Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

in den allerältesten Zeiten.
mehrt worden wäre: so würde ihre Centrifugalkraft grös-
ser geworden seyn, welches verursacht haben würde, daß
sie tiefer in die Weltordnung hinuntergesunken, und sich
also weiter von der Sonne entfernt hätte. Denn daß in
der That diese Ordnung in der Natur beobachtet werde,
erhellet ganz deutlich daraus, daß die kleinen Planeten der
Sonne am nächsten, und die grössern weiter von der-
selben entfernt sind. Mercur ist kleiner als Venus,
diese kleiner als die Erde, die Erde ist kleiner als der Ju-
piter,
und dieser mit seinen Trabanten vermuthlich auch
kleiner als der Saturn, wenn man nebst seinen 5 Tra-
banten den Ring, wie billig, mit dazu rechnen wollte.
Der einzige Mars macht eine Ausnahme: indem er klei-
ner ist als die Erde, und doch weiter als diese von der
Sonne abstehet. Aber eben dieses hat mich auf die Ge-
danken gebracht, daß er vormals als ein Mond mit zu
der Erde gehört habe, und sich durch einen besondern Zu-
fall so weit von ihr entfernet, daß er ausser ihren Gebie-
the gekommen, und sich daher genöthiget gesehen um die
Sonne, als die allgemeine Beherrscherin aller Planeten,
herum zu laufen. Jndessen gestehe ich, daß ich es nicht
weiß, was dieses für ein Zufall gewesen.

§. 39.

Aller der bisher angeführten Erheblichkeiten ohnge-
achtet, muß man doch gestehen, daß die Whistonische
Theorie von der Sündfluth eine der artigsten und sinnrei-
chesten Erfindungen sey, welche man in dieser Materie
antrift. Man hat daher die von mir darwider angeführ-
ten Schwierigkeiten keinesweges als Waffen anzusehen,
mit welchen ich mir vorgesetzt hätte die Meinung dieses
gelehrten Engelländers zu bestreiten. Nein, sie sollen
blos Erinnerungen abgeben, daß man sich nicht einbilde,
es gehöre das Whistonische Lehrgebäude in die Zahl der
mathematischen Wahrheiten, oder wohl gar unter die

Glau-
E 3

in den alleraͤlteſten Zeiten.
mehrt worden waͤre: ſo wuͤrde ihre Centrifugalkraft groͤſ-
ſer geworden ſeyn, welches verurſacht haben wuͤrde, daß
ſie tiefer in die Weltordnung hinuntergeſunken, und ſich
alſo weiter von der Sonne entfernt haͤtte. Denn daß in
der That dieſe Ordnung in der Natur beobachtet werde,
erhellet ganz deutlich daraus, daß die kleinen Planeten der
Sonne am naͤchſten, und die groͤſſern weiter von der-
ſelben entfernt ſind. Mercur iſt kleiner als Venus,
dieſe kleiner als die Erde, die Erde iſt kleiner als der Ju-
piter,
und dieſer mit ſeinen Trabanten vermuthlich auch
kleiner als der Saturn, wenn man nebſt ſeinen 5 Tra-
banten den Ring, wie billig, mit dazu rechnen wollte.
Der einzige Mars macht eine Ausnahme: indem er klei-
ner iſt als die Erde, und doch weiter als dieſe von der
Sonne abſtehet. Aber eben dieſes hat mich auf die Ge-
danken gebracht, daß er vormals als ein Mond mit zu
der Erde gehoͤrt habe, und ſich durch einen beſondern Zu-
fall ſo weit von ihr entfernet, daß er auſſer ihren Gebie-
the gekommen, und ſich daher genoͤthiget geſehen um die
Sonne, als die allgemeine Beherrſcherin aller Planeten,
herum zu laufen. Jndeſſen geſtehe ich, daß ich es nicht
weiß, was dieſes fuͤr ein Zufall geweſen.

§. 39.

Aller der bisher angefuͤhrten Erheblichkeiten ohnge-
achtet, muß man doch geſtehen, daß die Whiſtoniſche
Theorie von der Suͤndfluth eine der artigſten und ſinnrei-
cheſten Erfindungen ſey, welche man in dieſer Materie
antrift. Man hat daher die von mir darwider angefuͤhr-
ten Schwierigkeiten keinesweges als Waffen anzuſehen,
mit welchen ich mir vorgeſetzt haͤtte die Meinung dieſes
gelehrten Engellaͤnders zu beſtreiten. Nein, ſie ſollen
blos Erinnerungen abgeben, daß man ſich nicht einbilde,
es gehoͤre das Whiſtoniſche Lehrgebaͤude in die Zahl der
mathematiſchen Wahrheiten, oder wohl gar unter die

