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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Schweinezucht.

Im Hochsommer soll dem Schweine Gelegenheit gegeben werden, sich im Wasser
zu baden und abzukühlen. Die Engländer nehmen sich selbst die Mühe, ihre Schweine
täglich zu waschen.

Die festgestellten, täglichen Futterrationen sind auf mehrere Mahlzeiten zu ver-
theilen, welche dann genau einzuhalten sind. Den Läufer- und Mutterschweinen legt
man gewöhnlich dreimal, den Ferkeln und Mastschweinen viermal vor. Besonders
bei letztern ist ein öfteres Füttern in kleineren Portionen sehr am Platze. Nach
jedem Abfüttern und Tränken sind die Futtertröge stets rein auszuputzen.

Für das Wohlbefinden und die Erhöhung der Freßlust des Schweines trägt, je
salzärmer die gereichten Futterstoffe sind, die Verabreichung von ungefähr 18 Gr. Salz
per Stück und Tag bei. Manche Schweinezüchter halten dagegen die Verabreichung
von Salz für überflüssig. Zur Beförderung der Verdauung streut man zuweilen
Kohlenpulver, bei Mastschweinen auch drei- bis viermal in der Woche je 18 Gramm
Spießglanz oder Arsenik auf das Futter, ohne daß man sich jedoch über die Art
der Wirksamkeit dieser Mittel Rechenschaft geben kann.

In Folge unreiner, schlechter Haltung treten die mannigfaltigsten Schmarotzer-
thiere auf, am häufigsten Schweineläuse (Pediculus suis L.) hinter den Ohren, am
Halse und am Borstenkamme. Bei Ueberhandnehmen derselben veranlassen sie das
Ausfallen der Borsten, die Borstenfäule.

Bei unzureichender Pflege wird das Auftreten der mannigfaltigsten Krankheiten
begünstigt. Das Schwein erliegt am häufigsten der Bräune und dem Milzbrande.
Außerdem treten zumeist bei unreiner und unachtsamer Haltung die Finnenkrankheit,
die Trichinenkrankheit, die Räude (Krätze), als Folge von Hetzen und Uebertreiben
bei anhaltenden Märschen oder von gierigem Fressen in erhitztem Zustande das Ver-
sagen des Fressens, das "Verfangen", auf. Bei jungen Schweinen kommt häufig bei
vernachlässigter Stallpflege, verdorbenem Futter oder naßkalter Witterung ein ruhr-
artiger Durchfall vor. Minder gefährlich ist das Auftreten der gutartigen Klauenseuche.
Als Gewährsmängel gelten in Oesterreich, Preußen, Baiern etc. die Finnen mit
einer Gewährszeit von 8 Tagen, und in Sachsen die Lungentuberkel und Lungen-
wurmkrankheit mit einer Gewährszeit von 30 Tagen.

6. Die Benutzung des Schweines.

Die Wahl der Betriebsweise hängt sowohl von den vorhandenen Futtermitteln
und ihrem Preise, als auch von der Absatzgelegenheit ab. Je nachdem wird man
sich entweder mit der bloßen Schweinehaltung begnügen oder eine Schweinezucht ein-
richten. Abgesehen von verschiedenen Combinationen läßt sich der Betrieb entweder als
1. Haltung von Zuchtschweinen, 2. Aufzucht von jungen Schweinen oder als 3. Mastung
durchführen.

1. Die Zuchtschweinehaltung.

Bei der Haltung von Zuchtschweinen handelt es sich hauptsächlich um die Ge-
winnung zahlreicher Ferkeln, welche entweder als Schlacht- oder Zuchtthiere ihre

Die Schweinezucht.

Im Hochſommer ſoll dem Schweine Gelegenheit gegeben werden, ſich im Waſſer
zu baden und abzukühlen. Die Engländer nehmen ſich ſelbſt die Mühe, ihre Schweine
täglich zu waſchen.

Die feſtgeſtellten, täglichen Futterrationen ſind auf mehrere Mahlzeiten zu ver-
theilen, welche dann genau einzuhalten ſind. Den Läufer- und Mutterſchweinen legt
man gewöhnlich dreimal, den Ferkeln und Maſtſchweinen viermal vor. Beſonders
bei letztern iſt ein öfteres Füttern in kleineren Portionen ſehr am Platze. Nach
jedem Abfüttern und Tränken ſind die Futtertröge ſtets rein auszuputzen.

Für das Wohlbefinden und die Erhöhung der Freßluſt des Schweines trägt, je
ſalzärmer die gereichten Futterſtoffe ſind, die Verabreichung von ungefähr 18 Gr. Salz
per Stück und Tag bei. Manche Schweinezüchter halten dagegen die Verabreichung
von Salz für überflüſſig. Zur Beförderung der Verdauung ſtreut man zuweilen
Kohlenpulver, bei Maſtſchweinen auch drei- bis viermal in der Woche je 18 Gramm
Spießglanz oder Arſenik auf das Futter, ohne daß man ſich jedoch über die Art
der Wirkſamkeit dieſer Mittel Rechenſchaft geben kann.

In Folge unreiner, ſchlechter Haltung treten die mannigfaltigſten Schmarotzer-
thiere auf, am häufigſten Schweineläuſe (Pediculus suis L.) hinter den Ohren, am
Halſe und am Borſtenkamme. Bei Ueberhandnehmen derſelben veranlaſſen ſie das
Ausfallen der Borſten, die Borſtenfäule.

