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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Zweit. Kap. Von der innern Regierung der Stadt Nangasacki.
denn wieder die Befehle der Gouverneurs aus ihrem eignen oder der Karoo Munde zu em-
pfangen, und sie hernach den Tosjijori, oder Ottonas, oder auch den Dolmetschern der
Fremden zu hinterbringen. Noch haben sie alles zu besorgen, was täglich von der Stadt-
gemeinheit zum Dienst des Hofes verlangt wird. Die Geschäfte dieser Bedienten sind aus-
nehmend beschwerlich, und sie können selten Dank von den Stathaltern verdienen. Sie
werden wie die Dsjiosin aus den tüchtigsten Ottonas erwählt.

Dies sind die vornehmsten obrigkeitlichen Personen und Beamten der Stadt Nan-
gasacki;
sie haben kein Rathhaus oder andre öffentliche Wohnung, sondern sie kommen
allemal in dem Wohnhause des präsidirenden Bürgermeisters zusammen.

Zu Ausführung der Befehle der vorigen und Erhaltung guter Ordnung in der
Stadt gehören nun folgende öffentliche Bediente:

Die Tjoosj no mono d. i. Stadtbotenvolk; sie sind eigentlich beständige licto-
res,
die ehmals in beständigem Dienst der Bürgermeister waren; seit aber dieser ihr An-
sehn so sehr abgenommen, werden sie mehr zum Dienst der Gouverneurs und zu allerlei
Vorfällen gebraucht. Dieses Collegium besteht etwa aus dreißig Familien, die von langer
Zeit her eine halbe Straße bewohnen, die von ihnen den Namen Tsjiosimatz hat. Jhre
Anzahl ist wegen der strengern Regierung der Unterthanen vermehrt worden, und man hat
daher eine Sintsjiosimatz, d. i. die neue Stadtbotenstraße anlegen müssen. Jhr Name
klingt ehrlicher, als ihr eigentliches Geschäft ist, welches im Erhaschen und Bestrafung der
Missethäter besteht, zu deren Enthauptung sie auch zuweilen gebraucht werden. Sie sind
in der Singekunst gut geübt, und wissen auch bewafnete Leute sehr geschikt zu bändigen,
und sie mit großer Behendigkeit halb zu würgen und kraftlos zu machen. Sie sind bestän-
dig mit einem starken Strik versehn. Jhr Amt, so verächtlich es auch wirklich ist, und im
gemeinen Leben gehalten wird, ist doch den Gesetzen nach adelich. Sie sind deshalb auch
beständig mit zwei Schwerdtern bewafnet. Einige aber sind von geringrer Würde, tragen
nur ein Schwerdt und heißen Sadsi. Unter diesen Tsjiosin pflegen allemal die Söhne
das Handwerk der Väter zu lernen, und ihnen deshalb in ihrem Amt zu folgen oder noch
bei ihrem Leben adjungirt zu werden.

Weit
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Zweit. Kap. Von der innern Regierung der Stadt Nangaſacki.
denn wieder die Befehle der Gouverneurs aus ihrem eignen oder der Karoo Munde zu em-
pfangen, und ſie hernach den Toſjijori, oder Ottonas, oder auch den Dolmetſchern der
Fremden zu hinterbringen. Noch haben ſie alles zu beſorgen, was taͤglich von der Stadt-
gemeinheit zum Dienſt des Hofes verlangt wird. Die Geſchaͤfte dieſer Bedienten ſind aus-
nehmend beſchwerlich, und ſie koͤnnen ſelten Dank von den Stathaltern verdienen. Sie
werden wie die Dſjioſin aus den tuͤchtigſten Ottonas erwaͤhlt.

Dies ſind die vornehmſten obrigkeitlichen Perſonen und Beamten der Stadt Nan-
gaſacki;
ſie haben kein Rathhaus oder andre oͤffentliche Wohnung, ſondern ſie kommen
allemal in dem Wohnhauſe des praͤſidirenden Buͤrgermeiſters zuſammen.

Zu Ausfuͤhrung der Befehle der vorigen und Erhaltung guter Ordnung in der
Stadt gehoͤren nun folgende oͤffentliche Bediente:

Die Tjooſj no mono d. i. Stadtbotenvolk; ſie ſind eigentlich beſtaͤndige licto-
res,
die ehmals in beſtaͤndigem Dienſt der Buͤrgermeiſter waren; ſeit aber dieſer ihr An-
ſehn ſo ſehr abgenommen, werden ſie mehr zum Dienſt der Gouverneurs und zu allerlei
Vorfaͤllen gebraucht. Dieſes Collegium beſteht etwa aus dreißig Familien, die von langer
Zeit her eine halbe Straße bewohnen, die von ihnen den Namen Tſjioſimatz hat. Jhre
Anzahl iſt wegen der ſtrengern Regierung der Unterthanen vermehrt worden, und man hat
daher eine Sintſjioſimatz, d. i. die neue Stadtbotenſtraße anlegen muͤſſen. Jhr Name
klingt ehrlicher, als ihr eigentliches Geſchaͤft iſt, welches im Erhaſchen und Beſtrafung der
Miſſethaͤter beſteht, zu deren Enthauptung ſie auch zuweilen gebraucht werden. Sie ſind
in der Singekunſt gut geuͤbt, und wiſſen auch bewafnete Leute ſehr geſchikt zu baͤndigen,
und ſie mit großer Behendigkeit halb zu wuͤrgen und kraftlos zu machen. Sie ſind beſtaͤn-
dig mit einem ſtarken Strik verſehn. Jhr Amt, ſo veraͤchtlich es auch wirklich iſt, und im
gemeinen Leben gehalten wird, iſt doch den Geſetzen nach adelich. Sie ſind deshalb auch
beſtaͤndig mit zwei Schwerdtern bewafnet. Einige aber ſind von geringrer Wuͤrde, tragen
nur ein Schwerdt und heißen Sadſi. Unter dieſen Tſjioſin pflegen allemal die Soͤhne
das Handwerk der Vaͤter zu lernen, und ihnen deshalb in ihrem Amt zu folgen oder noch
bei ihrem Leben adjungirt zu werden.

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[27/0041] Zweit. Kap. Von der innern Regierung der Stadt Nangaſacki. denn wieder die Befehle der Gouverneurs aus ihrem eignen oder der Karoo Munde zu em- pfangen, und ſie hernach den Toſjijori, oder Ottonas, oder auch den Dolmetſchern der Fremden zu hinterbringen. Noch haben ſie alles zu beſorgen, was taͤglich von der Stadt- gemeinheit zum Dienſt des Hofes verlangt wird. Die Geſchaͤfte dieſer Bedienten ſind aus- nehmend beſchwerlich, und ſie koͤnnen ſelten Dank von den Stathaltern verdienen. Sie werden wie die Dſjioſin aus den tuͤchtigſten Ottonas erwaͤhlt. Dies ſind die vornehmſten obrigkeitlichen Perſonen und Beamten der Stadt Nan- gaſacki; ſie haben kein Rathhaus oder andre oͤffentliche Wohnung, ſondern ſie kommen allemal in dem Wohnhauſe des praͤſidirenden Buͤrgermeiſters zuſammen. Zu Ausfuͤhrung der Befehle der vorigen und Erhaltung guter Ordnung in der Stadt gehoͤren nun folgende oͤffentliche Bediente: Die Tjooſj no mono d. i. Stadtbotenvolk; ſie ſind eigentlich beſtaͤndige licto- res, die ehmals in beſtaͤndigem Dienſt der Buͤrgermeiſter waren; ſeit aber dieſer ihr An- ſehn ſo ſehr abgenommen, werden ſie mehr zum Dienſt der Gouverneurs und zu allerlei Vorfaͤllen gebraucht. Dieſes Collegium beſteht etwa aus dreißig Familien, die von langer Zeit her eine halbe Straße bewohnen, die von ihnen den Namen Tſjioſimatz hat. Jhre Anzahl iſt wegen der ſtrengern Regierung der Unterthanen vermehrt worden, und man hat daher eine Sintſjioſimatz, d. i. die neue Stadtbotenſtraße anlegen muͤſſen. Jhr Name klingt ehrlicher, als ihr eigentliches Geſchaͤft iſt, welches im Erhaſchen und Beſtrafung der Miſſethaͤter beſteht, zu deren Enthauptung ſie auch zuweilen gebraucht werden. Sie ſind in der Singekunſt gut geuͤbt, und wiſſen auch bewafnete Leute ſehr geſchikt zu baͤndigen, und ſie mit großer Behendigkeit halb zu wuͤrgen und kraftlos zu machen. Sie ſind beſtaͤn- dig mit einem ſtarken Strik verſehn. Jhr Amt, ſo veraͤchtlich es auch wirklich iſt, und im gemeinen Leben gehalten wird, iſt doch den Geſetzen nach adelich. Sie ſind deshalb auch beſtaͤndig mit zwei Schwerdtern bewafnet. Einige aber ſind von geringrer Wuͤrde, tragen nur ein Schwerdt und heißen Sadſi. Unter dieſen Tſjioſin pflegen allemal die Soͤhne das Handwerk der Vaͤter zu lernen, und ihnen deshalb in ihrem Amt zu folgen oder noch bei ihrem Leben adjungirt zu werden. Weit D 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/41>, abgerufen am 26.04.2024.