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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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in Ansehung der Dauer der Welt.
Dieses ist aber auch eine Wahrheit, die man aller-
dings annehmen muß. Jndessen entstehet daraus kei-
ne wesentliche oder absolute Ewigkeit der Welt. Es
ist dieses nur eine Ewigkeit a posteriori, oder die
Ewigkeit eines Dinges, das zwar seinen Anfang ge-
habt hat, das aber in der Folge ohne Ende fortdauern
wird. Eben dergleichen Ewigkeit muß man auch de-
nen Engeln und denen Seelen vernünftiger Geschöpfe
beylegen. Sie sind zwar erschaffen, und Gott kann
sie allerdings wieder vernichten; aber seine Güte und
Weisheit wird niemahls zureichende Uhrsachen finden,
diese Vernichtung wirklich zu unternehmen.

Wenn wir oben als sehr wahrscheinlich angenom-
men haben, daß ein jedes Sonnensystem nach vielen
Millionen Jahren einen zeitigen Untergang, oder viel-
mehr eine Art von Verwandlung und neuer Schöpfung
erfahren wird; so kann man dieses als keine Unterbre-
chung der künftigen Ewigkeit der Welt ansehen. Es
gehet hierdurch nichts weniger als eine Vernichtung ei-
nes Sonnensystems vor; sondern es ist dieses nur eine
Umformung oder Verwandelung eines einzelnen Son-
nensystems in eine herrlichere Gestalt. Wahrscheinli-
cher Weise wird diese Umformung, wie ich oben gezei-
get habe, nicht zu gleicher Zeit in allen Sonnensyste-
men auf einmahl vorgehen. Folglich ist die Zeit die-
ser Umformung nur eine kleine Lücke in der Herrlichkeit
des ganzen Weltgebäudes, die überdies gegen die Ewig-
keit der Welt nur eine kurze Zeit dauert.

Man kann auch gar nicht sagen, daß ein solches
Sonnensystem vorhero unvollkommen gewesen ist; weil

der
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in Anſehung der Dauer der Welt.
Dieſes iſt aber auch eine Wahrheit, die man aller-
dings annehmen muß. Jndeſſen entſtehet daraus kei-
ne weſentliche oder abſolute Ewigkeit der Welt. Es
iſt dieſes nur eine Ewigkeit a poſteriori, oder die
Ewigkeit eines Dinges, das zwar ſeinen Anfang ge-
habt hat, das aber in der Folge ohne Ende fortdauern
wird. Eben dergleichen Ewigkeit muß man auch de-
nen Engeln und denen Seelen vernuͤnftiger Geſchoͤpfe
beylegen. Sie ſind zwar erſchaffen, und Gott kann
ſie allerdings wieder vernichten; aber ſeine Guͤte und
Weisheit wird niemahls zureichende Uhrſachen finden,
dieſe Vernichtung wirklich zu unternehmen.

Wenn wir oben als ſehr wahrſcheinlich angenom-
men haben, daß ein jedes Sonnenſyſtem nach vielen
Millionen Jahren einen zeitigen Untergang, oder viel-
mehr eine Art von Verwandlung und neuer Schoͤpfung
erfahren wird; ſo kann man dieſes als keine Unterbre-
chung der kuͤnftigen Ewigkeit der Welt anſehen. Es
gehet hierdurch nichts weniger als eine Vernichtung ei-
nes Sonnenſyſtems vor; ſondern es iſt dieſes nur eine
Umformung oder Verwandelung eines einzelnen Son-
nenſyſtems in eine herrlichere Geſtalt. Wahrſcheinli-
cher Weiſe wird dieſe Umformung, wie ich oben gezei-
get habe, nicht zu gleicher Zeit in allen Sonnenſyſte-
men auf einmahl vorgehen. Folglich iſt die Zeit die-
ſer Umformung nur eine kleine Luͤcke in der Herrlichkeit
des ganzen Weltgebaͤudes, die uͤberdies gegen die Ewig-
keit der Welt nur eine kurze Zeit dauert.

Man kann auch gar nicht ſagen, daß ein ſolches
Sonnenſyſtem vorhero unvollkommen geweſen iſt; weil

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[371/0399] in Anſehung der Dauer der Welt. Dieſes iſt aber auch eine Wahrheit, die man aller- dings annehmen muß. Jndeſſen entſtehet daraus kei- ne weſentliche oder abſolute Ewigkeit der Welt. Es iſt dieſes nur eine Ewigkeit a poſteriori, oder die Ewigkeit eines Dinges, das zwar ſeinen Anfang ge- habt hat, das aber in der Folge ohne Ende fortdauern wird. Eben dergleichen Ewigkeit muß man auch de- nen Engeln und denen Seelen vernuͤnftiger Geſchoͤpfe beylegen. Sie ſind zwar erſchaffen, und Gott kann ſie allerdings wieder vernichten; aber ſeine Guͤte und Weisheit wird niemahls zureichende Uhrſachen finden, dieſe Vernichtung wirklich zu unternehmen. Wenn wir oben als ſehr wahrſcheinlich angenom- men haben, daß ein jedes Sonnenſyſtem nach vielen Millionen Jahren einen zeitigen Untergang, oder viel- mehr eine Art von Verwandlung und neuer Schoͤpfung erfahren wird; ſo kann man dieſes als keine Unterbre- chung der kuͤnftigen Ewigkeit der Welt anſehen. Es gehet hierdurch nichts weniger als eine Vernichtung ei- nes Sonnenſyſtems vor; ſondern es iſt dieſes nur eine Umformung oder Verwandelung eines einzelnen Son- nenſyſtems in eine herrlichere Geſtalt. Wahrſcheinli- cher Weiſe wird dieſe Umformung, wie ich oben gezei- get habe, nicht zu gleicher Zeit in allen Sonnenſyſte- men auf einmahl vorgehen. Folglich iſt die Zeit die- ſer Umformung nur eine kleine Luͤcke in der Herrlichkeit des ganzen Weltgebaͤudes, die uͤberdies gegen die Ewig- keit der Welt nur eine kurze Zeit dauert. Man kann auch gar nicht ſagen, daß ein ſolches Sonnenſyſtem vorhero unvollkommen geweſen iſt; weil der A a 2

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/399>, abgerufen am 26.04.2024.