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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Besondere Thierzuchtlehre.
bunden, daß die Schafe weniger leicht bockig werden, wenn nicht für gutes Futter
und warmen Stall gesorgt wird. Das Ablammen ist umständlicher, da die hoch-
trächtigen Thiere und die abgelammten Mutterschafe in der ersten Zeit im Stalle
gehalten werden müssen. Das Waschen der hochträchtigen Thiere verlangt gleichfalls
besondere Sorgfalt. Unerläßlich für die Einhaltung der Sommerlammung sind
daher dem Stalle nahegelegene Weiden für die hochträchtigen Mutterschafe, und ein
angemessener Futtervorrath, um die Thiere in der ersten Zeit und während der Regen-
tage im Stalle füttern zu können.

Die Herbstlammung kommt selten zur Durchführung.

Um die Vortheile der Sommer- und Winterlammung zu vereinigen, hat man
die Einhaltung beider Lammzeiten empfohlen. Es erhöht sich dann allerdings der
Arbeitsaufwand beträchtlich; dagegen hat man den beachtenswerthen Vortheil, daß
übergangene Schafe zum zweiten Sprunge kommen können und kostspielige Zuchtböcke
besser ausgenutzt werden.

In der Mehrzahl der Fälle wird die Sommerlammung zu empfehlen sein.
Bei einem Uebergange von einer Lammzeit zur andern, z. B. von der Winter- zur
Sommerlammung hat man allmählig die Sprungzeit früher zu nehmen, bis unter-
stützt durch reichliche Ernährung der Uebergang nach zwei Jahren vollzogen ist.

5. Die Aufzucht.

Für die kräftige Entwickelung der Lämmer hat man schon durch eine entsprechende
Behandlung der trächtigen Mutterschafe zu sorgen. Bald nach dem Belegen ist die
Pflege der Mutterschafe zu erhöhen und denselben gutes Futter in ausreichender
Menge vorzulegen. Weiden auf nassen Plätzen, auf bereiften Wintersaaten, Verab-
reichen von verschimmeltem Heu, rohem und gefrornem Wurzelwerke, plötzlicher Ueber-
gang von einem Futter zu einem andern sind zu vermeiden. Nachdem das Nerven-
system trächtiger Mutterschafe ohnehin mehr erregt ist, soll jedes Hetzen, Drängen
und Stoßen hintangehalten, überhaupt eine sanfte Behandlung gewährt werden. Zur
Berhütung des Drängens theile man die Heerden in Abtheilungen von je 50--60
Stücke, außerdem empfiehlt es sich, Rundraufen aufzustellen, um ein Drängen
während des Fütterns nach Möglichkeit hintanzuhalten.

Rückt die Lammzeit heran, so bildet man an der Wand des Schafstalles Kauen
von 0.8--1 #Meter Flächenraum, in welche die Mütter mit ihrem Lamme 1--3
Tage eingestellt werden, um sie leichter beaufsichtigen zu können. Für 100 Schafe
reichen 6--7 solcher Abtheilungen aus. Gleichzeitig trennt man die Heerde mit
Hürden in Abtheilungen. In eine Abtheilung kommen die Schafe, welche bereits
abgelammt haben, in eine andere jene, welche hochträchtig und in eine dritte jene,
welche erst nach einiger Zeit lammen werden.

Die Lammung geht meist leicht ohne Hilfe vor sich, höchstens, daß man die
Nabelschnur nicht zu knapp am Lamme abzureißen hat. Will das Mutterschaf,
namentlich die Erstlingsmutter, das Lamm nicht ablecken, so bestreut man letzteres

Beſondere Thierzuchtlehre.
bunden, daß die Schafe weniger leicht bockig werden, wenn nicht für gutes Futter
und warmen Stall geſorgt wird. Das Ablammen iſt umſtändlicher, da die hoch-
trächtigen Thiere und die abgelammten Mutterſchafe in der erſten Zeit im Stalle
gehalten werden müſſen. Das Waſchen der hochträchtigen Thiere verlangt gleichfalls
beſondere Sorgfalt. Unerläßlich für die Einhaltung der Sommerlammung ſind
daher dem Stalle nahegelegene Weiden für die hochträchtigen Mutterſchafe, und ein
angemeſſener Futtervorrath, um die Thiere in der erſten Zeit und während der Regen-
tage im Stalle füttern zu können.

Die Herbſtlammung kommt ſelten zur Durchführung.

Um die Vortheile der Sommer- und Winterlammung zu vereinigen, hat man
die Einhaltung beider Lammzeiten empfohlen. Es erhöht ſich dann allerdings der
Arbeitsaufwand beträchtlich; dagegen hat man den beachtenswerthen Vortheil, daß
übergangene Schafe zum zweiten Sprunge kommen können und koſtſpielige Zuchtböcke
beſſer ausgenutzt werden.

In der Mehrzahl der Fälle wird die Sommerlammung zu empfehlen ſein.
Bei einem Uebergange von einer Lammzeit zur andern, z. B. von der Winter- zur
Sommerlammung hat man allmählig die Sprungzeit früher zu nehmen, bis unter-
ſtützt durch reichliche Ernährung der Uebergang nach zwei Jahren vollzogen iſt.

