Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Ehe Sehe Stand Brand Klage Plage Einerlei
Entzwei Denker Henker Qual Wahl.



Halberstadt, den 21. Febr. 1762.
Verwünschte Heiligkeit der Ehe!
Ich zittre, wenn ich noch im Geist zurücke sehe,
Abscheulich war der Sclavenstand,
Ein nur mit Menschenhaut bezogner Höllenbrand
Trat herrisch vor mir hin und brüllte meine Klage
Mit bitterm Spotte nach, und war geborne Plage
Für mein so sanftes Herz; mein ewig Einerlei
Blieb er zehn volle Jahr, riß oft ein Blatt entzwei,
Ganz von Gedanken voll, denn dieser Mann, kein
Denker,
War fehlbar durch den Rausch, war meines Lebens
Henker,
Sein Gang, sein Wort, sein Blick, war alles meine
Qual,
O Gott! behüte mich für eine Mannes-Wahl.



U 5

Ehe Sehe Stand Brand Klage Plage Einerlei
Entzwei Denker Henker Qual Wahl.



Halberſtadt, den 21. Febr. 1762.
Verwuͤnſchte Heiligkeit der Ehe!
Ich zittre, wenn ich noch im Geiſt zuruͤcke ſehe,
Abſcheulich war der Sclavenſtand,
Ein nur mit Menſchenhaut bezogner Hoͤllenbrand
Trat herriſch vor mir hin und bruͤllte meine Klage
Mit bitterm Spotte nach, und war geborne Plage
Fuͤr mein ſo ſanftes Herz; mein ewig Einerlei
Blieb er zehn volle Jahr, riß oft ein Blatt entzwei,
Ganz von Gedanken voll, denn dieſer Mann, kein
Denker,
War fehlbar durch den Rauſch, war meines Lebens
Henker,
Sein Gang, ſein Wort, ſein Blick, war alles meine
Qual,
O Gott! behuͤte mich fuͤr eine Mannes-Wahl.



U 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0473" n="313"/>
          <div n="3">
            <p>Ehe Sehe Stand Brand Klage Plage Einerlei<lb/>
Entzwei Denker Henker Qual Wahl.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head>
                <date> <hi rendition="#c">Halber&#x017F;tadt, den 21. Febr. 1762.</hi> </date>
              </head><lb/>
              <lg type="poem">
                <l><hi rendition="#in">V</hi>erwu&#x0364;n&#x017F;chte Heiligkeit der Ehe!</l><lb/>
                <l>Ich zittre, wenn ich noch im Gei&#x017F;t zuru&#x0364;cke &#x017F;ehe,</l><lb/>
                <l>Ab&#x017F;cheulich war der Sclaven&#x017F;tand,</l><lb/>
                <l>Ein nur mit Men&#x017F;chenhaut bezogner Ho&#x0364;llenbrand</l><lb/>
                <l>Trat herri&#x017F;ch vor mir hin und bru&#x0364;llte meine Klage</l><lb/>
                <l>Mit bitterm Spotte nach, und war geborne Plage</l><lb/>
                <l>Fu&#x0364;r mein &#x017F;o &#x017F;anftes Herz; mein ewig Einerlei</l><lb/>
                <l>Blieb er zehn volle Jahr, riß oft ein Blatt entzwei,</l><lb/>
                <l>Ganz von Gedanken voll, denn die&#x017F;er Mann, kein</l><lb/>
                <l>Denker,</l><lb/>
                <l>War fehlbar durch den Rau&#x017F;ch, war meines Lebens</l><lb/>
                <l>Henker,</l><lb/>
                <l>Sein Gang, &#x017F;ein Wort, &#x017F;ein Blick, war alles meine</l><lb/>
                <l>Qual,</l><lb/>
                <l>O Gott! behu&#x0364;te mich fu&#x0364;r eine Mannes-Wahl.</l>
              </lg>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="sig">U 5</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0473] Ehe Sehe Stand Brand Klage Plage Einerlei Entzwei Denker Henker Qual Wahl. Halberſtadt, den 21. Febr. 1762. Verwuͤnſchte Heiligkeit der Ehe! Ich zittre, wenn ich noch im Geiſt zuruͤcke ſehe, Abſcheulich war der Sclavenſtand, Ein nur mit Menſchenhaut bezogner Hoͤllenbrand Trat herriſch vor mir hin und bruͤllte meine Klage Mit bitterm Spotte nach, und war geborne Plage Fuͤr mein ſo ſanftes Herz; mein ewig Einerlei Blieb er zehn volle Jahr, riß oft ein Blatt entzwei, Ganz von Gedanken voll, denn dieſer Mann, kein Denker, War fehlbar durch den Rauſch, war meines Lebens Henker, Sein Gang, ſein Wort, ſein Blick, war alles meine Qual, O Gott! behuͤte mich fuͤr eine Mannes-Wahl. U 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/473
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/473>, abgerufen am 26.04.2024.