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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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IV. Abtheilung.
Oscillation oder Vibration macht. Hier kann das
Mundstück eines Klarinets zum Beyspiele dienen,
dessen Rohrblat gewiß nicht durch Muskeln, sondern
bloß durch das Eindringen des Windes, und durch
eine wechselseitige Entgegensträubung der dem Rohr
eigenen Schnellkraft zum Zittern gebracht wird.
Weiters ist zu betrachten, daß zwischen der Stärke
der Luft, mit der sie sich durchzudrängen bestrebt,
und dem Widerstand der Zunge, die sie daran zu
verhindern trachtet, ein gewißes bestimmtes Verhält-
niß seyn muß, so, daß das Eine kein merkliches Ui-
bergewicht über das Andere haben darf, sonst bleibt
die Zunge entweder ganz fest an dem Gaumen han-
gen, oder die Uibergewalt der Luft hält sie von
dem Gaumen beständig entfernet; abermal wie bey
dem Klarinet. Wenn dessen Rohrblatt mit den
Lippen etwas mehr zusammengedrückt wird, so
muß man mit mehr Gewalt darein blasen, wenn
es ansprechen soll. Wird das Rohr hingegen zu
wenig niedergedrückt, und mit allzugroßer Gewalt
darein geblasen, so verstummet es ganz.

Der Mangel dieses Gleichgewichtes, welches

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IV. Abtheilung.
Oscillation oder Vibration macht. Hier kann das
Mundſtuͤck eines Klarinets zum Beyſpiele dienen,
deſſen Rohrblat gewiß nicht durch Muſkeln, ſondern
bloß durch das Eindringen des Windes, und durch
eine wechſelſeitige Entgegenſtraͤubung der dem Rohr
eigenen Schnellkraft zum Zittern gebracht wird.
Weiters iſt zu betrachten, daß zwiſchen der Staͤrke
der Luft, mit der ſie ſich durchzudraͤngen beſtrebt,
und dem Widerſtand der Zunge, die ſie daran zu
verhindern trachtet, ein gewißes beſtimmtes Verhaͤlt-
niß ſeyn muß, ſo, daß das Eine kein merkliches Ui-
bergewicht uͤber das Andere haben darf, ſonſt bleibt
die Zunge entweder ganz feſt an dem Gaumen han-
gen, oder die Uibergewalt der Luft haͤlt ſie von
dem Gaumen beſtaͤndig entfernet; abermal wie bey
dem Klarinet. Wenn deſſen Rohrblatt mit den
Lippen etwas mehr zuſammengedruͤckt wird, ſo
muß man mit mehr Gewalt darein blaſen, wenn
es anſprechen ſoll. Wird das Rohr hingegen zu
wenig niedergedruͤckt, und mit allzugroßer Gewalt
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Der Mangel dieſes Gleichgewichtes, welches

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[324/0386] IV. Abtheilung. Oscillation oder Vibration macht. Hier kann das Mundſtuͤck eines Klarinets zum Beyſpiele dienen, deſſen Rohrblat gewiß nicht durch Muſkeln, ſondern bloß durch das Eindringen des Windes, und durch eine wechſelſeitige Entgegenſtraͤubung der dem Rohr eigenen Schnellkraft zum Zittern gebracht wird. Weiters iſt zu betrachten, daß zwiſchen der Staͤrke der Luft, mit der ſie ſich durchzudraͤngen beſtrebt, und dem Widerſtand der Zunge, die ſie daran zu verhindern trachtet, ein gewißes beſtimmtes Verhaͤlt- niß ſeyn muß, ſo, daß das Eine kein merkliches Ui- bergewicht uͤber das Andere haben darf, ſonſt bleibt die Zunge entweder ganz feſt an dem Gaumen han- gen, oder die Uibergewalt der Luft haͤlt ſie von dem Gaumen beſtaͤndig entfernet; abermal wie bey dem Klarinet. Wenn deſſen Rohrblatt mit den Lippen etwas mehr zuſammengedruͤckt wird, ſo muß man mit mehr Gewalt darein blaſen, wenn es anſprechen ſoll. Wird das Rohr hingegen zu wenig niedergedruͤckt, und mit allzugroßer Gewalt darein geblaſen, ſo verſtummet es ganz. Der Mangel dieſes Gleichgewichtes, welches vie-

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/386>, abgerufen am 27.04.2024.