Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite

Das hörte sein zweyter Sohn, Kunimund, und fing
an die Longobarden beleidigend anzureden. Jhr
seyd (sie hatten ihre Sohlen mit weissen Bändern
befestigt) ihr seyd den Stuten gleich, die auch weisse
Füsse haben.

Ein Longobarde rief: Komm hin auf das Schlacht-
feld, und sieh da, wie die Stuten ausgeschlagen ha-
ben, und wie die Gebeine deines Bruders, gleich
den Knochen eines schlechten Gauls, auf dem Anger
umher liegen.

Die Gepiden entbranten, und machten Bewe-
gungen, mit dem Schwerte zu antworten. Auch
die Longobarden hatten den Grif ihrer Schwerter
gefast. Turisend sprang auf, lief unter sie hinein,
und rufte, daß Gott kein Sieg gefalle, durch den
man den Feind am eignen Heerde überwinde. Sie
sezten sich wieder zum Mahle, und waren so froh,
als sie seyn konten. Turisend nahm die Waffen sei-
nes Sohns, und gab sie Albönen. Dieser kam zu
seinem Vater, trank aus seiner Schale, und erzählte
ihm von den mitgebrachten Waffen. Alle, die zu-
gegen waren, priesen den kühnen Albön, und den
edelmütigen Turisend.

Der Rhein zur Gränze.

Hermann that, nach Teutoburgs Schlacht, den
Zug nicht, vor dem August, und die ewige Stadt
zitterten. Jhm, der auch hierinn ein Deutscher
war, galt das Grosse der gewissen Ausführung, vor
dem Grösseren der ungewissen. Er ließ, die Be-
freyung zu vollenden, hundert Römerfesten gen Him-
mel aufflammen, so viele Male für ihn, aber die,

gleich

Das hoͤrte ſein zweyter Sohn, Kunimund, und fing
an die Longobarden beleidigend anzureden. Jhr
ſeyd (ſie hatten ihre Sohlen mit weiſſen Baͤndern
befeſtigt) ihr ſeyd den Stuten gleich, die auch weiſſe
Fuͤſſe haben.

Ein Longobarde rief: Komm hin auf das Schlacht-
feld, und ſieh da, wie die Stuten ausgeſchlagen ha-
ben, und wie die Gebeine deines Bruders, gleich
den Knochen eines ſchlechten Gauls, auf dem Anger
umher liegen.

Die Gepiden entbranten, und machten Bewe-
gungen, mit dem Schwerte zu antworten. Auch
die Longobarden hatten den Grif ihrer Schwerter
gefaſt. Turiſend ſprang auf, lief unter ſie hinein,
und rufte, daß Gott kein Sieg gefalle, durch den
man den Feind am eignen Heerde uͤberwinde. Sie
ſezten ſich wieder zum Mahle, und waren ſo froh,
als ſie ſeyn konten. Turiſend nahm die Waffen ſei-
nes Sohns, und gab ſie Alboͤnen. Dieſer kam zu
ſeinem Vater, trank aus ſeiner Schale, und erzaͤhlte
ihm von den mitgebrachten Waffen. Alle, die zu-
gegen waren, prieſen den kuͤhnen Alboͤn, und den
edelmuͤtigen Turiſend.

Der Rhein zur Graͤnze.

Hermann that, nach Teutoburgs Schlacht, den
Zug nicht, vor dem Auguſt, und die ewige Stadt
zitterten. Jhm, der auch hierinn ein Deutſcher
war, galt das Groſſe der gewiſſen Ausfuͤhrung, vor
dem Groͤſſeren der ungewiſſen. Er ließ, die Be-
freyung zu vollenden, hundert Roͤmerfeſten gen Him-
mel aufflammen, ſo viele Male fuͤr ihn, aber die,

