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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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VI. Hauptstück.
wesentliche Stücke wären. Da demnach einfache Be-
griffe ein einziges wesentliches Stück vorstellen, so
kömmt dabey auch von dem gemeinsamen Bande die
Rede nicht vor, weil dieses nothwendig mehr als ein
wesentliches Stück vorstellet. Aus gleichem Grunde
ist auch dabey weder von Abänderung des Bandes
noch von Verwechslung der wesentlichen Stücke die
Rede, sondern das, was die einfachen Grundbegriffe
vorstellen, bleibt, was es ist, und läßt sich nicht in
anderes verwandeln, (§. 225.).

§. 229.

Hingegen ist das, was die einfachen Grundbegriffe
vorstellen, mehr oder minder ganz willkührlicher Be-
stimmungen fähig, dergleichen diejenigen sind, die
wir oben bey der specialen Betrachtung dieser Be-
griffe, als Postulata vorgetragen haben. Alle aber
beziehen sich zuletzt auf das Solide und die Kräfte,
weil diese die erste Anlage zur Existenz, und so auch
zur Jndividualität sind, (§. 210. 157. 158. 118. seqq.).
Betrachtet man sie aber für sich, in abstracto, ohne
Rücksicht auf die Existenz und Jndividualität, und
ohne alle hiezu nöthige Bestimmungen mitzuneh-
men, so werden sie gleichsam nur als im Reiche
der Wahrheiten,
oder als Möglichkeiten be-
trachtet, und indem man bald von einigen abstra-
hirt, bald mehrere mitnimmt, so läßt sich dabey
stufenweise gehen, indem man von dem Einfachern
zu dem Zusammengesetztern fortschreitet. Hierüber
können wir nun folgende Sätze anführen.

1o. Man nehme von den Bestimmungen, so die
einfachen Begriffe leiden, einige willkührlich
zusammen, so kömmt sogleich die Frage vor,
ob

VI. Hauptſtuͤck.
weſentliche Stuͤcke waͤren. Da demnach einfache Be-
griffe ein einziges weſentliches Stuͤck vorſtellen, ſo
koͤmmt dabey auch von dem gemeinſamen Bande die
Rede nicht vor, weil dieſes nothwendig mehr als ein
weſentliches Stuͤck vorſtellet. Aus gleichem Grunde
iſt auch dabey weder von Abaͤnderung des Bandes
noch von Verwechslung der weſentlichen Stuͤcke die
Rede, ſondern das, was die einfachen Grundbegriffe
vorſtellen, bleibt, was es iſt, und laͤßt ſich nicht in
anderes verwandeln, (§. 225.).

§. 229.

Hingegen iſt das, was die einfachen Grundbegriffe
vorſtellen, mehr oder minder ganz willkuͤhrlicher Be-
ſtimmungen faͤhig, dergleichen diejenigen ſind, die
wir oben bey der ſpecialen Betrachtung dieſer Be-
griffe, als Poſtulata vorgetragen haben. Alle aber
beziehen ſich zuletzt auf das Solide und die Kraͤfte,
weil dieſe die erſte Anlage zur Exiſtenz, und ſo auch
zur Jndividualitaͤt ſind, (§. 210. 157. 158. 118. ſeqq.).
Betrachtet man ſie aber fuͤr ſich, in abſtracto, ohne
Ruͤckſicht auf die Exiſtenz und Jndividualitaͤt, und
ohne alle hiezu noͤthige Beſtimmungen mitzuneh-
men, ſo werden ſie gleichſam nur als im Reiche
der Wahrheiten,
oder als Moͤglichkeiten be-
trachtet, und indem man bald von einigen abſtra-
hirt, bald mehrere mitnimmt, ſo laͤßt ſich dabey
ſtufenweiſe gehen, indem man von dem Einfachern
zu dem Zuſammengeſetztern fortſchreitet. Hieruͤber
koͤnnen wir nun folgende Saͤtze anfuͤhren.

1º. Man nehme von den Beſtimmungen, ſo die
einfachen Begriffe leiden, einige willkuͤhrlich
zuſammen, ſo koͤmmt ſogleich die Frage vor,
ob
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[192/0228] VI. Hauptſtuͤck. weſentliche Stuͤcke waͤren. Da demnach einfache Be- griffe ein einziges weſentliches Stuͤck vorſtellen, ſo koͤmmt dabey auch von dem gemeinſamen Bande die Rede nicht vor, weil dieſes nothwendig mehr als ein weſentliches Stuͤck vorſtellet. Aus gleichem Grunde iſt auch dabey weder von Abaͤnderung des Bandes noch von Verwechslung der weſentlichen Stuͤcke die Rede, ſondern das, was die einfachen Grundbegriffe vorſtellen, bleibt, was es iſt, und laͤßt ſich nicht in anderes verwandeln, (§. 225.). §. 229. Hingegen iſt das, was die einfachen Grundbegriffe vorſtellen, mehr oder minder ganz willkuͤhrlicher Be- ſtimmungen faͤhig, dergleichen diejenigen ſind, die wir oben bey der ſpecialen Betrachtung dieſer Be- griffe, als Poſtulata vorgetragen haben. Alle aber beziehen ſich zuletzt auf das Solide und die Kraͤfte, weil dieſe die erſte Anlage zur Exiſtenz, und ſo auch zur Jndividualitaͤt ſind, (§. 210. 157. 158. 118. ſeqq.). Betrachtet man ſie aber fuͤr ſich, in abſtracto, ohne Ruͤckſicht auf die Exiſtenz und Jndividualitaͤt, und ohne alle hiezu noͤthige Beſtimmungen mitzuneh- men, ſo werden ſie gleichſam nur als im Reiche der Wahrheiten, oder als Moͤglichkeiten be- trachtet, und indem man bald von einigen abſtra- hirt, bald mehrere mitnimmt, ſo laͤßt ſich dabey ſtufenweiſe gehen, indem man von dem Einfachern zu dem Zuſammengeſetztern fortſchreitet. Hieruͤber koͤnnen wir nun folgende Saͤtze anfuͤhren. 1º. Man nehme von den Beſtimmungen, ſo die einfachen Begriffe leiden, einige willkuͤhrlich zuſammen, ſo koͤmmt ſogleich die Frage vor, ob

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/228>, abgerufen am 27.04.2024.