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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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trocknete. Ich beschloß in dem Augenblicke
teuflisch genug, ihm noch, wo möglich, diese
Nacht seine Frau in die hochnothpeinliche Hals-
gerichtsordnung auszuliefern, damit er Macht
über sie erhielte.

Es währte nun auch gar nicht lange, als
mein Mars zu seiner Venus schlich. Mir
fehlte zum Vulkan, da ich von Natur hinkte,
und nicht zum Besten aussah, eben wenig
mehr, als das goldne Nez, indeß beschloß ich,
in Ermangelung dessen, einige goldene Wahr-
heiten und Sittensprüchlein anzuwenden. An-
fänglich ging es ganz leidlich zu; mein Bur-
sche sündigte blos an der Poesie durch eine
zu materielle Tendenz seiner Schilderungen;
er malte einen Himmel voll Nymphen und sich
nekkender Liebesgötter an den Betthimmel un-
ter dem er zu ruhen gedachte, den Weg da-
hin bestreute er mit Vexirrosen, die er zahl-
reich in zierlichen Redefloskeln von sich warf,
und die Dornen die ihm dann und wann die

trocknete. Ich beſchloß in dem Augenblicke
teufliſch genug, ihm noch, wo moͤglich, dieſe
Nacht ſeine Frau in die hochnothpeinliche Hals-
gerichtsordnung auszuliefern, damit er Macht
uͤber ſie erhielte.

Es waͤhrte nun auch gar nicht lange, als
mein Mars zu ſeiner Venus ſchlich. Mir
fehlte zum Vulkan, da ich von Natur hinkte,
und nicht zum Beſten ausſah, eben wenig
mehr, als das goldne Nez, indeß beſchloß ich,
in Ermangelung deſſen, einige goldene Wahr-
heiten und Sittenſpruͤchlein anzuwenden. An-
faͤnglich ging es ganz leidlich zu; mein Bur-
ſche ſuͤndigte blos an der Poeſie durch eine
zu materielle Tendenz ſeiner Schilderungen;
er malte einen Himmel voll Nymphen und ſich
nekkender Liebesgoͤtter an den Betthimmel un-
ter dem er zu ruhen gedachte, den Weg da-
hin beſtreute er mit Vexirroſen, die er zahl-
reich in zierlichen Redefloskeln von ſich warf,
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[36/0036] trocknete. Ich beſchloß in dem Augenblicke teufliſch genug, ihm noch, wo moͤglich, dieſe Nacht ſeine Frau in die hochnothpeinliche Hals- gerichtsordnung auszuliefern, damit er Macht uͤber ſie erhielte. Es waͤhrte nun auch gar nicht lange, als mein Mars zu ſeiner Venus ſchlich. Mir fehlte zum Vulkan, da ich von Natur hinkte, und nicht zum Beſten ausſah, eben wenig mehr, als das goldne Nez, indeß beſchloß ich, in Ermangelung deſſen, einige goldene Wahr- heiten und Sittenſpruͤchlein anzuwenden. An- faͤnglich ging es ganz leidlich zu; mein Bur- ſche ſuͤndigte blos an der Poeſie durch eine zu materielle Tendenz ſeiner Schilderungen; er malte einen Himmel voll Nymphen und ſich nekkender Liebesgoͤtter an den Betthimmel un- ter dem er zu ruhen gedachte, den Weg da- hin beſtreute er mit Vexirroſen, die er zahl- reich in zierlichen Redefloskeln von ſich warf, und die Dornen die ihm dann und wann die

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/36>, abgerufen am 27.04.2024.