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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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III. Abtheilung.
merken, daß auch der geküßte Gegenstand zu dem
lauteren Schallen beyträgt, weil er in dem Augen-
blick, wenn unsere Lippen voneinander abspringen,
noch nicht weit genug entfernet ist, folglich der ein-
dringenden Luft noch im Wege steht, so, daß sie sich
zwischen den küssenden und geküßten Körper durch-
zwängen muß, welches dem Schalle eine noch grös-
sere Lebhaftigkeit gibt. Man versuch es, einen Kuß
ohne Gegenstand in die freye Luft hinzuwerfen, man
wird da zwar auch einen Schall hören, aber er
wird nie so lebhaft, und hellklatschend seyn, wie
jener.

Bey dem leisen Küssen ist nur der Unterschied,
daß man da die Lippen nicht so fest auf seinen Ge-
genstand aufdrückt, und den Athem nicht so gewal-
tig an sich zieht. Zuweilen fährt man auch hier-
bey mit dem Kopfe nicht zurück, sondern bleibt mit
den Lippen angeschlossen, zieht sie aber etwas von
einander und läßt die Luft auf beyden Seiten ein-
dringen. Jn welchen Fällen dann auch der Schall
nicht mehr so laut ist.

Nach

III. Abtheilung.
merken, daß auch der gekuͤßte Gegenſtand zu dem
lauteren Schallen beytraͤgt, weil er in dem Augen-
blick, wenn unſere Lippen voneinander abſpringen,
noch nicht weit genug entfernet iſt, folglich der ein-
dringenden Luft noch im Wege ſteht, ſo, daß ſie ſich
zwiſchen den kuͤſſenden und gekuͤßten Koͤrper durch-
zwaͤngen muß, welches dem Schalle eine noch groͤſ-
ſere Lebhaftigkeit gibt. Man verſuch es, einen Kuß
ohne Gegenſtand in die freye Luft hinzuwerfen, man
wird da zwar auch einen Schall hoͤren, aber er
wird nie ſo lebhaft, und hellklatſchend ſeyn, wie
jener.

Bey dem leiſen Kuͤſſen iſt nur der Unterſchied,
daß man da die Lippen nicht ſo feſt auf ſeinen Ge-
genſtand aufdruͤckt, und den Athem nicht ſo gewal-
tig an ſich zieht. Zuweilen faͤhrt man auch hier-
bey mit dem Kopfe nicht zuruͤck, ſondern bleibt mit
den Lippen angeſchloſſen, zieht ſie aber etwas von
einander und laͤßt die Luft auf beyden Seiten ein-
dringen. Jn welchen Faͤllen dann auch der Schall
nicht mehr ſo laut iſt.

Nach
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[172/0218] III. Abtheilung. merken, daß auch der gekuͤßte Gegenſtand zu dem lauteren Schallen beytraͤgt, weil er in dem Augen- blick, wenn unſere Lippen voneinander abſpringen, noch nicht weit genug entfernet iſt, folglich der ein- dringenden Luft noch im Wege ſteht, ſo, daß ſie ſich zwiſchen den kuͤſſenden und gekuͤßten Koͤrper durch- zwaͤngen muß, welches dem Schalle eine noch groͤſ- ſere Lebhaftigkeit gibt. Man verſuch es, einen Kuß ohne Gegenſtand in die freye Luft hinzuwerfen, man wird da zwar auch einen Schall hoͤren, aber er wird nie ſo lebhaft, und hellklatſchend ſeyn, wie jener. Bey dem leiſen Kuͤſſen iſt nur der Unterſchied, daß man da die Lippen nicht ſo feſt auf ſeinen Ge- genſtand aufdruͤckt, und den Athem nicht ſo gewal- tig an ſich zieht. Zuweilen faͤhrt man auch hier- bey mit dem Kopfe nicht zuruͤck, ſondern bleibt mit den Lippen angeſchloſſen, zieht ſie aber etwas von einander und laͤßt die Luft auf beyden Seiten ein- dringen. Jn welchen Faͤllen dann auch der Schall nicht mehr ſo laut iſt. Nach

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/218>, abgerufen am 26.04.2024.