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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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in den allerältesten Zeiten.
daß es aber auch würklich einen leeren Raum in der Welt
gebe, erhellet nicht nur daraus, weil sonst keine Bewe-
gung der Cörper möglich wäre, sondern es läßt sich auch
aus ihrer verschiedenen Schwere und Trägheit ganz deut-
lich abnehmen, wie ich in meiner Naturlehre gezeiget
habe.

§. 16.

Die Cartesianischen Wirbel haben mich so weit von
meiner gegenwärtigen Absicht abgeführt, daß ich werde
suchen müssen, wieder hinein zu kommen. Ausser denen
schon angefürten Ursachen stossen auch die Cometen diese
Wirbel über den Hauffen, denn sie gehen öfters quer
durch unsern Sonnenwirbel hindurch, und nun begreiffe
ich nicht, warum sie der Wirbel nicht eben so, wie die
Planeten mit sich fortreissen solte; daher gehet die Mei-
nung des Cartesius immer mehr und mehr zu Grunde
und kann man wol von einem Gebäude, das in der Luft
aufgeführt ist, etwas anders vermuthen? Jndessen muß
dieses die Hochachtung, gegen diesen grossen Mann, bey
niemanden vermindern, seine optischen Schriften enthal-
ten viel schönes und sein Lehrbegrif von Regenbogen wird
immer im Ansehen bleiben. Es ist wahr, er hat öfters
geirret, aber das thun noch heut zu Tage die grösten Gei-
ster, und man würde einen für Auslachens würdig hal-
ten, welcher vorgeben wolte, daß er niemals gefehlt hätte.
War es nicht genung, daß Cartesius das Herz hatte,
dem Aristoteles zu widersprechen, vielleicht ist ihm die-
ser Muth noch von seinem Soldatenleben übrig geblieben,
dann man darf gar nicht denken, daß es zu seiner Zeit e-
ben so leicht gewesen wäre den Aristoteles auszulachen,
als heut zu Tage, da es mit diesen ehrlichen Manne so
weit gekommen ist, daß man keinen Jniurienproceß be-
sorgt, wenn man ihn für einen Schulfuchs, oder wenn
es feiner gegeben werden solte, für einen blinden Heiden

schilt,
C

in den alleraͤlteſten Zeiten.
daß es aber auch wuͤrklich einen leeren Raum in der Welt
gebe, erhellet nicht nur daraus, weil ſonſt keine Bewe-
gung der Coͤrper moͤglich waͤre, ſondern es laͤßt ſich auch
aus ihrer verſchiedenen Schwere und Traͤgheit ganz deut-
lich abnehmen, wie ich in meiner Naturlehre gezeiget
habe.

§. 16.

Die Carteſianiſchen Wirbel haben mich ſo weit von
meiner gegenwaͤrtigen Abſicht abgefuͤhrt, daß ich werde
ſuchen muͤſſen, wieder hinein zu kommen. Auſſer denen
ſchon angefuͤrten Urſachen ſtoſſen auch die Cometen dieſe
Wirbel uͤber den Hauffen, denn ſie gehen oͤfters quer
durch unſern Sonnenwirbel hindurch, und nun begreiffe
ich nicht, warum ſie der Wirbel nicht eben ſo, wie die
Planeten mit ſich fortreiſſen ſolte; daher gehet die Mei-
nung des Carteſius immer mehr und mehr zu Grunde
und kann man wol von einem Gebaͤude, das in der Luft
aufgefuͤhrt iſt, etwas anders vermuthen? Jndeſſen muß
dieſes die Hochachtung, gegen dieſen groſſen Mann, bey
niemanden vermindern, ſeine optiſchen Schriften enthal-
ten viel ſchoͤnes und ſein Lehrbegrif von Regenbogen wird
immer im Anſehen bleiben. Es iſt wahr, er hat oͤfters
geirret, aber das thun noch heut zu Tage die groͤſten Gei-
ſter, und man wuͤrde einen fuͤr Auslachens wuͤrdig hal-
ten, welcher vorgeben wolte, daß er niemals gefehlt haͤtte.
War es nicht genung, daß Carteſius das Herz hatte,
dem Ariſtoteles zu widerſprechen, vielleicht iſt ihm die-
ſer Muth noch von ſeinem Soldatenleben uͤbrig geblieben,
dann man darf gar nicht denken, daß es zu ſeiner Zeit e-
ben ſo leicht geweſen waͤre den Ariſtoteles auszulachen,
als heut zu Tage, da es mit dieſen ehrlichen Manne ſo
weit gekommen iſt, daß man keinen Jniurienproceß be-
ſorgt, wenn man ihn fuͤr einen Schulfuchs, oder wenn
es feiner gegeben werden ſolte, fuͤr einen blinden Heiden

ſchilt,
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[33/0041] in den alleraͤlteſten Zeiten. daß es aber auch wuͤrklich einen leeren Raum in der Welt gebe, erhellet nicht nur daraus, weil ſonſt keine Bewe- gung der Coͤrper moͤglich waͤre, ſondern es laͤßt ſich auch aus ihrer verſchiedenen Schwere und Traͤgheit ganz deut- lich abnehmen, wie ich in meiner Naturlehre gezeiget habe. §. 16. Die Carteſianiſchen Wirbel haben mich ſo weit von meiner gegenwaͤrtigen Abſicht abgefuͤhrt, daß ich werde ſuchen muͤſſen, wieder hinein zu kommen. Auſſer denen ſchon angefuͤrten Urſachen ſtoſſen auch die Cometen dieſe Wirbel uͤber den Hauffen, denn ſie gehen oͤfters quer durch unſern Sonnenwirbel hindurch, und nun begreiffe ich nicht, warum ſie der Wirbel nicht eben ſo, wie die Planeten mit ſich fortreiſſen ſolte; daher gehet die Mei- nung des Carteſius immer mehr und mehr zu Grunde und kann man wol von einem Gebaͤude, das in der Luft aufgefuͤhrt iſt, etwas anders vermuthen? Jndeſſen muß dieſes die Hochachtung, gegen dieſen groſſen Mann, bey niemanden vermindern, ſeine optiſchen Schriften enthal- ten viel ſchoͤnes und ſein Lehrbegrif von Regenbogen wird immer im Anſehen bleiben. Es iſt wahr, er hat oͤfters geirret, aber das thun noch heut zu Tage die groͤſten Gei- ſter, und man wuͤrde einen fuͤr Auslachens wuͤrdig hal- ten, welcher vorgeben wolte, daß er niemals gefehlt haͤtte. War es nicht genung, daß Carteſius das Herz hatte, dem Ariſtoteles zu widerſprechen, vielleicht iſt ihm die- ſer Muth noch von ſeinem Soldatenleben uͤbrig geblieben, dann man darf gar nicht denken, daß es zu ſeiner Zeit e- ben ſo leicht geweſen waͤre den Ariſtoteles auszulachen, als heut zu Tage, da es mit dieſen ehrlichen Manne ſo weit gekommen iſt, daß man keinen Jniurienproceß be- ſorgt, wenn man ihn fuͤr einen Schulfuchs, oder wenn es feiner gegeben werden ſolte, fuͤr einen blinden Heiden ſchilt, C

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/41>, abgerufen am 26.04.2024.