Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Etwas seyn und das Nichts seyn.
ist. Da muß die oben (§. 242.) für diesen Fall
angezeigte Aenderung vorgenommen werden.
3°. Jst es gar wohl möglich, daß wir zwey Indi-
vidua
confundiren, und eines für das andere
nehmen, und da müssen wir genauer nachsehen,
ob diese Verwechselung da sey, oder es in der
That dennoch ein und eben dasselbe Indiuiduum
sey? Denn ist das letztere, so kömmt einer der
beyden ersten Fälle oder beyde vor.
§. 265.

Da sich die in dem §. 261. angeführten siebenzehen
Sätze eigentlich nur bey den Indiuiduis anwenden las-
sen; so werden wir nun sehen, wie ferne die allge-
meinen Begriffe darinn unterschieden sind, oder von
den Indiuiduis abgehen? Man hat in der Metaphysic
das, was ein allgemeiner Begriff vorstellet, ein all-
gemeines Ding
genennet (§. 178. N°. 8.), und wenn
man dieses als existirend betrachtet, so geschieht es
erdichtungsweise und auf eine schlechthin ideale Art,
(§. 164. 178. N°. 9.). Sie sind daher zwischen dem
absoluten Etwas und Nichts (§. 262. N°. 12.) un-
gefähr eben so ein Mittelding, wie das Wahrschein-
liche
zwischen dem ist und ist nicht, (§. 104. 245.).
Wird der Begriff einer Bestimmung A und ihr
Terminus infinitus Nicht - A eben so auf ein all-
gemeines Ding angewandt, wie wir beyde auf die
einzelne Dinge oder Indiuidua angewandt haben, so
kommen theils einige Einschränkungen vor, theils
ändert sich die reale Bedeutung in eine bloß ideale,
das Wirkliche in das Mögliche, und das Categori-
sche oder Ausdrückliche in das Hypothetische oder Be-
dingte. Wie dieses geschehe, kann nun durch folgende
Sätze angezeiget werden.

I°. Copu-
Q 3
Das Etwas ſeyn und das Nichts ſeyn.
iſt. Da muß die oben (§. 242.) fuͤr dieſen Fall
angezeigte Aenderung vorgenommen werden.
3°. Jſt es gar wohl moͤglich, daß wir zwey Indi-
vidua
confundiren, und eines fuͤr das andere
nehmen, und da muͤſſen wir genauer nachſehen,
ob dieſe Verwechſelung da ſey, oder es in der
That dennoch ein und eben daſſelbe Indiuiduum
ſey? Denn iſt das letztere, ſo koͤmmt einer der
beyden erſten Faͤlle oder beyde vor.
§. 265.

Da ſich die in dem §. 261. angefuͤhrten ſiebenzehen
Saͤtze eigentlich nur bey den Indiuiduis anwenden laſ-
ſen; ſo werden wir nun ſehen, wie ferne die allge-
meinen Begriffe darinn unterſchieden ſind, oder von
den Indiuiduis abgehen? Man hat in der Metaphyſic
das, was ein allgemeiner Begriff vorſtellet, ein all-
gemeines Ding
genennet (§. 178. N°. 8.), und wenn
man dieſes als exiſtirend betrachtet, ſo geſchieht es
erdichtungsweiſe und auf eine ſchlechthin ideale Art,
(§. 164. 178. N°. 9.). Sie ſind daher zwiſchen dem
abſoluten Etwas und Nichts (§. 262. N°. 12.) un-
gefaͤhr eben ſo ein Mittelding, wie das Wahrſchein-
liche
zwiſchen dem iſt und iſt nicht, (§. 104. 245.).
Wird der Begriff einer Beſtimmung A und ihr
Terminus infinitus NichtA eben ſo auf ein all-
gemeines Ding angewandt, wie wir beyde auf die
einzelne Dinge oder Indiuidua angewandt haben, ſo
kommen theils einige Einſchraͤnkungen vor, theils
aͤndert ſich die reale Bedeutung in eine bloß ideale,
das Wirkliche in das Moͤgliche, und das Categori-
ſche oder Ausdruͤckliche in das Hypothetiſche oder Be-
dingte. Wie dieſes geſchehe, kann nun durch folgende
Saͤtze angezeiget werden.

