Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Elementarlehre. II. Th. Transsc. Logik.
einigem Schein zu behaupten, oder auch nach Belieben
anzufechten.

Eine solche Unterweisung ist der Würde der Philo-
sophie auf keine Weise gemäß. Um deswillen hat man
diese Benennung der Dialectik lieber, als eine Critik des
dialectischen Scheins der Logik beygezählt, und als eine
solche wollen wir sie auch hier verstanden wissen.

IV.
Von der Eintheilung der transsc. Logik
in die
Transscendentale Analytik und Dialectik.

In einer transscendentalen Logik isoliren wir den Ver-
stand, (so wie oben in der transsc. Aesthetik die Sinnlich-
keit) und heben blos den Theil des Denkens aus unserm
Erkentnisse heraus, der lediglich seinen Ursprung in dem
Verstande hat. Der Gebrauch dieser reinen Erkentniß
aber beruhet darauf, als ihrer Bedingung: daß uns Ge-
genstände in der Anschauung gegeben seyn, worauf iene
angewandt werden können. Denn ohne Anschauung fehlt
es aller unserer Erkentniß an Obiecten, und sie bleibt als-
denn völlig leer. Der Theil der transsc. Logik also,
der die Elemente der reinen Verstandeserkentniß vorträgt,
und die Principien, ohne welche überall kein Gegenstand
gedacht werden kan, ist die transscendentale Analytik, und
zugleich eine Logik der Wahrheit. Denn ihr kan keine
Erkentniß widersprechen, ohne daß sie zugleich allen In-

halt

Elementarlehre. II. Th. Transſc. Logik.
einigem Schein zu behaupten, oder auch nach Belieben
anzufechten.

Eine ſolche Unterweiſung iſt der Wuͤrde der Philo-
ſophie auf keine Weiſe gemaͤß. Um deswillen hat man
dieſe Benennung der Dialectik lieber, als eine Critik des
dialectiſchen Scheins der Logik beygezaͤhlt, und als eine
ſolche wollen wir ſie auch hier verſtanden wiſſen.

IV.
Von der Eintheilung der transſc. Logik
in die
Transſcendentale Analytik und Dialectik.

In einer transſcendentalen Logik iſoliren wir den Ver-
ſtand, (ſo wie oben in der transſc. Aeſthetik die Sinnlich-
keit) und heben blos den Theil des Denkens aus unſerm
Erkentniſſe heraus, der lediglich ſeinen Urſprung in dem
Verſtande hat. Der Gebrauch dieſer reinen Erkentniß
aber beruhet darauf, als ihrer Bedingung: daß uns Ge-
genſtaͤnde in der Anſchauung gegeben ſeyn, worauf iene
angewandt werden koͤnnen. Denn ohne Anſchauung fehlt
es aller unſerer Erkentniß an Obiecten, und ſie bleibt als-
denn voͤllig leer. Der Theil der transſc. Logik alſo,
der die Elemente der reinen Verſtandeserkentniß vortraͤgt,
und die Principien, ohne welche uͤberall kein Gegenſtand
gedacht werden kan, iſt die transſcendentale Analytik, und
zugleich eine Logik der Wahrheit. Denn ihr kan keine
Erkentniß widerſprechen, ohne daß ſie zugleich allen In-

