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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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in den allerrältesten Zeiten.
haben wir nur nöthig die Erde gleich an den Ort zu setzen,
wo sie gegenwärtig ist, und brauchen sie nicht erst zum
Cometen zu machen. Wir sehen also wohl, daß das
Lehrgebäude unsers Whistons auf so festen Säulen nicht
ruhet, als man sich wohl einzubilden pflegt, weil man das
gar zu gerne glaubt, was man wünscht, und es vor nö-
thig hält von denen Worten Mosis eine physicalische Er-
klärung zu geben.

§. 26.

Eben das ist von der Erklärung zu sagen, welche un-
ser gelehrter Engelländer von der Sündfluth gegeben hat.
Denn da sie sich gleichfalls auf die noch sehr ungewisse
Cometenlehre gründet, so wird man sie vermuthlich
vor kein Evangelium halten. Laßt uns sehen, wie er uns
dieselbige beschreibt.

§. 27.

So wohl Moses, als die alten Geschichtschreiber und
Poeten erzählen uns, daß ehemals eine grosse Ueber-
schwemmung der Erde vorgegangen sey, die wir die Sünd-
fluth zu nennen pflegen. Man glaubt, daß der ganze Erd-
boden mit Wasser über und über bedeckt worden sey, und
es ist kein grosses Kopfbrechen dabey, wenn man sich
blos auf die Allmacht GOttes beruffet, wenn man aber
die Allgemeinheit der Sündfluth aus natürlichen Ursachen
begreiflich machen will, so finden sich nicht geringe Schwie-
rigkeiten, und man siehet sich wie in andern Fällen ge-
nöthiget zu gestehen, daß Glaube und Vernunft nicht zu
vermengen sey. Denn durch einen blossen Regen kan ohn-
möglich so viel Wasser herabgefallen seyn, welches die ganze
Erde um und um umgeben, und über die höchsten Berge
gegangen seyn soll, denn gesetzt auch, daß unsere ganze
Atmosphäre in Wasser verwandelt worden wäre, so
würde dennoch dieses so viel nicht ausgemacht haben, ich

geschwei-
D 2

in den allerraͤlteſten Zeiten.
haben wir nur noͤthig die Erde gleich an den Ort zu ſetzen,
wo ſie gegenwaͤrtig iſt, und brauchen ſie nicht erſt zum
Cometen zu machen. Wir ſehen alſo wohl, daß das
Lehrgebaͤude unſers Whiſtons auf ſo feſten Saͤulen nicht
ruhet, als man ſich wohl einzubilden pflegt, weil man das
gar zu gerne glaubt, was man wuͤnſcht, und es vor noͤ-
thig haͤlt von denen Worten Moſis eine phyſicaliſche Er-
klaͤrung zu geben.

§. 26.

Eben das iſt von der Erklaͤrung zu ſagen, welche un-
ſer gelehrter Engellaͤnder von der Suͤndfluth gegeben hat.
Denn da ſie ſich gleichfalls auf die noch ſehr ungewiſſe
Cometenlehre gruͤndet, ſo wird man ſie vermuthlich
vor kein Evangelium halten. Laßt uns ſehen, wie er uns
dieſelbige beſchreibt.

§. 27.

So wohl Moſes, als die alten Geſchichtſchreiber und
Poeten erzaͤhlen uns, daß ehemals eine groſſe Ueber-
ſchwemmung der Erde vorgegangen ſey, die wir die Suͤnd-
fluth zu nennen pflegen. Man glaubt, daß der ganze Erd-
boden mit Waſſer uͤber und uͤber bedeckt worden ſey, und
es iſt kein groſſes Kopfbrechen dabey, wenn man ſich
blos auf die Allmacht GOttes beruffet, wenn man aber
die Allgemeinheit der Suͤndfluth aus natuͤrlichen Urſachen
begreiflich machen will, ſo finden ſich nicht geringe Schwie-
rigkeiten, und man ſiehet ſich wie in andern Faͤllen ge-
noͤthiget zu geſtehen, daß Glaube und Vernunft nicht zu
vermengen ſey. Denn durch einen bloſſen Regen kan ohn-
moͤglich ſo viel Waſſer herabgefallen ſeyn, welches die ganze
Erde um und um umgeben, und uͤber die hoͤchſten Berge
gegangen ſeyn ſoll, denn geſetzt auch, daß unſere ganze
Atmoſphaͤre in Waſſer verwandelt worden waͤre, ſo
wuͤrde dennoch dieſes ſo viel nicht ausgemacht haben, ich

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[51/0065] in den allerraͤlteſten Zeiten. haben wir nur noͤthig die Erde gleich an den Ort zu ſetzen, wo ſie gegenwaͤrtig iſt, und brauchen ſie nicht erſt zum Cometen zu machen. Wir ſehen alſo wohl, daß das Lehrgebaͤude unſers Whiſtons auf ſo feſten Saͤulen nicht ruhet, als man ſich wohl einzubilden pflegt, weil man das gar zu gerne glaubt, was man wuͤnſcht, und es vor noͤ- thig haͤlt von denen Worten Moſis eine phyſicaliſche Er- klaͤrung zu geben. §. 26. Eben das iſt von der Erklaͤrung zu ſagen, welche un- ſer gelehrter Engellaͤnder von der Suͤndfluth gegeben hat. Denn da ſie ſich gleichfalls auf die noch ſehr ungewiſſe Cometenlehre gruͤndet, ſo wird man ſie vermuthlich vor kein Evangelium halten. Laßt uns ſehen, wie er uns dieſelbige beſchreibt. §. 27. So wohl Moſes, als die alten Geſchichtſchreiber und Poeten erzaͤhlen uns, daß ehemals eine groſſe Ueber- ſchwemmung der Erde vorgegangen ſey, die wir die Suͤnd- fluth zu nennen pflegen. Man glaubt, daß der ganze Erd- boden mit Waſſer uͤber und uͤber bedeckt worden ſey, und es iſt kein groſſes Kopfbrechen dabey, wenn man ſich blos auf die Allmacht GOttes beruffet, wenn man aber die Allgemeinheit der Suͤndfluth aus natuͤrlichen Urſachen begreiflich machen will, ſo finden ſich nicht geringe Schwie- rigkeiten, und man ſiehet ſich wie in andern Faͤllen ge- noͤthiget zu geſtehen, daß Glaube und Vernunft nicht zu vermengen ſey. Denn durch einen bloſſen Regen kan ohn- moͤglich ſo viel Waſſer herabgefallen ſeyn, welches die ganze Erde um und um umgeben, und uͤber die hoͤchſten Berge gegangen ſeyn ſoll, denn geſetzt auch, daß unſere ganze Atmoſphaͤre in Waſſer verwandelt worden waͤre, ſo wuͤrde dennoch dieſes ſo viel nicht ausgemacht haben, ich geſchwei- D 2

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/65>, abgerufen am 26.04.2024.