Erde von den Ufern mit los-
brechen. Hierdurch nun werden die noch an denen Ufern
in der Erde verborgenen Elephantengeribbe entdecket.
Kaiſer Peter der Iſte hat die ſchoͤnſten und laͤngſten Zaͤh-
ne von acht bis neun Fuß lang, die bey ſolchen Gele-
genheiten gefunden worden, aufſammlen und in ſein Na-
turaliencabinet nach Petersburg bringen laſſen. Herr
Profeſſor Gmelin hat ſie nicht allein daſelbſt geſehen,
und bey der genaueſten Unterſuchung befunden, daß es
keine andere, als Elephantenzaͤhue geweſen; ſondern ſie
haben ſich auch faſt noch gaͤnzlich in ihrem natuͤrlichen
Zuſtande befunden, ohne merkliche Kennzeichen einer Ver-
weſung oder Verſteinerung an ſich zu haben; da ſie doch
wenigſtens verſchiedene tauſend Jahre unter der Erde
gelegen haben, welches vermuthlich dem nachherigen
großen und faſt beſtaͤndig anhaltenden Froſt in dieſer
Gegend zuzuſchreiben iſt.
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[158/0186] V. Abſchn. Von der ehemahligen Veraͤnderung Elephantengeribben hin und wieder in Teutſchland a), und faſt in allen Gegenden deſſelben gefunden worden ſind. Wenn man diejenigen, welche in oͤffentlich ge- druckten Schriften bemerket und beſchrieben worden ſind, nur einigermaßen uͤberrechnet; ſo erſtrecket ſich ihre Anzahl wenigſtens auf dreyßig. Wie viel alſo koͤnnen nicht gefunden worden ſeyn, die ſolchen Leuten unter a) Die Auffindung der Elephantengeribbe erſtrecket ſich nicht allein auf Teutſchland und die benachbarten Staa- ten, ſondern faſt auf alle andere Laͤnder, die jetzo kalte Himmelsgegenden haben. Der Herr Profeſſor Gmelin in ſeinen Reiſen, und zwar im zten Theile, erzaͤhlet, daß in denen Ufern der großen Siberiſchen Fluͤſſe Obi Jeniſey und Lena ſehr oͤfters Elephantengeribbe gefun- den werden. Die Ufer dieſer Stroͤhme ſind oͤfters mit dem dickſten Eiſe bedecket, welches uͤberdies noch durch das Eis aus dem Meere vermehret wird, welches ein gewiſſer Wind dahin treibet. Dieſes Eis beſchwehret die ſteilen und oͤfters unterhoͤhlten Ufer dieſer Stroͤhme dergeſtalt, daß, wenn das Eis anfaͤngt zu ſchmelzen, nicht ſelten große Stuͤcken Erde von den Ufern mit los- brechen. Hierdurch nun werden die noch an denen Ufern in der Erde verborgenen Elephantengeribbe entdecket. Kaiſer Peter der Iſte hat die ſchoͤnſten und laͤngſten Zaͤh- ne von acht bis neun Fuß lang, die bey ſolchen Gele- genheiten gefunden worden, aufſammlen und in ſein Na- turaliencabinet nach Petersburg bringen laſſen. Herr Profeſſor Gmelin hat ſie nicht allein daſelbſt geſehen, und bey der genaueſten Unterſuchung befunden, daß es keine andere, als Elephantenzaͤhue geweſen; ſondern ſie haben ſich auch faſt noch gaͤnzlich in ihrem natuͤrlichen Zuſtande befunden, ohne merkliche Kennzeichen einer Ver- weſung oder Verſteinerung an ſich zu haben; da ſie doch wenigſtens verſchiedene tauſend Jahre unter der Erde gelegen haben, welches vermuthlich dem nachherigen großen und faſt beſtaͤndig anhaltenden Froſt in dieſer Gegend zuzuſchreiben iſt.

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/186>, abgerufen am 27.04.2024.