gleich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0372" n="296"/>
            <p>Das ho&#x0364;rte &#x017F;ein zweyter Sohn, Kunimund, und fing<lb/>
an die Longobarden beleidigend anzureden. Jhr<lb/>
&#x017F;eyd (&#x017F;ie hatten ihre Sohlen mit wei&#x017F;&#x017F;en Ba&#x0364;ndern<lb/>
befe&#x017F;tigt) ihr &#x017F;eyd den Stuten gleich, die auch wei&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e haben.</p><lb/>
            <p>Ein Longobarde rief: Komm hin auf das Schlacht-<lb/>
feld, und &#x017F;ieh da, wie die Stuten ausge&#x017F;chlagen ha-<lb/>
ben, und wie die Gebeine deines Bruders, gleich<lb/>
den Knochen eines &#x017F;chlechten Gauls, auf dem Anger<lb/>
umher liegen.</p><lb/>
            <p>Die Gepiden entbranten, und machten Bewe-<lb/>
gungen, mit dem Schwerte zu antworten. Auch<lb/>
die Longobarden hatten den Grif ihrer Schwerter<lb/>
gefa&#x017F;t. Turi&#x017F;end &#x017F;prang auf, lief unter &#x017F;ie hinein,<lb/>
und rufte, daß Gott kein Sieg gefalle, durch den<lb/>
man den Feind am eignen Heerde u&#x0364;berwinde. Sie<lb/>
&#x017F;ezten &#x017F;ich wieder zum Mahle, und waren &#x017F;o froh,<lb/>
als &#x017F;ie &#x017F;eyn konten. Turi&#x017F;end nahm die Waffen &#x017F;ei-<lb/>
nes Sohns, und gab &#x017F;ie Albo&#x0364;nen. Die&#x017F;er kam zu<lb/>
&#x017F;einem Vater, trank aus &#x017F;einer Schale, und erza&#x0364;hlte<lb/>
ihm von den mitgebrachten Waffen. Alle, die zu-<lb/>
gegen waren, prie&#x017F;en den ku&#x0364;hnen Albo&#x0364;n, und den<lb/>
edelmu&#x0364;tigen Turi&#x017F;end.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Der Rhein zur Gra&#x0364;nze.</hi> </head><lb/>
            <p>Hermann that, nach Teutoburgs Schlacht, den<lb/>
Zug nicht, vor dem Augu&#x017F;t, und die ewige Stadt<lb/>
zitterten. Jhm, der auch hierinn ein Deut&#x017F;cher<lb/>
war, galt das Gro&#x017F;&#x017F;e der gewi&#x017F;&#x017F;en Ausfu&#x0364;hrung, vor<lb/>
dem Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;eren der ungewi&#x017F;&#x017F;en. Er ließ, die Be-<lb/>
freyung zu vollenden, hundert Ro&#x0364;merfe&#x017F;ten gen Him-<lb/>
mel aufflammen, &#x017F;o viele Male fu&#x0364;r ihn, aber die,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gleich</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0372] Das hoͤrte ſein zweyter Sohn, Kunimund, und fing an die Longobarden beleidigend anzureden. Jhr ſeyd (ſie hatten ihre Sohlen mit weiſſen Baͤndern befeſtigt) ihr ſeyd den Stuten gleich, die auch weiſſe Fuͤſſe haben. Ein Longobarde rief: Komm hin auf das Schlacht- feld, und ſieh da, wie die Stuten ausgeſchlagen ha- ben, und wie die Gebeine deines Bruders, gleich den Knochen eines ſchlechten Gauls, auf dem Anger umher liegen. Die Gepiden entbranten, und machten Bewe- gungen, mit dem Schwerte zu antworten. Auch die Longobarden hatten den Grif ihrer Schwerter gefaſt. Turiſend ſprang auf, lief unter ſie hinein, und rufte, daß Gott kein Sieg gefalle, durch den man den Feind am eignen Heerde uͤberwinde. Sie ſezten ſich wieder zum Mahle, und waren ſo froh, als ſie ſeyn konten. Turiſend nahm die Waffen ſei- nes Sohns, und gab ſie Alboͤnen. Dieſer kam zu ſeinem Vater, trank aus ſeiner Schale, und erzaͤhlte ihm von den mitgebrachten Waffen. Alle, die zu- gegen waren, prieſen den kuͤhnen Alboͤn, und den edelmuͤtigen Turiſend. Der Rhein zur Graͤnze. Hermann that, nach Teutoburgs Schlacht, den Zug nicht, vor dem Auguſt, und die ewige Stadt zitterten. Jhm, der auch hierinn ein Deutſcher war, galt das Groſſe der gewiſſen Ausfuͤhrung, vor dem Groͤſſeren der ungewiſſen. Er ließ, die Be- freyung zu vollenden, hundert Roͤmerfeſten gen Him- mel aufflammen, ſo viele Male fuͤr ihn, aber die, gleich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/372
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/372>, abgerufen am 26.04.2024.