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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Rindviehzucht.
Einfluß nehmen. Nach W. Christiani 1) nahmen 9 Stück Ochsen in 4 Wochen nach
dem Scheeren per Tag und Stück um 2.0 Kilogr., 8 Stück ungeschorene bei sonst
gleicher Fütterung und Pflege nur um 1.5 Kilogr. per Kopf und Stück zu. Nach
Versuchen von Anderen wurden jedoch durch das Scheeren, namentlich bei Kälbern,
ungünstige Resultate erzielt.

Die Dauer der Mast hängt von dem Futterzustande der Thiere und der Art
der Mastung ab. Die kürzeste Mastdauer ist meist die vortheilhafteste. Dieselbe
beträgt 3, höchstens 4 Monate. Im Anfange der Mast findet gewöhnlich die stärkste
Zunahme des Körpergewichtes statt, späterhin mit dem Ansatze des Fettes verringert
sich dieselbe. Durchschnittlich sind von 12--13 Kilogr. Trockensubstanz im Futter
1 Kilogr. Körpergewichtszunahme zu erwarten.

Der Masterfolg kann entweder ocular oder durch die Fleischergriffe geschätzt werden.
Der Fettansatz unter der Haut wird durch Befühlen der Rippen, der Hüftknochen,
der Schwanzwurzel, zwischen den Hinterschenkeln und vorne an der Brust geschätzt.
Die Griffe an der Hautfalte unter den Hinterschenkeln, an den Flanken und an dem
Hodensacke lassen auf den inneren Talgansatz schließen. Am erwünschtesten ist ein
volles, fleischiges Anfühlen, kernige, derbe, nicht schwammige Beschaffenheit bei weicher,
loser Haut. Einen sicheren Anhaltspunkt für die Zunahme des Lebendgewichtes gibt
das Abwägen der Thiere zu verschiedenen Perioden der Mastung. Ueber das Schlächter-
gewicht können jedoch nur Probeschlachtungen annähernd Auskunft gewähren.

Bei mangelnder Viehwage, welche jedoch in jeder geordneten Wirthschaft vorhanden
sein soll, kann man sich in Betreff der Ermittelung des Lebendgewichtes auch mit einem
Viehmeßbande behelfen. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Körperinhalte der Thiere
gleicher Race und weiter auch ihre Lebendgewichte sich genau wie die dritten Potenzen der
halben Brustumfänge verhalten oder allgemein ausgedrückt, wenn g und G das Lebend-
gewicht zweier Thiere und u und U deren Brustumfänge bedeuten, so ergibt sich:
[Formel 1] Ist das Lebendgewicht G des einen Thieres unbekannt, so ist
[Formel 2] wenn f (Formzahl) = [Formel 3] gesetzt wird.

Eine 2jährige Kalbin Lavanthaler Race wog 480 Kilogr., ihr Brustumfang hinter den
Schultern und zwischen den Beinen durch maß 196 Cm. Es war daher f = [Formel 4] = 0.00051.
Eine andere Kalbin derselben Race hatte einen Brustumfang von 210 Cm. Ihr Lebend-

1) Der Landwirth, 1873, Nr. 9.
11*

Die Rindviehzucht.
Einfluß nehmen. Nach W. Chriſtiani 1) nahmen 9 Stück Ochſen in 4 Wochen nach
dem Scheeren per Tag und Stück um 2.0 Kilogr., 8 Stück ungeſchorene bei ſonſt
gleicher Fütterung und Pflege nur um 1.5 Kilogr. per Kopf und Stück zu. Nach
Verſuchen von Anderen wurden jedoch durch das Scheeren, namentlich bei Kälbern,
ungünſtige Reſultate erzielt.

Die Dauer der Maſt hängt von dem Futterzuſtande der Thiere und der Art
der Maſtung ab. Die kürzeſte Maſtdauer iſt meiſt die vortheilhafteſte. Dieſelbe
beträgt 3, höchſtens 4 Monate. Im Anfange der Maſt findet gewöhnlich die ſtärkſte
Zunahme des Körpergewichtes ſtatt, ſpäterhin mit dem Anſatze des Fettes verringert
ſich dieſelbe. Durchſchnittlich ſind von 12—13 Kilogr. Trockenſubſtanz im Futter
1 Kilogr. Körpergewichtszunahme zu erwarten.

Der Maſterfolg kann entweder ocular oder durch die Fleiſchergriffe geſchätzt werden.
Der Fettanſatz unter der Haut wird durch Befühlen der Rippen, der Hüftknochen,
der Schwanzwurzel, zwiſchen den Hinterſchenkeln und vorne an der Bruſt geſchätzt.
Die Griffe an der Hautfalte unter den Hinterſchenkeln, an den Flanken und an dem
Hodenſacke laſſen auf den inneren Talganſatz ſchließen. Am erwünſchteſten iſt ein
volles, fleiſchiges Anfühlen, kernige, derbe, nicht ſchwammige Beſchaffenheit bei weicher,
loſer Haut. Einen ſicheren Anhaltspunkt für die Zunahme des Lebendgewichtes gibt
das Abwägen der Thiere zu verſchiedenen Perioden der Maſtung. Ueber das Schlächter-
gewicht können jedoch nur Probeſchlachtungen annähernd Auskunft gewähren.

