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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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IX. Hauptst. Das Nothwendig seyn


Neuntes Hauptstück.
Das Nothwendig seyn und das Nicht
nothwendig seyn.
§. 268.

Wir haben in beyden vorhergehenden Hauptstü-
cken die Sätze und Begriffe betrachtet, so fern
sie einander widersprechen und ausschließen, und
dabey kam schlechthin nur das Wort Nicht vor, so
fern es entweder dem ist, als ein Zuwort, oder den
Bestimmungen als ein Beywort zugesetzet wird.
Beydes geschah in der Absicht, zu bestimmen, was
zugleich seyn, oder nicht zugleich seyn kann.
Denn da die Zusammensetzung der Begriffe und
Dinge Einschränkungen leidet, so folget aus dem,
daß etwas für sich seyn kann, noch nicht, daß es mit
jedem andern zugleich und in jeder beliebigen Verbin-
dung seyn könne. Wir haben daher (§. 243.) die Quellen
einzeler und positiver Möglichkeiten, und (§. 250. 251.)
die Quellen der Widersprüche und categorischen Un-
möglichkeiten angezeiget, um zu dieser Theorie die
erste Anlage und Stoff anzugeben. So fern nun zwo
oder mehrere Bestimmungen nicht beysammen seyn
können, werden sie einander entgegengesetzt. Ent-
gegengesetzte Bestimmungen sind daher, in dieser Ab-
sicht betrachtet, immer A und nicht - A, und eine
wird beziehungsweise das Gegentheil der andern
genennet. Da aber auch diese Wörter mehr oder
minder vieldeutig sind, so wollen wir nicht bey der
Definition anfangen, oder sie zu Subjecten machen,

sondern
IX. Hauptſt. Das Nothwendig ſeyn


Neuntes Hauptſtuͤck.
Das Nothwendig ſeyn und das Nicht
nothwendig ſeyn.
§. 268.

Wir haben in beyden vorhergehenden Hauptſtuͤ-
cken die Saͤtze und Begriffe betrachtet, ſo fern
ſie einander widerſprechen und ausſchließen, und
dabey kam ſchlechthin nur das Wort Nicht vor, ſo
fern es entweder dem iſt, als ein Zuwort, oder den
Beſtimmungen als ein Beywort zugeſetzet wird.
Beydes geſchah in der Abſicht, zu beſtimmen, was
zugleich ſeyn, oder nicht zugleich ſeyn kann.
Denn da die Zuſammenſetzung der Begriffe und
Dinge Einſchraͤnkungen leidet, ſo folget aus dem,
daß etwas fuͤr ſich ſeyn kann, noch nicht, daß es mit
jedem andern zugleich und in jeder beliebigen Verbin-
dung ſeyn koͤnne. Wir haben daher (§. 243.) die Quellen
einzeler und poſitiver Moͤglichkeiten, und (§. 250. 251.)
die Quellen der Widerſpruͤche und categoriſchen Un-
moͤglichkeiten angezeiget, um zu dieſer Theorie die
erſte Anlage und Stoff anzugeben. So fern nun zwo
oder mehrere Beſtimmungen nicht beyſammen ſeyn
koͤnnen, werden ſie einander entgegengeſetzt. Ent-
gegengeſetzte Beſtimmungen ſind daher, in dieſer Ab-
ſicht betrachtet, immer A und nichtA, und eine
wird beziehungsweiſe das Gegentheil der andern
genennet. Da aber auch dieſe Woͤrter mehr oder
minder vieldeutig ſind, ſo wollen wir nicht bey der
Definition anfangen, oder ſie zu Subjecten machen,

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[254/0290] IX. Hauptſt. Das Nothwendig ſeyn Neuntes Hauptſtuͤck. Das Nothwendig ſeyn und das Nicht nothwendig ſeyn. §. 268. Wir haben in beyden vorhergehenden Hauptſtuͤ- cken die Saͤtze und Begriffe betrachtet, ſo fern ſie einander widerſprechen und ausſchließen, und dabey kam ſchlechthin nur das Wort Nicht vor, ſo fern es entweder dem iſt, als ein Zuwort, oder den Beſtimmungen als ein Beywort zugeſetzet wird. Beydes geſchah in der Abſicht, zu beſtimmen, was zugleich ſeyn, oder nicht zugleich ſeyn kann. Denn da die Zuſammenſetzung der Begriffe und Dinge Einſchraͤnkungen leidet, ſo folget aus dem, daß etwas fuͤr ſich ſeyn kann, noch nicht, daß es mit jedem andern zugleich und in jeder beliebigen Verbin- dung ſeyn koͤnne. Wir haben daher (§. 243.) die Quellen einzeler und poſitiver Moͤglichkeiten, und (§. 250. 251.) die Quellen der Widerſpruͤche und categoriſchen Un- moͤglichkeiten angezeiget, um zu dieſer Theorie die erſte Anlage und Stoff anzugeben. So fern nun zwo oder mehrere Beſtimmungen nicht beyſammen ſeyn koͤnnen, werden ſie einander entgegengeſetzt. Ent- gegengeſetzte Beſtimmungen ſind daher, in dieſer Ab- ſicht betrachtet, immer A und nicht ‒ A, und eine wird beziehungsweiſe das Gegentheil der andern genennet. Da aber auch dieſe Woͤrter mehr oder minder vieldeutig ſind, ſo wollen wir nicht bey der Definition anfangen, oder ſie zu Subjecten machen, ſondern

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/290>, abgerufen am 26.04.2024.