Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

und das Nicht nothwendig seyn.
behülflich. So fern nämlich das Nothwendi-
ge durch die Unmöglichkeit des Gegentheiles
soll kenntlich gemacht werden, kann dieses nur
auf eine symbolische Art geschehen,
weil das Un-
mögliche schlechthin Nichts ist, und weder in den
Dingen noch in den Begriffen vorkömmt. Begriffe
und Dinge biethen uns nur das Beständige und das
Veränderliche an, und den Begriff, daß etwas in
den Dingen selbst nicht angehe oder nicht möglich sey,
haben wir auf eine directe und unmittelbare Art von
dem Soliden und den Schranken der dabey ange-
wandten Kräfte.

§. 274.

Da demnach das Gegentheil, durch dessen Unmög-
lichkeit wir uns von der Nothwendigkeit einer Sache
oder Bestimmung versichern, nur symbolisch ist, so
müssen wir es theils aus der Bedeutung, theils aus
der Zusammensetzung der Wörter kennen lernen, weil
entweder die Wörter, oder ihre Zusammensetzung, oder
beydes zugleich, das Widersprechende angeben. Hie-
bey giebt es nun folgende Fälle.

1°. Wörter, die nicht Wurzelwörter sind, sind
entweder abgeleitet oder zusammengesetzt, und
wenn die Ableitung oder Zusammensetzung der
Art der Sprache nicht gemäß ist, so haben sie
gewöhnlich an sich schon keinen Verstand.
2°. Geht aber die Zusammensetzung grammatisch
an, so haben sie wenigstens den Schein einer
richtigen Bedeutung, und es muß aus den ein-
zelnen Begriffen, die das zusammengesetzte
Wort verbindet, bestimmet werden, ob die Be-
griffe sich auf solche Art verbinden lassen? So
z. E. hat das Wort kugeleckicht der Zusam-
mensetzung
R 2

und das Nicht nothwendig ſeyn.
behuͤlflich. So fern naͤmlich das Nothwendi-
ge durch die Unmoͤglichkeit des Gegentheiles
ſoll kenntlich gemacht werden, kann dieſes nur
auf eine ſymboliſche Art geſchehen,
weil das Un-
moͤgliche ſchlechthin Nichts iſt, und weder in den
Dingen noch in den Begriffen vorkoͤmmt. Begriffe
und Dinge biethen uns nur das Beſtaͤndige und das
Veraͤnderliche an, und den Begriff, daß etwas in
den Dingen ſelbſt nicht angehe oder nicht moͤglich ſey,
haben wir auf eine directe und unmittelbare Art von
dem Soliden und den Schranken der dabey ange-
wandten Kraͤfte.

§. 274.

Da demnach das Gegentheil, durch deſſen Unmoͤg-
lichkeit wir uns von der Nothwendigkeit einer Sache
oder Beſtimmung verſichern, nur ſymboliſch iſt, ſo
muͤſſen wir es theils aus der Bedeutung, theils aus
der Zuſammenſetzung der Woͤrter kennen lernen, weil
entweder die Woͤrter, oder ihre Zuſammenſetzung, oder
beydes zugleich, das Widerſprechende angeben. Hie-
bey giebt es nun folgende Faͤlle.