5. Die Aufzucht.

Für die kräftige Entwickelung der Lämmer hat man ſchon durch eine entſprechende
Behandlung der trächtigen Mutterſchafe zu ſorgen. Bald nach dem Belegen iſt die
Pflege der Mutterſchafe zu erhöhen und denſelben gutes Futter in ausreichender
Menge vorzulegen. Weiden auf naſſen Plätzen, auf bereiften Winterſaaten, Verab-
reichen von verſchimmeltem Heu, rohem und gefrornem Wurzelwerke, plötzlicher Ueber-
gang von einem Futter zu einem andern ſind zu vermeiden. Nachdem das Nerven-
ſyſtem trächtiger Mutterſchafe ohnehin mehr erregt iſt, ſoll jedes Hetzen, Drängen
und Stoßen hintangehalten, überhaupt eine ſanfte Behandlung gewährt werden. Zur
Berhütung des Drängens theile man die Heerden in Abtheilungen von je 50—60
Stücke, außerdem empfiehlt es ſich, Rundraufen aufzuſtellen, um ein Drängen
während des Fütterns nach Möglichkeit hintanzuhalten.

Rückt die Lammzeit heran, ſo bildet man an der Wand des Schafſtalles Kauen
von 0.8—1 □Meter Flächenraum, in welche die Mütter mit ihrem Lamme 1—3
Tage eingeſtellt werden, um ſie leichter beaufſichtigen zu können. Für 100 Schafe
reichen 6—7 ſolcher Abtheilungen aus. Gleichzeitig trennt man die Heerde mit
Hürden in Abtheilungen. In eine Abtheilung kommen die Schafe, welche bereits
abgelammt haben, in eine andere jene, welche hochträchtig und in eine dritte jene,
welche erſt nach einiger Zeit lammen werden.

Die Lammung geht meiſt leicht ohne Hilfe vor ſich, höchſtens, daß man die
Nabelſchnur nicht zu knapp am Lamme abzureißen hat. Will das Mutterſchaf,
namentlich die Erſtlingsmutter, das Lamm nicht ablecken, ſo beſtreut man letzteres

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[202/0218] Beſondere Thierzuchtlehre. bunden, daß die Schafe weniger leicht bockig werden, wenn nicht für gutes Futter und warmen Stall geſorgt wird. Das Ablammen iſt umſtändlicher, da die hoch- trächtigen Thiere und die abgelammten Mutterſchafe in der erſten Zeit im Stalle gehalten werden müſſen. Das Waſchen der hochträchtigen Thiere verlangt gleichfalls beſondere Sorgfalt. Unerläßlich für die Einhaltung der Sommerlammung ſind daher dem Stalle nahegelegene Weiden für die hochträchtigen Mutterſchafe, und ein angemeſſener Futtervorrath, um die Thiere in der erſten Zeit und während der Regen- tage im Stalle füttern zu können. Die Herbſtlammung kommt ſelten zur Durchführung. Um die Vortheile der Sommer- und Winterlammung zu vereinigen, hat man die Einhaltung beider Lammzeiten empfohlen. Es erhöht ſich dann allerdings der Arbeitsaufwand beträchtlich; dagegen hat man den beachtenswerthen Vortheil, daß übergangene Schafe zum zweiten Sprunge kommen können und koſtſpielige Zuchtböcke beſſer ausgenutzt werden. In der Mehrzahl der Fälle wird die Sommerlammung zu empfehlen ſein. Bei einem Uebergange von einer Lammzeit zur andern, z. B. von der Winter- zur Sommerlammung hat man allmählig die Sprungzeit früher zu nehmen, bis unter- ſtützt durch reichliche Ernährung der Uebergang nach zwei Jahren vollzogen iſt. 5. Die Aufzucht. Für die kräftige Entwickelung der Lämmer hat man ſchon durch eine entſprechende Behandlung der trächtigen Mutterſchafe zu ſorgen. Bald nach dem Belegen iſt die Pflege der Mutterſchafe zu erhöhen und denſelben gutes Futter in ausreichender Menge vorzulegen. Weiden auf naſſen Plätzen, auf bereiften Winterſaaten, Verab- reichen von verſchimmeltem Heu, rohem und gefrornem Wurzelwerke, plötzlicher Ueber- gang von einem Futter zu einem andern ſind zu vermeiden. Nachdem das Nerven- ſyſtem trächtiger Mutterſchafe ohnehin mehr erregt iſt, ſoll jedes Hetzen, Drängen und Stoßen hintangehalten, überhaupt eine ſanfte Behandlung gewährt werden. Zur Berhütung des Drängens theile man die Heerden in Abtheilungen von je 50—60 Stücke, außerdem empfiehlt es ſich, Rundraufen aufzuſtellen, um ein Drängen während des Fütterns nach Möglichkeit hintanzuhalten. Rückt die Lammzeit heran, ſo bildet man an der Wand des Schafſtalles Kauen von 0.8—1 □Meter Flächenraum, in welche die Mütter mit ihrem Lamme 1—3 Tage eingeſtellt werden, um ſie leichter beaufſichtigen zu können. Für 100 Schafe reichen 6—7 ſolcher Abtheilungen aus. Gleichzeitig trennt man die Heerde mit Hürden in Abtheilungen. In eine Abtheilung kommen die Schafe, welche bereits abgelammt haben, in eine andere jene, welche hochträchtig und in eine dritte jene, welche erſt nach einiger Zeit lammen werden. Die Lammung geht meiſt leicht ohne Hilfe vor ſich, höchſtens, daß man die Nabelſchnur nicht zu knapp am Lamme abzureißen hat. Will das Mutterſchaf, namentlich die Erſtlingsmutter, das Lamm nicht ablecken, ſo beſtreut man letzteres

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/218>, abgerufen am 26.04.2024.