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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Viertes Kapitel.
Von den Tempeln und der Geistlichkeit dieser Stadt.


Um die Beschreibung der Stadt Nangasacki volständig zu machen, mus ich noch von
den Tempeln und der Geistlichkeit in derselben reden. Diese sind nach den ver-
schiednen Sekten in Religionen getheilt, und stehen daher unter verschiednen Ober-
häuptern, die alle ihren Siz in Miaco haben, als einem Ort der Heiligkeit und besonderer
geistlichen Andacht, und die übrige Geistlichkeit des Landes, die Klöster und Tempelwär-
ter durch Superioren und Prioren regieren lassen. Hier in Nangasacki finden sich zwar von
jeder Sekte verschiedne Tempel und Klöster, aber sie alle erkennen hier noch keinen gemei-
nen Bischof, sondern nur ihre höchsten Generals in Miaco.

Von den Sin oder Cami d. i. einheimischen Göttern mus ich in Nangasacki
zuerst den Udsigami (d. h. den Heiligen und Patron eines Distriks, Provinz oder Stadt)
erwähnen. Er heist Suwa Dai Mjosin d. i. der große heilige Götze Suwa. Sein
Tempel liegt an der Seite vom Berge Tatta, und nach seiner obersten ihm gewidmeten Ca-
pelle steigt man von unten auf etwa 200 steinerne Tritte. Sie hat ohnlängst noch höher
müssen angelegt werden, weil der Dairi diesem Cami einen größern Titel zugeeignet hatte.
Der eigentliche Tempelhof aber ist etwas niedriger, im Abhang des angeführten Berges
angelegt, in dessen Eingang gleich bei der Pforte ein offener langer überhängender Lust- und
Comödiensal zu sehen ist, mit vielen Bildern, als den gewöhnlichen Gelübden und Gaben
für die Sinsja; etwas weiter hin befinden sich verschiedne kleine hölzerne Capellen, sehr
sauber eingerichtet, aber ohne weiteren Zierath. Auch werden in diesem Tempeldistrikt
verehrt Murasaki Dai Gongen d. i. der große gestrenge Murasaki und Symios

Dai


Viertes Kapitel.
Von den Tempeln und der Geiſtlichkeit dieſer Stadt.


Um die Beſchreibung der Stadt Nangaſacki volſtaͤndig zu machen, mus ich noch von
den Tempeln und der Geiſtlichkeit in derſelben reden. Dieſe ſind nach den ver-
ſchiednen Sekten in Religionen getheilt, und ſtehen daher unter verſchiednen Ober-
haͤuptern, die alle ihren Siz in Miaco haben, als einem Ort der Heiligkeit und beſonderer
geiſtlichen Andacht, und die uͤbrige Geiſtlichkeit des Landes, die Kloͤſter und Tempelwaͤr-
ter durch Superioren und Prioren regieren laſſen. Hier in Nangaſacki finden ſich zwar von
jeder Sekte verſchiedne Tempel und Kloͤſter, aber ſie alle erkennen hier noch keinen gemei-
nen Biſchof, ſondern nur ihre hoͤchſten Generals in Miaco.

Von den Sin oder Cami d. i. einheimiſchen Goͤttern mus ich in Nangaſacki
zuerſt den Udſigami (d. h. den Heiligen und Patron eines Diſtriks, Provinz oder Stadt)
erwaͤhnen. Er heiſt Suwa Dai Mjoſin d. i. der große heilige Goͤtze Suwa. Sein
Tempel liegt an der Seite vom Berge Tatta, und nach ſeiner oberſten ihm gewidmeten Ca-
pelle ſteigt man von unten auf etwa 200 ſteinerne Tritte. Sie hat ohnlaͤngſt noch hoͤher
muͤſſen angelegt werden, weil der Dairi dieſem Cami einen groͤßern Titel zugeeignet hatte.
Der eigentliche Tempelhof aber iſt etwas niedriger, im Abhang des angefuͤhrten Berges
angelegt, in deſſen Eingang gleich bei der Pforte ein offener langer uͤberhaͤngender Luſt- und
Comoͤdienſal zu ſehen iſt, mit vielen Bildern, als den gewoͤhnlichen Geluͤbden und Gaben
fuͤr die Sinsja; etwas weiter hin befinden ſich verſchiedne kleine hoͤlzerne Capellen, ſehr
ſauber eingerichtet, aber ohne weiteren Zierath. Auch werden in dieſem Tempeldiſtrikt
verehrt Muraſaki Dai Gongen d. i. der große geſtrenge Muraſaki und Symios

Dai
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[42/0056] Viertes Kapitel. Von den Tempeln und der Geiſtlichkeit dieſer Stadt. Um die Beſchreibung der Stadt Nangaſacki volſtaͤndig zu machen, mus ich noch von den Tempeln und der Geiſtlichkeit in derſelben reden. Dieſe ſind nach den ver- ſchiednen Sekten in Religionen getheilt, und ſtehen daher unter verſchiednen Ober- haͤuptern, die alle ihren Siz in Miaco haben, als einem Ort der Heiligkeit und beſonderer geiſtlichen Andacht, und die uͤbrige Geiſtlichkeit des Landes, die Kloͤſter und Tempelwaͤr- ter durch Superioren und Prioren regieren laſſen. Hier in Nangaſacki finden ſich zwar von jeder Sekte verſchiedne Tempel und Kloͤſter, aber ſie alle erkennen hier noch keinen gemei- nen Biſchof, ſondern nur ihre hoͤchſten Generals in Miaco. Von den Sin oder Cami d. i. einheimiſchen Goͤttern mus ich in Nangaſacki zuerſt den Udſigami (d. h. den Heiligen und Patron eines Diſtriks, Provinz oder Stadt) erwaͤhnen. Er heiſt Suwa Dai Mjoſin d. i. der große heilige Goͤtze Suwa. Sein Tempel liegt an der Seite vom Berge Tatta, und nach ſeiner oberſten ihm gewidmeten Ca- pelle ſteigt man von unten auf etwa 200 ſteinerne Tritte. Sie hat ohnlaͤngſt noch hoͤher muͤſſen angelegt werden, weil der Dairi dieſem Cami einen groͤßern Titel zugeeignet hatte. Der eigentliche Tempelhof aber iſt etwas niedriger, im Abhang des angefuͤhrten Berges angelegt, in deſſen Eingang gleich bei der Pforte ein offener langer uͤberhaͤngender Luſt- und Comoͤdienſal zu ſehen iſt, mit vielen Bildern, als den gewoͤhnlichen Geluͤbden und Gaben fuͤr die Sinsja; etwas weiter hin befinden ſich verſchiedne kleine hoͤlzerne Capellen, ſehr ſauber eingerichtet, aber ohne weiteren Zierath. Auch werden in dieſem Tempeldiſtrikt verehrt Muraſaki Dai Gongen d. i. der große geſtrenge Muraſaki und Symios Dai

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/56>, abgerufen am 27.04.2024.