halt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0092" n="62"/><fw place="top" type="header">Elementarlehre. <hi rendition="#aq">II.</hi> Th. Trans&#x017F;c. Logik.</fw><lb/>
einigem Schein zu behaupten, oder auch nach Belieben<lb/>
anzufechten.</p><lb/>
              <p>Eine &#x017F;olche Unterwei&#x017F;ung i&#x017F;t der Wu&#x0364;rde der Philo-<lb/>
&#x017F;ophie auf keine Wei&#x017F;e gema&#x0364;ß. Um deswillen hat man<lb/>
die&#x017F;e Benennung der Dialectik lieber, als eine Critik des<lb/>
dialecti&#x017F;chen Scheins der Logik beygeza&#x0364;hlt, und als eine<lb/>
&#x017F;olche wollen wir &#x017F;ie auch hier ver&#x017F;tanden wi&#x017F;&#x017F;en.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#aq">IV.</hi><lb/><hi rendition="#b">Von der Eintheilung der trans&#x017F;c. Logik</hi><lb/><hi rendition="#g">in die</hi><lb/><hi rendition="#b">Trans&#x017F;cendentale Analytik</hi> und <hi rendition="#b">Dialectik.</hi></head><lb/>
              <p>In einer trans&#x017F;cendentalen Logik i&#x017F;oliren wir den Ver-<lb/>
&#x017F;tand, (&#x017F;o wie oben in der trans&#x017F;c. Ae&#x017F;thetik die Sinnlich-<lb/>
keit) und heben blos den Theil des Denkens aus un&#x017F;erm<lb/>
Erkentni&#x017F;&#x017F;e heraus, der lediglich &#x017F;einen Ur&#x017F;prung in dem<lb/>
Ver&#x017F;tande hat. Der Gebrauch die&#x017F;er reinen Erkentniß<lb/>
aber beruhet darauf, als ihrer Bedingung: daß uns Ge-<lb/>
gen&#x017F;ta&#x0364;nde in der An&#x017F;chauung gegeben &#x017F;eyn, worauf iene<lb/>
angewandt werden ko&#x0364;nnen. Denn ohne An&#x017F;chauung fehlt<lb/>
es aller un&#x017F;erer Erkentniß an Obiecten, und &#x017F;ie bleibt als-<lb/>
denn vo&#x0364;llig leer. Der Theil der trans&#x017F;c. Logik al&#x017F;o,<lb/>
der die Elemente der reinen Ver&#x017F;tandeserkentniß vortra&#x0364;gt,<lb/>
und die Principien, ohne welche u&#x0364;berall kein Gegen&#x017F;tand<lb/>
gedacht werden kan, i&#x017F;t die trans&#x017F;cendentale Analytik, und<lb/>
zugleich eine Logik der Wahrheit. Denn ihr kan keine<lb/>
Erkentniß wider&#x017F;prechen, ohne daß &#x017F;ie zugleich allen In-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">halt</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0092] Elementarlehre. II. Th. Transſc. Logik. einigem Schein zu behaupten, oder auch nach Belieben anzufechten. Eine ſolche Unterweiſung iſt der Wuͤrde der Philo- ſophie auf keine Weiſe gemaͤß. Um deswillen hat man dieſe Benennung der Dialectik lieber, als eine Critik des dialectiſchen Scheins der Logik beygezaͤhlt, und als eine ſolche wollen wir ſie auch hier verſtanden wiſſen. IV. Von der Eintheilung der transſc. Logik in die Transſcendentale Analytik und Dialectik. In einer transſcendentalen Logik iſoliren wir den Ver- ſtand, (ſo wie oben in der transſc. Aeſthetik die Sinnlich- keit) und heben blos den Theil des Denkens aus unſerm Erkentniſſe heraus, der lediglich ſeinen Urſprung in dem Verſtande hat. Der Gebrauch dieſer reinen Erkentniß aber beruhet darauf, als ihrer Bedingung: daß uns Ge- genſtaͤnde in der Anſchauung gegeben ſeyn, worauf iene angewandt werden koͤnnen. Denn ohne Anſchauung fehlt es aller unſerer Erkentniß an Obiecten, und ſie bleibt als- denn voͤllig leer. Der Theil der transſc. Logik alſo, der die Elemente der reinen Verſtandeserkentniß vortraͤgt, und die Principien, ohne welche uͤberall kein Gegenſtand gedacht werden kan, iſt die transſcendentale Analytik, und zugleich eine Logik der Wahrheit. Denn ihr kan keine Erkentniß widerſprechen, ohne daß ſie zugleich allen In- halt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/92
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/92>, abgerufen am 27.04.2024.