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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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Geschichte der Erde
vorgequollen wäre. Jch halte also davor, daß ein
Schriftsteller, welcher behauptet: daß die Welt vor der
Sündfluth eben so vollkommen als jetzo gewesen, sich ge-
zwungen sehe eine solche Erklärung zu ergreifen, nach
welcher schon eben so viel Wasser vorher auf der Erde gewe-
sen, als zu der Sündfluth nöthig ist.

§. 37.

Es scheinet ferner auch Whiston darinuen mit dem
Begriffe des Newtons nicht übereinzukommen, daß er den
Schwanz des Cometens aus wässerichten Dünsten ver-
fertiget. Denn nach Newtons Begriffe müste er aus
Rauche und Dampfe bestehen, welcher von einen solchen
entzündeten Weltkörper aufgestiegen wäre. Wenn man
aber dieses annehmen wollte: so würde die Erde bey ih-
ren Durchgange durch den Cometenschwanz vielmehr eine
Entzündung als Ueberschwemmung zu gewarten gehabt
haben.

§. 38.

Wenn wir mit Whistonen annehmen wollten, daß
durch Annäherung des Cometens mehr Wasser auf die
Erde gekommen wäre, als sich darauf befunden hätte:
so würde sich eine viel natürlichere Ursache von der ver-
grösserten Laufbahn der Erde angeben lassen, als Whi-
ston
davon angeführt hat. Denn er leitet es von der
anziehenden Kraft des Cometens her, welches doch, wie
ich oben gezeigt habe, darum nicht wohl angehet: weil
nach den Gesetzen der Bewegung ein so kleiner Körper wie
der Comet gewesen, und der der Erde näher als der
Mond gekommen, nothwendig zum Erdtrabanten hätte
werden müssen. Setzen wir aber die durch das Wasser
vermehrte Schwere zum voraus: so muß sie sich blos aus
dieser Ursache weiter von dem Mittelpuncte der Sonne
entfernet, und folglich einen grössern Kreiß um dieselbe
beschrieben haben. Denn weil ihre Masse dadurch ver-

mehrt

Geſchichte der Erde
vorgequollen waͤre. Jch halte alſo davor, daß ein
Schriftſteller, welcher behauptet: daß die Welt vor der
Suͤndfluth eben ſo vollkommen als jetzo geweſen, ſich ge-
zwungen ſehe eine ſolche Erklaͤrung zu ergreifen, nach
welcher ſchon eben ſo viel Waſſer vorher auf der Erde gewe-
ſen, als zu der Suͤndfluth noͤthig iſt.

§. 37.

Es ſcheinet ferner auch Whiſton darinuen mit dem
Begriffe des Newtons nicht uͤbereinzukommen, daß er den
Schwanz des Cometens aus waͤſſerichten Duͤnſten ver-
fertiget. Denn nach Newtons Begriffe muͤſte er aus
Rauche und Dampfe beſtehen, welcher von einen ſolchen
entzuͤndeten Weltkoͤrper aufgeſtiegen waͤre. Wenn man
aber dieſes annehmen wollte: ſo wuͤrde die Erde bey ih-
ren Durchgange durch den Cometenſchwanz vielmehr eine
Entzuͤndung als Ueberſchwemmung zu gewarten gehabt
haben.

§. 38.

Wenn wir mit Whiſtonen annehmen wollten, daß
durch Annaͤherung des Cometens mehr Waſſer auf die
Erde gekommen waͤre, als ſich darauf befunden haͤtte:
ſo wuͤrde ſich eine viel natuͤrlichere Urſache von der ver-
groͤſſerten Laufbahn der Erde angeben laſſen, als Whi-
ſton
davon angefuͤhrt hat. Denn er leitet es von der
anziehenden Kraft des Cometens her, welches doch, wie
ich oben gezeigt habe, darum nicht wohl angehet: weil
nach den Geſetzen der Bewegung ein ſo kleiner Koͤrper wie
der Comet geweſen, und der der Erde naͤher als der
Mond gekommen, nothwendig zum Erdtrabanten haͤtte
werden muͤſſen. Setzen wir aber die durch das Waſſer
vermehrte Schwere zum voraus: ſo muß ſie ſich blos aus
dieſer Urſache weiter von dem Mittelpuncte der Sonne
entfernet, und folglich einen groͤſſern Kreiß um dieſelbe
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[68/0082] Geſchichte der Erde vorgequollen waͤre. Jch halte alſo davor, daß ein Schriftſteller, welcher behauptet: daß die Welt vor der Suͤndfluth eben ſo vollkommen als jetzo geweſen, ſich ge- zwungen ſehe eine ſolche Erklaͤrung zu ergreifen, nach welcher ſchon eben ſo viel Waſſer vorher auf der Erde gewe- ſen, als zu der Suͤndfluth noͤthig iſt. §. 37. Es ſcheinet ferner auch Whiſton darinuen mit dem Begriffe des Newtons nicht uͤbereinzukommen, daß er den Schwanz des Cometens aus waͤſſerichten Duͤnſten ver- fertiget. Denn nach Newtons Begriffe muͤſte er aus Rauche und Dampfe beſtehen, welcher von einen ſolchen entzuͤndeten Weltkoͤrper aufgeſtiegen waͤre. Wenn man aber dieſes annehmen wollte: ſo wuͤrde die Erde bey ih- ren Durchgange durch den Cometenſchwanz vielmehr eine Entzuͤndung als Ueberſchwemmung zu gewarten gehabt haben. §. 38. Wenn wir mit Whiſtonen annehmen wollten, daß durch Annaͤherung des Cometens mehr Waſſer auf die Erde gekommen waͤre, als ſich darauf befunden haͤtte: ſo wuͤrde ſich eine viel natuͤrlichere Urſache von der ver- groͤſſerten Laufbahn der Erde angeben laſſen, als Whi- ſton davon angefuͤhrt hat. Denn er leitet es von der anziehenden Kraft des Cometens her, welches doch, wie ich oben gezeigt habe, darum nicht wohl angehet: weil nach den Geſetzen der Bewegung ein ſo kleiner Koͤrper wie der Comet geweſen, und der der Erde naͤher als der Mond gekommen, nothwendig zum Erdtrabanten haͤtte werden muͤſſen. Setzen wir aber die durch das Waſſer vermehrte Schwere zum voraus: ſo muß ſie ſich blos aus dieſer Urſache weiter von dem Mittelpuncte der Sonne entfernet, und folglich einen groͤſſern Kreiß um dieſelbe beſchrieben haben. Denn weil ihre Maſſe dadurch ver- mehrt

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/82>, abgerufen am 26.04.2024.