Bei mangelnder Viehwage, welche jedoch in jeder geordneten Wirthſchaft vorhanden
ſein ſoll, kann man ſich in Betreff der Ermittelung des Lebendgewichtes auch mit einem
Viehmeßbande behelfen. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Körperinhalte der Thiere
gleicher Race und weiter auch ihre Lebendgewichte ſich genau wie die dritten Potenzen der
halben Bruſtumfänge verhalten oder allgemein ausgedrückt, wenn g und G das Lebend-
gewicht zweier Thiere und u und U deren Bruſtumfänge bedeuten, ſo ergibt ſich:
[Formel 1] Iſt das Lebendgewicht G des einen Thieres unbekannt, ſo iſt
[Formel 2] wenn f (Formzahl) = [Formel 3] geſetzt wird.

Eine 2jährige Kalbin Lavanthaler Race wog 480 Kilogr., ihr Bruſtumfang hinter den
Schultern und zwiſchen den Beinen durch maß 196 Cm. Es war daher f = [Formel 4] = 0.00051.
Eine andere Kalbin derſelben Race hatte einen Bruſtumfang von 210 Cm. Ihr Lebend-

1) Der Landwirth, 1873, Nr. 9.
11*
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[163/0179] Die Rindviehzucht. Einfluß nehmen. Nach W. Chriſtiani 1) nahmen 9 Stück Ochſen in 4 Wochen nach dem Scheeren per Tag und Stück um 2.0 Kilogr., 8 Stück ungeſchorene bei ſonſt gleicher Fütterung und Pflege nur um 1.5 Kilogr. per Kopf und Stück zu. Nach Verſuchen von Anderen wurden jedoch durch das Scheeren, namentlich bei Kälbern, ungünſtige Reſultate erzielt. Die Dauer der Maſt hängt von dem Futterzuſtande der Thiere und der Art der Maſtung ab. Die kürzeſte Maſtdauer iſt meiſt die vortheilhafteſte. Dieſelbe beträgt 3, höchſtens 4 Monate. Im Anfange der Maſt findet gewöhnlich die ſtärkſte Zunahme des Körpergewichtes ſtatt, ſpäterhin mit dem Anſatze des Fettes verringert ſich dieſelbe. Durchſchnittlich ſind von 12—13 Kilogr. Trockenſubſtanz im Futter 1 Kilogr. Körpergewichtszunahme zu erwarten. Der Maſterfolg kann entweder ocular oder durch die Fleiſchergriffe geſchätzt werden. Der Fettanſatz unter der Haut wird durch Befühlen der Rippen, der Hüftknochen, der Schwanzwurzel, zwiſchen den Hinterſchenkeln und vorne an der Bruſt geſchätzt. Die Griffe an der Hautfalte unter den Hinterſchenkeln, an den Flanken und an dem Hodenſacke laſſen auf den inneren Talganſatz ſchließen. Am erwünſchteſten iſt ein volles, fleiſchiges Anfühlen, kernige, derbe, nicht ſchwammige Beſchaffenheit bei weicher, loſer Haut. Einen ſicheren Anhaltspunkt für die Zunahme des Lebendgewichtes gibt das Abwägen der Thiere zu verſchiedenen Perioden der Maſtung. Ueber das Schlächter- gewicht können jedoch nur Probeſchlachtungen annähernd Auskunft gewähren. Bei mangelnder Viehwage, welche jedoch in jeder geordneten Wirthſchaft vorhanden ſein ſoll, kann man ſich in Betreff der Ermittelung des Lebendgewichtes auch mit einem Viehmeßbande behelfen. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Körperinhalte der Thiere gleicher Race und weiter auch ihre Lebendgewichte ſich genau wie die dritten Potenzen der halben Bruſtumfänge verhalten oder allgemein ausgedrückt, wenn g und G das Lebend- gewicht zweier Thiere und u und U deren Bruſtumfänge bedeuten, ſo ergibt ſich: [FORMEL] Iſt das Lebendgewicht G des einen Thieres unbekannt, ſo iſt [FORMEL] wenn f (Formzahl) = [FORMEL] geſetzt wird. Eine 2jährige Kalbin Lavanthaler Race wog 480 Kilogr., ihr Bruſtumfang hinter den Schultern und zwiſchen den Beinen durch maß 196 Cm. Es war daher f = [FORMEL] = 0.00051. Eine andere Kalbin derſelben Race hatte einen Bruſtumfang von 210 Cm. Ihr Lebend- 1) Der Landwirth, 1873, Nr. 9. 11*

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/179>, abgerufen am 26.04.2024.