Bei unzureichender Pflege wird das Auftreten der mannigfaltigſten Krankheiten
begünſtigt. Das Schwein erliegt am häufigſten der Bräune und dem Milzbrande.
Außerdem treten zumeiſt bei unreiner und unachtſamer Haltung die Finnenkrankheit,
die Trichinenkrankheit, die Räude (Krätze), als Folge von Hetzen und Uebertreiben
bei anhaltenden Märſchen oder von gierigem Freſſen in erhitztem Zuſtande das Ver-
ſagen des Freſſens, das „Verfangen“, auf. Bei jungen Schweinen kommt häufig bei
vernachläſſigter Stallpflege, verdorbenem Futter oder naßkalter Witterung ein ruhr-
artiger Durchfall vor. Minder gefährlich iſt das Auftreten der gutartigen Klauenſeuche.
Als Gewährsmängel gelten in Oeſterreich, Preußen, Baiern ꝛc. die Finnen mit
einer Gewährszeit von 8 Tagen, und in Sachſen die Lungentuberkel und Lungen-
wurmkrankheit mit einer Gewährszeit von 30 Tagen.

6. Die Benutzung des Schweines.

Die Wahl der Betriebsweiſe hängt ſowohl von den vorhandenen Futtermitteln
und ihrem Preiſe, als auch von der Abſatzgelegenheit ab. Je nachdem wird man
ſich entweder mit der bloßen Schweinehaltung begnügen oder eine Schweinezucht ein-
richten. Abgeſehen von verſchiedenen Combinationen läßt ſich der Betrieb entweder als
1. Haltung von Zuchtſchweinen, 2. Aufzucht von jungen Schweinen oder als 3. Maſtung
durchführen.

1. Die Zuchtſchweinehaltung.

Bei der Haltung von Zuchtſchweinen handelt es ſich hauptſächlich um die Ge-
winnung zahlreicher Ferkeln, welche entweder als Schlacht- oder Zuchtthiere ihre

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[287/0303] Die Schweinezucht. Im Hochſommer ſoll dem Schweine Gelegenheit gegeben werden, ſich im Waſſer zu baden und abzukühlen. Die Engländer nehmen ſich ſelbſt die Mühe, ihre Schweine täglich zu waſchen. Die feſtgeſtellten, täglichen Futterrationen ſind auf mehrere Mahlzeiten zu ver- theilen, welche dann genau einzuhalten ſind. Den Läufer- und Mutterſchweinen legt man gewöhnlich dreimal, den Ferkeln und Maſtſchweinen viermal vor. Beſonders bei letztern iſt ein öfteres Füttern in kleineren Portionen ſehr am Platze. Nach jedem Abfüttern und Tränken ſind die Futtertröge ſtets rein auszuputzen. Für das Wohlbefinden und die Erhöhung der Freßluſt des Schweines trägt, je ſalzärmer die gereichten Futterſtoffe ſind, die Verabreichung von ungefähr 18 Gr. Salz per Stück und Tag bei. Manche Schweinezüchter halten dagegen die Verabreichung von Salz für überflüſſig. Zur Beförderung der Verdauung ſtreut man zuweilen Kohlenpulver, bei Maſtſchweinen auch drei- bis viermal in der Woche je 18 Gramm Spießglanz oder Arſenik auf das Futter, ohne daß man ſich jedoch über die Art der Wirkſamkeit dieſer Mittel Rechenſchaft geben kann. In Folge unreiner, ſchlechter Haltung treten die mannigfaltigſten Schmarotzer- thiere auf, am häufigſten Schweineläuſe (Pediculus suis L.) hinter den Ohren, am Halſe und am Borſtenkamme. Bei Ueberhandnehmen derſelben veranlaſſen ſie das Ausfallen der Borſten, die Borſtenfäule. Bei unzureichender Pflege wird das Auftreten der mannigfaltigſten Krankheiten begünſtigt. Das Schwein erliegt am häufigſten der Bräune und dem Milzbrande. Außerdem treten zumeiſt bei unreiner und unachtſamer Haltung die Finnenkrankheit, die Trichinenkrankheit, die Räude (Krätze), als Folge von Hetzen und Uebertreiben bei anhaltenden Märſchen oder von gierigem Freſſen in erhitztem Zuſtande das Ver- ſagen des Freſſens, das „Verfangen“, auf. Bei jungen Schweinen kommt häufig bei vernachläſſigter Stallpflege, verdorbenem Futter oder naßkalter Witterung ein ruhr- artiger Durchfall vor. Minder gefährlich iſt das Auftreten der gutartigen Klauenſeuche. Als Gewährsmängel gelten in Oeſterreich, Preußen, Baiern ꝛc. die Finnen mit einer Gewährszeit von 8 Tagen, und in Sachſen die Lungentuberkel und Lungen- wurmkrankheit mit einer Gewährszeit von 30 Tagen. 6. Die Benutzung des Schweines. Die Wahl der Betriebsweiſe hängt ſowohl von den vorhandenen Futtermitteln und ihrem Preiſe, als auch von der Abſatzgelegenheit ab. Je nachdem wird man ſich entweder mit der bloßen Schweinehaltung begnügen oder eine Schweinezucht ein- richten. Abgeſehen von verſchiedenen Combinationen läßt ſich der Betrieb entweder als 1. Haltung von Zuchtſchweinen, 2. Aufzucht von jungen Schweinen oder als 3. Maſtung durchführen. 1. Die Zuchtſchweinehaltung. Bei der Haltung von Zuchtſchweinen handelt es ſich hauptſächlich um die Ge- winnung zahlreicher Ferkeln, welche entweder als Schlacht- oder Zuchtthiere ihre

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/303>, abgerufen am 27.04.2024.