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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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Von den Lauten oder Buchstaben.
ter heraus zu bringen, die Stimme nicht aus meh-
reren, sondern immer aus einer und derselben Röh-
re herausgehen müße, so besorgte ich, daß ein sol-
ches aus einer besonderen Röhre bestehendes i nicht
viel zu meiner Absicht taugen könnte, und daß ich
mir unnöthige Kosten machen würde; zu dem kam
im folgenden Jahre eben ein Gelehrter aus Peters-
burg hierher, der die Kratzensteinische Orgel gehört
hatte, und den ich auch meine Sprachmaschine hö-
ren ließ: dieser versicherte mich, daß die kratzenstei-
nischen Vokale eben nicht besser und vernehmlicher
als die meinen wären, und so stand ich von mei-
nem Vorhaben ab. Nicht lange darauf fand ich auf
meiner Maschine auch das i. Jnzwischen muß ich doch
gestehn, daß es für mich doch immer äusserst interes-
sant wäre das kratzensteinische Jnstrument zu hören,
und zu sehen(*).

Dieses
(*) Da eben hier die Rede von dem Selbstlauter i ist,
so muß ich doch eine lustige Anekdote hier erzählen.
Jn * * * kam ein vornehmer durch prächtige Equipage
und Ordensbänder ausgezeichneter Herr zu mir, und
bat mich ihn meine sprechende Maschine, die dazumal
noch ziemlich mangelhaft war, hören zu lassen, beson-
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Von den Lauten oder Buchſtaben.
ter heraus zu bringen, die Stimme nicht aus meh-
reren, ſondern immer aus einer und derſelben Roͤh-
re herausgehen muͤße, ſo beſorgte ich, daß ein ſol-
ches aus einer beſonderen Roͤhre beſtehendes i nicht
viel zu meiner Abſicht taugen koͤnnte, und daß ich
mir unnoͤthige Koſten machen wuͤrde; zu dem kam
im folgenden Jahre eben ein Gelehrter aus Peters-
burg hierher, der die Kratzenſteiniſche Orgel gehoͤrt
hatte, und den ich auch meine Sprachmaſchine hoͤ-
ren ließ: dieſer verſicherte mich, daß die kratzenſtei-
niſchen Vokale eben nicht beſſer und vernehmlicher
als die meinen waͤren, und ſo ſtand ich von mei-
nem Vorhaben ab. Nicht lange darauf fand ich auf
meiner Maſchine auch das i. Jnzwiſchen muß ich doch
geſtehn, daß es fuͤr mich doch immer aͤuſſerſt intereſ-
ſant waͤre das kratzenſteiniſche Jnſtrument zu hoͤren,
und zu ſehen(*).

Dieſes
(*) Da eben hier die Rede von dem Selbſtlauter i iſt,
ſo muß ich doch eine luſtige Anekdote hier erzaͤhlen.
Jn * * * kam ein vornehmer durch praͤchtige Equipage
und Ordensbaͤnder ausgezeichneter Herr zu mir, und
bat mich ihn meine ſprechende Maſchine, die dazumal
noch ziemlich mangelhaft war, hoͤren zu laſſen, beſon-
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[199/0247] Von den Lauten oder Buchſtaben. ter heraus zu bringen, die Stimme nicht aus meh- reren, ſondern immer aus einer und derſelben Roͤh- re herausgehen muͤße, ſo beſorgte ich, daß ein ſol- ches aus einer beſonderen Roͤhre beſtehendes i nicht viel zu meiner Abſicht taugen koͤnnte, und daß ich mir unnoͤthige Koſten machen wuͤrde; zu dem kam im folgenden Jahre eben ein Gelehrter aus Peters- burg hierher, der die Kratzenſteiniſche Orgel gehoͤrt hatte, und den ich auch meine Sprachmaſchine hoͤ- ren ließ: dieſer verſicherte mich, daß die kratzenſtei- niſchen Vokale eben nicht beſſer und vernehmlicher als die meinen waͤren, und ſo ſtand ich von mei- nem Vorhaben ab. Nicht lange darauf fand ich auf meiner Maſchine auch das i. Jnzwiſchen muß ich doch geſtehn, daß es fuͤr mich doch immer aͤuſſerſt intereſ- ſant waͤre das kratzenſteiniſche Jnſtrument zu hoͤren, und zu ſehen (*). Dieſes (*) Da eben hier die Rede von dem Selbſtlauter i iſt, ſo muß ich doch eine luſtige Anekdote hier erzaͤhlen. Jn * * * kam ein vornehmer durch praͤchtige Equipage und Ordensbaͤnder ausgezeichneter Herr zu mir, und bat mich ihn meine ſprechende Maſchine, die dazumal noch ziemlich mangelhaft war, hoͤren zu laſſen, beſon- N 4

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/247>, abgerufen am 27.04.2024.