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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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Geschichte der Erde
den andern Planeten um die Sonne herumzulaufen, und
ein solcher neuer Gast aus einer andern Welt würde in der
unsrigen ein Comet genennet.

§. 15.

Diese Erzehlung des Cartesius ist sehr artig, sie
würde aber noch weit artiger seyn, wenn sie wahr wäre.
So aber glaube ich, daß die Wirbel blos in des Cartesii
Kopffe nicht aber in der Welt anzutreffen sind, und ich
will die Ursachen anzeigen, welche mich bewegen seine gan-
ze Erzehlung für eine physicalische Erdichtung zu halten.
Wer hat es doch dem Cartesius gesagt, daß die Welt
ehemals ein grosser Crystallklumpen gewesen sey, der durch
die Allmacht GOttes zerschmettert worden, und daß dar-
aus die drey Elemente entstanden sind? Man wird ant-
worten, es liesse sich dieses freylich nicht beweisen, man
gäbe es aber auch vor nichts anders, als eine blose philosophi-
sche Hypothese aus. Allein, wenn dieses seyn sollte, so
würde folgen, daß sich hieraus der Ursprung der Körper
müste begreifen lassen, es geht aber nichts weniger an, als
wie dieses. Denn wie will man immermehr die unendli-
che Mannigfaltigkeit der Körper blos aus dreyerley Arten
der Theilgen herleiten, wie will man zeigen, daß durch
die Vermischung dieser Elemente, und durch ihre nach den
Bewegungsgesetzen eingerichtete Wirkung, eine Pflanze
oder ein Thier habe hervorgebracht werden können, ohne
dabey auf die Thorheiten des Epicurs zu verfallen. Ge-
setzt aber auch, daß man es in den mineralischen Reiche
blos wieder anbringen wollte, wie will man den Unter-
schied derer Metalle von denen Steinen und Salzen, oder
der Metalle unter sich selbst mit der geringsten Wahr-
scheinlichkeit daraus herleiten, oder wo treffen wir in der Chi-
mie solche Spuren an, die uns etwas von denen cartesiani-
schen Elementen vermuthen liessen? Betrachten wir die
cartesianischen Sonnenwirbel, so treffen wir bey ihnen

nicht

Geſchichte der Erde
den andern Planeten um die Sonne herumzulaufen, und
ein ſolcher neuer Gaſt aus einer andern Welt wuͤrde in der
unſrigen ein Comet genennet.

§. 15.

Dieſe Erzehlung des Carteſius iſt ſehr artig, ſie
wuͤrde aber noch weit artiger ſeyn, wenn ſie wahr waͤre.
So aber glaube ich, daß die Wirbel blos in des Carteſii
Kopffe nicht aber in der Welt anzutreffen ſind, und ich
will die Urſachen anzeigen, welche mich bewegen ſeine gan-
ze Erzehlung fuͤr eine phyſicaliſche Erdichtung zu halten.
Wer hat es doch dem Carteſius geſagt, daß die Welt
ehemals ein groſſer Cryſtallklumpen geweſen ſey, der durch
die Allmacht GOttes zerſchmettert worden, und daß dar-
aus die drey Elemente entſtanden ſind? Man wird ant-
worten, es lieſſe ſich dieſes freylich nicht beweiſen, man
gaͤbe es aber auch vor nichts anders, als eine bloſe philoſophi-
ſche Hypotheſe aus. Allein, wenn dieſes ſeyn ſollte, ſo
wuͤrde folgen, daß ſich hieraus der Urſprung der Koͤrper
muͤſte begreifen laſſen, es geht aber nichts weniger an, als
wie dieſes. Denn wie will man immermehr die unendli-
che Mannigfaltigkeit der Koͤrper blos aus dreyerley Arten
der Theilgen herleiten, wie will man zeigen, daß durch
die Vermiſchung dieſer Elemente, und durch ihre nach den
Bewegungsgeſetzen eingerichtete Wirkung, eine Pflanze
oder ein Thier habe hervorgebracht werden koͤnnen, ohne
dabey auf die Thorheiten des Epicurs zu verfallen. Ge-
ſetzt aber auch, daß man es in den mineraliſchen Reiche
blos wieder anbringen wollte, wie will man den Unter-
ſchied derer Metalle von denen Steinen und Salzen, oder
der Metalle unter ſich ſelbſt mit der geringſten Wahr-
ſcheinlichkeit daraus herleiten, oder wo treffen wir in der Chi-
mie ſolche Spuren an, die uns etwas von denen carteſiani-
ſchen Elementen vermuthen lieſſen? Betrachten wir die
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[30/0038] Geſchichte der Erde den andern Planeten um die Sonne herumzulaufen, und ein ſolcher neuer Gaſt aus einer andern Welt wuͤrde in der unſrigen ein Comet genennet. §. 15. Dieſe Erzehlung des Carteſius iſt ſehr artig, ſie wuͤrde aber noch weit artiger ſeyn, wenn ſie wahr waͤre. So aber glaube ich, daß die Wirbel blos in des Carteſii Kopffe nicht aber in der Welt anzutreffen ſind, und ich will die Urſachen anzeigen, welche mich bewegen ſeine gan- ze Erzehlung fuͤr eine phyſicaliſche Erdichtung zu halten. Wer hat es doch dem Carteſius geſagt, daß die Welt ehemals ein groſſer Cryſtallklumpen geweſen ſey, der durch die Allmacht GOttes zerſchmettert worden, und daß dar- aus die drey Elemente entſtanden ſind? Man wird ant- worten, es lieſſe ſich dieſes freylich nicht beweiſen, man gaͤbe es aber auch vor nichts anders, als eine bloſe philoſophi- ſche Hypotheſe aus. Allein, wenn dieſes ſeyn ſollte, ſo wuͤrde folgen, daß ſich hieraus der Urſprung der Koͤrper muͤſte begreifen laſſen, es geht aber nichts weniger an, als wie dieſes. Denn wie will man immermehr die unendli- che Mannigfaltigkeit der Koͤrper blos aus dreyerley Arten der Theilgen herleiten, wie will man zeigen, daß durch die Vermiſchung dieſer Elemente, und durch ihre nach den Bewegungsgeſetzen eingerichtete Wirkung, eine Pflanze oder ein Thier habe hervorgebracht werden koͤnnen, ohne dabey auf die Thorheiten des Epicurs zu verfallen. Ge- ſetzt aber auch, daß man es in den mineraliſchen Reiche blos wieder anbringen wollte, wie will man den Unter- ſchied derer Metalle von denen Steinen und Salzen, oder der Metalle unter ſich ſelbſt mit der geringſten Wahr- ſcheinlichkeit daraus herleiten, oder wo treffen wir in der Chi- mie ſolche Spuren an, die uns etwas von denen carteſiani- ſchen Elementen vermuthen lieſſen? Betrachten wir die carteſianiſchen Sonnenwirbel, ſo treffen wir bey ihnen nicht

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/38>, abgerufen am 26.04.2024.