Glau-
E 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0083" n="69"/><fw place="top" type="header">in den allera&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten.</fw><lb/>
mehrt worden wa&#x0364;re: &#x017F;o wu&#x0364;rde ihre Centrifugalkraft gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er geworden &#x017F;eyn, welches verur&#x017F;acht haben wu&#x0364;rde, daß<lb/>
&#x017F;ie tiefer in die Weltordnung hinunterge&#x017F;unken, und &#x017F;ich<lb/>
al&#x017F;o weiter von der Sonne entfernt ha&#x0364;tte. Denn daß in<lb/>
der That die&#x017F;e Ordnung in der Natur beobachtet werde,<lb/>
erhellet ganz deutlich daraus, daß die kleinen Planeten der<lb/>
Sonne am na&#x0364;ch&#x017F;ten, und die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern weiter von der-<lb/>
&#x017F;elben entfernt &#x017F;ind. <hi rendition="#fr">Mercur</hi> i&#x017F;t kleiner als <hi rendition="#fr">Venus,</hi><lb/>
die&#x017F;e kleiner als die Erde, die Erde i&#x017F;t kleiner als der <hi rendition="#fr">Ju-<lb/>
piter,</hi> und die&#x017F;er mit &#x017F;einen Trabanten vermuthlich auch<lb/>
kleiner als der <hi rendition="#fr">Saturn,</hi> wenn man neb&#x017F;t &#x017F;einen 5 Tra-<lb/>
banten den Ring, wie billig, mit dazu rechnen wollte.<lb/>
Der einzige <hi rendition="#fr">Mars</hi> macht eine Ausnahme: indem er klei-<lb/>
ner i&#x017F;t als die <hi rendition="#fr">Erde,</hi> und doch weiter als die&#x017F;e von der<lb/>
Sonne ab&#x017F;tehet. Aber eben die&#x017F;es hat mich auf die Ge-<lb/>
danken gebracht, daß er vormals als ein Mond mit zu<lb/>
der Erde geho&#x0364;rt habe, und &#x017F;ich durch einen be&#x017F;ondern Zu-<lb/>
fall &#x017F;o weit von ihr entfernet, daß er au&#x017F;&#x017F;er ihren Gebie-<lb/>
the gekommen, und &#x017F;ich daher geno&#x0364;thiget ge&#x017F;ehen um die<lb/>
Sonne, als die allgemeine Beherr&#x017F;cherin aller Planeten,<lb/>
herum zu laufen. Jnde&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;tehe ich, daß ich es nicht<lb/>
weiß, was die&#x017F;es fu&#x0364;r ein Zufall gewe&#x017F;en.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 39.</head><lb/>
        <p>Aller der bisher angefu&#x0364;hrten Erheblichkeiten ohnge-<lb/>
achtet, muß man doch ge&#x017F;tehen, daß die <hi rendition="#fr">Whi&#x017F;toni&#x017F;che</hi><lb/>
Theorie von der Su&#x0364;ndfluth eine der artig&#x017F;ten und &#x017F;innrei-<lb/>
che&#x017F;ten Erfindungen &#x017F;ey, welche man in die&#x017F;er Materie<lb/>
antrift. Man hat daher die von mir darwider angefu&#x0364;hr-<lb/>
ten Schwierigkeiten keinesweges als Waffen anzu&#x017F;ehen,<lb/>
mit welchen ich mir vorge&#x017F;etzt ha&#x0364;tte die Meinung die&#x017F;es<lb/>
gelehrten Engella&#x0364;nders zu be&#x017F;treiten. Nein, &#x017F;ie &#x017F;ollen<lb/>
blos Erinnerungen abgeben, daß man &#x017F;ich nicht einbilde,<lb/>
es geho&#x0364;re das Whi&#x017F;toni&#x017F;che Lehrgeba&#x0364;ude in die Zahl der<lb/>
mathemati&#x017F;chen Wahrheiten, oder wohl gar unter die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Glau-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[69/0083] in den alleraͤlteſten Zeiten. mehrt worden waͤre: ſo wuͤrde ihre Centrifugalkraft groͤſ- ſer geworden ſeyn, welches verurſacht haben wuͤrde, daß ſie tiefer in die Weltordnung hinuntergeſunken, und ſich alſo weiter von der Sonne entfernt haͤtte. Denn daß in der That dieſe Ordnung in der Natur beobachtet werde, erhellet ganz deutlich daraus, daß die kleinen Planeten der Sonne am naͤchſten, und die groͤſſern weiter von der- ſelben entfernt ſind. Mercur iſt kleiner als Venus, dieſe kleiner als die Erde, die Erde iſt kleiner als der Ju- piter, und dieſer mit ſeinen Trabanten vermuthlich auch kleiner als der Saturn, wenn man nebſt ſeinen 5 Tra- banten den Ring, wie billig, mit dazu rechnen wollte. Der einzige Mars macht eine Ausnahme: indem er klei- ner iſt als die Erde, und doch weiter als dieſe von der Sonne abſtehet. Aber eben dieſes hat mich auf die Ge- danken gebracht, daß er vormals als ein Mond mit zu der Erde gehoͤrt habe, und ſich durch einen beſondern Zu- fall ſo weit von ihr entfernet, daß er auſſer ihren Gebie- the gekommen, und ſich daher genoͤthiget geſehen um die Sonne, als die allgemeine Beherrſcherin aller Planeten, herum zu laufen. Jndeſſen geſtehe ich, daß ich es nicht weiß, was dieſes fuͤr ein Zufall geweſen. §. 39. Aller der bisher angefuͤhrten Erheblichkeiten ohnge- achtet, muß man doch geſtehen, daß die Whiſtoniſche Theorie von der Suͤndfluth eine der artigſten und ſinnrei- cheſten Erfindungen ſey, welche man in dieſer Materie antrift. Man hat daher die von mir darwider angefuͤhr- ten Schwierigkeiten keinesweges als Waffen anzuſehen, mit welchen ich mir vorgeſetzt haͤtte die Meinung dieſes gelehrten Engellaͤnders zu beſtreiten. Nein, ſie ſollen blos Erinnerungen abgeben, daß man ſich nicht einbilde, es gehoͤre das Whiſtoniſche Lehrgebaͤude in die Zahl der mathematiſchen Wahrheiten, oder wohl gar unter die Glau- E 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/83
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/83>, abgerufen am 04.05.2024.