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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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Das Allgemeine und Besondere.
trachtungen, bloß logisch. Man kann sie aber als
ein logisches Lemma ansehen, dergleichen in den Wis-
senschaften häufiger vorkommen sollten, (Dianoiol.
§. 444-467.).

§. 185.

Um hiebey den einfachsten Fall vorzunehmen, so
sey der Begriff der Gattung A, seine Merkmale,
Theile, oder Verhältnisse B, C. Man nehme nun B
besonders vor, und setze, daß es die Bestimmungen
m, n, p zulasse, und folglich mB, nB, pB seyn könne,
so setzen wir auf erstbeschriebene Art, daß A die Ar-
ten mA, nA, pA habe. Dieser Schluß ist nun zu-
weilen wirklich falsch und unrichtig. Denn ist B eine
höhere Gattung von A, so ist es möglich, daß mB,
nB, pB
solche Arten dieser Gattung sind, unter deren
eine die Art A ganz gehöret, und folglich von den
übrigen ausgeschlossen ist. So z. E. wenn A einen
Cirkel, B eine Figur bedeutet, so ist allerdings B ein
Merkmal von A. Man theile nun die Figuren in
geradlinichte und krummlinichte, und in solche die
beydes zugleich sind:
so würde man ungereimt
auch A oder einen Cirkel in solche Classen eintheilen,
weil A nur unter eine dieser Arten gehöret. Ein ge-
radlinichter und so auch ein vermischtlinichter Cirkel
ist ein unmöglich Ding. Hätte man aber für A den
Begriff eines Triangels genommen, so wäre die Ein-
theilung angegangen. Man sieht demnach, daß
nicht jede Bestimmungen, die ein Merkmal B an
sich betrachtet zuläßt, demselben in diesem oder jenem
Begriffe A, in welchem B vorkömmt, zugesetzet wer-
den können. Denn in A können bereits andere Be-
stimmungen seyn, die einige an sich gar wohl mög-
liche Bestimmungen des B nicht zulassen.

§. 186.
K 2

Das Allgemeine und Beſondere.
trachtungen, bloß logiſch. Man kann ſie aber als
ein logiſches Lemma anſehen, dergleichen in den Wiſ-
ſenſchaften haͤufiger vorkommen ſollten, (Dianoiol.
§. 444-467.).

§. 185.

Um hiebey den einfachſten Fall vorzunehmen, ſo
ſey der Begriff der Gattung A, ſeine Merkmale,
Theile, oder Verhaͤltniſſe B, C. Man nehme nun B
beſonders vor, und ſetze, daß es die Beſtimmungen
m, n, p zulaſſe, und folglich mB, nB, pB ſeyn koͤnne,
ſo ſetzen wir auf erſtbeſchriebene Art, daß A die Ar-
ten mA, nA, pA habe. Dieſer Schluß iſt nun zu-
weilen wirklich falſch und unrichtig. Denn iſt B eine
hoͤhere Gattung von A, ſo iſt es moͤglich, daß mB,
nB, pB
ſolche Arten dieſer Gattung ſind, unter deren
eine die Art A ganz gehoͤret, und folglich von den
uͤbrigen ausgeſchloſſen iſt. So z. E. wenn A einen
Cirkel, B eine Figur bedeutet, ſo iſt allerdings B ein
Merkmal von A. Man theile nun die Figuren in
geradlinichte und krummlinichte, und in ſolche die
beydes zugleich ſind:
ſo wuͤrde man ungereimt
auch A oder einen Cirkel in ſolche Claſſen eintheilen,
weil A nur unter eine dieſer Arten gehoͤret. Ein ge-
radlinichter und ſo auch ein vermiſchtlinichter Cirkel
iſt ein unmoͤglich Ding. Haͤtte man aber fuͤr A den
Begriff eines Triangels genommen, ſo waͤre die Ein-
theilung angegangen. Man ſieht demnach, daß
nicht jede Beſtimmungen, die ein Merkmal B an
ſich betrachtet zulaͤßt, demſelben in dieſem oder jenem
Begriffe A, in welchem B vorkoͤmmt, zugeſetzet wer-
den koͤnnen. Denn in A koͤnnen bereits andere Be-
ſtimmungen ſeyn, die einige an ſich gar wohl moͤg-
liche Beſtimmungen des B nicht zulaſſen.

§. 186.
K 2
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[147/0183] Das Allgemeine und Beſondere. trachtungen, bloß logiſch. Man kann ſie aber als ein logiſches Lemma anſehen, dergleichen in den Wiſ- ſenſchaften haͤufiger vorkommen ſollten, (Dianoiol. §. 444-467.). §. 185. Um hiebey den einfachſten Fall vorzunehmen, ſo ſey der Begriff der Gattung A, ſeine Merkmale, Theile, oder Verhaͤltniſſe B, C. Man nehme nun B beſonders vor, und ſetze, daß es die Beſtimmungen m, n, p zulaſſe, und folglich mB, nB, pB ſeyn koͤnne, ſo ſetzen wir auf erſtbeſchriebene Art, daß A die Ar- ten mA, nA, pA habe. Dieſer Schluß iſt nun zu- weilen wirklich falſch und unrichtig. Denn iſt B eine hoͤhere Gattung von A, ſo iſt es moͤglich, daß mB, nB, pB ſolche Arten dieſer Gattung ſind, unter deren eine die Art A ganz gehoͤret, und folglich von den uͤbrigen ausgeſchloſſen iſt. So z. E. wenn A einen Cirkel, B eine Figur bedeutet, ſo iſt allerdings B ein Merkmal von A. Man theile nun die Figuren in geradlinichte und krummlinichte, und in ſolche die beydes zugleich ſind: ſo wuͤrde man ungereimt auch A oder einen Cirkel in ſolche Claſſen eintheilen, weil A nur unter eine dieſer Arten gehoͤret. Ein ge- radlinichter und ſo auch ein vermiſchtlinichter Cirkel iſt ein unmoͤglich Ding. Haͤtte man aber fuͤr A den Begriff eines Triangels genommen, ſo waͤre die Ein- theilung angegangen. Man ſieht demnach, daß nicht jede Beſtimmungen, die ein Merkmal B an ſich betrachtet zulaͤßt, demſelben in dieſem oder jenem Begriffe A, in welchem B vorkoͤmmt, zugeſetzet wer- den koͤnnen. Denn in A koͤnnen bereits andere Be- ſtimmungen ſeyn, die einige an ſich gar wohl moͤg- liche Beſtimmungen des B nicht zulaſſen. §. 186. K 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/183>, abgerufen am 27.04.2024.