I°. Copu-
Q 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f0281" n="245"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Etwas &#x017F;eyn und das Nichts &#x017F;eyn.</hi></fw><lb/>
i&#x017F;t. Da muß die oben (§. 242.) fu&#x0364;r die&#x017F;en Fall<lb/>
angezeigte Aenderung vorgenommen werden.</item><lb/>
              <item>3°. J&#x017F;t es gar wohl mo&#x0364;glich, daß wir zwey <hi rendition="#aq">Indi-<lb/>
vidua</hi> confundiren, und eines fu&#x0364;r das andere<lb/>
nehmen, und da mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir genauer nach&#x017F;ehen,<lb/>
ob die&#x017F;e Verwech&#x017F;elung da &#x017F;ey, oder es in der<lb/>
That dennoch ein und eben da&#x017F;&#x017F;elbe <hi rendition="#aq">Indiuiduum</hi><lb/>
&#x017F;ey? Denn i&#x017F;t das letztere, &#x017F;o ko&#x0364;mmt einer der<lb/>
beyden er&#x017F;ten Fa&#x0364;lle oder beyde vor.</item>
            </list>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 265.</head><lb/>
            <p>Da &#x017F;ich die in dem §. 261. angefu&#x0364;hrten &#x017F;iebenzehen<lb/>
Sa&#x0364;tze eigentlich nur bey den <hi rendition="#aq">Indiuiduis</hi> anwenden la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; &#x017F;o werden wir nun &#x017F;ehen, wie ferne die allge-<lb/>
meinen Begriffe darinn unter&#x017F;chieden &#x017F;ind, oder von<lb/>
den <hi rendition="#aq">Indiuiduis</hi> abgehen? Man hat in der Metaphy&#x017F;ic<lb/>
das, was ein allgemeiner Begriff vor&#x017F;tellet, ein <hi rendition="#fr">all-<lb/>
gemeines Ding</hi> genennet (§. 178. <hi rendition="#aq">N°.</hi> 8.), und wenn<lb/>
man die&#x017F;es als exi&#x017F;tirend betrachtet, &#x017F;o ge&#x017F;chieht es<lb/>
erdichtungswei&#x017F;e und auf eine &#x017F;chlechthin ideale Art,<lb/>
(§. 164. 178. <hi rendition="#aq">N°.</hi> 9.). Sie &#x017F;ind daher zwi&#x017F;chen dem<lb/>
ab&#x017F;oluten <hi rendition="#fr">Etwas</hi> und <hi rendition="#fr">Nichts</hi> (§. 262. <hi rendition="#aq">N°.</hi> 12.) un-<lb/>
gefa&#x0364;hr eben &#x017F;o ein Mittelding, wie das <hi rendition="#fr">Wahr&#x017F;chein-<lb/>
liche</hi> zwi&#x017F;chen dem <hi rendition="#fr">i&#x017F;t</hi> und <hi rendition="#fr">i&#x017F;t nicht,</hi> (§. 104. 245.).<lb/>
Wird der Begriff einer Be&#x017F;timmung <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> und ihr<lb/><hi rendition="#aq">Terminus infinitus</hi> <hi rendition="#fr">Nicht</hi> &#x2012; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> eben &#x017F;o auf ein all-<lb/>
gemeines Ding angewandt, wie wir beyde auf die<lb/>
einzelne Dinge oder <hi rendition="#aq">Indiuidua</hi> angewandt haben, &#x017F;o<lb/>
kommen theils einige Ein&#x017F;chra&#x0364;nkungen vor, theils<lb/>
a&#x0364;ndert &#x017F;ich die reale Bedeutung in eine bloß ideale,<lb/>
das Wirkliche in das Mo&#x0364;gliche, und das Categori-<lb/>
&#x017F;che oder Ausdru&#x0364;ckliche in das Hypotheti&#x017F;che oder Be-<lb/>
dingte. Wie die&#x017F;es ge&#x017F;chehe, kann nun durch folgende<lb/>
Sa&#x0364;tze angezeiget werden.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Q 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">I°.</hi> <hi rendition="#fr">Copu-</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[245/0281] Das Etwas ſeyn und das Nichts ſeyn. iſt. Da muß die oben (§. 242.) fuͤr dieſen Fall angezeigte Aenderung vorgenommen werden. 3°. Jſt es gar wohl moͤglich, daß wir zwey Indi- vidua confundiren, und eines fuͤr das andere nehmen, und da muͤſſen wir genauer nachſehen, ob dieſe Verwechſelung da ſey, oder es in der That dennoch ein und eben daſſelbe Indiuiduum ſey? Denn iſt das letztere, ſo koͤmmt einer der beyden erſten Faͤlle oder beyde vor. §. 265. Da ſich die in dem §. 261. angefuͤhrten ſiebenzehen Saͤtze eigentlich nur bey den Indiuiduis anwenden laſ- ſen; ſo werden wir nun ſehen, wie ferne die allge- meinen Begriffe darinn unterſchieden ſind, oder von den Indiuiduis abgehen? Man hat in der Metaphyſic das, was ein allgemeiner Begriff vorſtellet, ein all- gemeines Ding genennet (§. 178. N°. 8.), und wenn man dieſes als exiſtirend betrachtet, ſo geſchieht es erdichtungsweiſe und auf eine ſchlechthin ideale Art, (§. 164. 178. N°. 9.). Sie ſind daher zwiſchen dem abſoluten Etwas und Nichts (§. 262. N°. 12.) un- gefaͤhr eben ſo ein Mittelding, wie das Wahrſchein- liche zwiſchen dem iſt und iſt nicht, (§. 104. 245.). Wird der Begriff einer Beſtimmung A und ihr Terminus infinitus Nicht ‒ A eben ſo auf ein all- gemeines Ding angewandt, wie wir beyde auf die einzelne Dinge oder Indiuidua angewandt haben, ſo kommen theils einige Einſchraͤnkungen vor, theils aͤndert ſich die reale Bedeutung in eine bloß ideale, das Wirkliche in das Moͤgliche, und das Categori- ſche oder Ausdruͤckliche in das Hypothetiſche oder Be- dingte. Wie dieſes geſchehe, kann nun durch folgende Saͤtze angezeiget werden. I°. Copu- Q 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/281
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/281>, abgerufen am 27.04.2024.