1°. Woͤrter, die nicht Wurzelwoͤrter ſind, ſind
entweder abgeleitet oder zuſammengeſetzt, und
wenn die Ableitung oder Zuſammenſetzung der
Art der Sprache nicht gemaͤß iſt, ſo haben ſie
gewoͤhnlich an ſich ſchon keinen Verſtand.
2°. Geht aber die Zuſammenſetzung grammatiſch
an, ſo haben ſie wenigſtens den Schein einer
richtigen Bedeutung, und es muß aus den ein-
zelnen Begriffen, die das zuſammengeſetzte
Wort verbindet, beſtimmet werden, ob die Be-
griffe ſich auf ſolche Art verbinden laſſen? So
z. E. hat das Wort kugeleckicht der Zuſam-
menſetzung
R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0295" n="259"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und das Nicht nothwendig &#x017F;eyn.</hi></fw><lb/>
behu&#x0364;lflich. <hi rendition="#fr">So fern na&#x0364;mlich das Nothwendi-<lb/>
ge durch die Unmo&#x0364;glichkeit des Gegentheiles<lb/>
&#x017F;oll kenntlich gemacht werden, kann die&#x017F;es nur<lb/>
auf eine &#x017F;ymboli&#x017F;che Art ge&#x017F;chehen,</hi> weil das Un-<lb/>
mo&#x0364;gliche &#x017F;chlechthin Nichts i&#x017F;t, und weder in den<lb/>
Dingen noch in den Begriffen vorko&#x0364;mmt. Begriffe<lb/>
und Dinge biethen uns nur das <hi rendition="#fr">Be&#x017F;ta&#x0364;ndige</hi> und das<lb/><hi rendition="#fr">Vera&#x0364;nderliche</hi> an, und den Begriff, daß etwas in<lb/>
den Dingen &#x017F;elb&#x017F;t nicht angehe oder nicht mo&#x0364;glich &#x017F;ey,<lb/>
haben wir auf eine directe und unmittelbare Art von<lb/>
dem Soliden und den Schranken der dabey ange-<lb/>
wandten Kra&#x0364;fte.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 274.</head><lb/>
            <p>Da demnach das Gegentheil, durch de&#x017F;&#x017F;en Unmo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit wir uns von der Nothwendigkeit einer Sache<lb/>
oder Be&#x017F;timmung ver&#x017F;ichern, nur &#x017F;ymboli&#x017F;ch i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir es theils aus der Bedeutung, theils aus<lb/>
der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung der Wo&#x0364;rter kennen lernen, weil<lb/>
entweder die Wo&#x0364;rter, oder ihre Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung, oder<lb/>
beydes zugleich, das Wider&#x017F;prechende angeben. Hie-<lb/>
bey giebt es nun folgende Fa&#x0364;lle.</p><lb/>
            <list>
              <item>1°. Wo&#x0364;rter, die nicht Wurzelwo&#x0364;rter &#x017F;ind, &#x017F;ind<lb/>
entweder abgeleitet oder zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt, und<lb/>
wenn die Ableitung oder Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung der<lb/>
Art der Sprache nicht gema&#x0364;ß i&#x017F;t, &#x017F;o haben &#x017F;ie<lb/>
gewo&#x0364;hnlich an &#x017F;ich &#x017F;chon keinen Ver&#x017F;tand.</item><lb/>
              <item>2°. Geht aber die Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung grammati&#x017F;ch<lb/>
an, &#x017F;o haben &#x017F;ie wenig&#x017F;tens den Schein einer<lb/>
richtigen Bedeutung, und es muß aus den ein-<lb/>
zelnen Begriffen, die das zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte<lb/>
Wort verbindet, be&#x017F;timmet werden, ob die Be-<lb/>
griffe &#x017F;ich auf &#x017F;olche Art verbinden la&#x017F;&#x017F;en? So<lb/>
z. E. hat das Wort <hi rendition="#fr">kugeleckicht</hi> der Zu&#x017F;am-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 2</fw><fw place="bottom" type="catch">men&#x017F;etzung</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0295] und das Nicht nothwendig ſeyn. behuͤlflich. So fern naͤmlich das Nothwendi- ge durch die Unmoͤglichkeit des Gegentheiles ſoll kenntlich gemacht werden, kann dieſes nur auf eine ſymboliſche Art geſchehen, weil das Un- moͤgliche ſchlechthin Nichts iſt, und weder in den Dingen noch in den Begriffen vorkoͤmmt. Begriffe und Dinge biethen uns nur das Beſtaͤndige und das Veraͤnderliche an, und den Begriff, daß etwas in den Dingen ſelbſt nicht angehe oder nicht moͤglich ſey, haben wir auf eine directe und unmittelbare Art von dem Soliden und den Schranken der dabey ange- wandten Kraͤfte. §. 274. Da demnach das Gegentheil, durch deſſen Unmoͤg- lichkeit wir uns von der Nothwendigkeit einer Sache oder Beſtimmung verſichern, nur ſymboliſch iſt, ſo muͤſſen wir es theils aus der Bedeutung, theils aus der Zuſammenſetzung der Woͤrter kennen lernen, weil entweder die Woͤrter, oder ihre Zuſammenſetzung, oder beydes zugleich, das Widerſprechende angeben. Hie- bey giebt es nun folgende Faͤlle. 1°. Woͤrter, die nicht Wurzelwoͤrter ſind, ſind entweder abgeleitet oder zuſammengeſetzt, und wenn die Ableitung oder Zuſammenſetzung der Art der Sprache nicht gemaͤß iſt, ſo haben ſie gewoͤhnlich an ſich ſchon keinen Verſtand. 2°. Geht aber die Zuſammenſetzung grammatiſch an, ſo haben ſie wenigſtens den Schein einer richtigen Bedeutung, und es muß aus den ein- zelnen Begriffen, die das zuſammengeſetzte Wort verbindet, beſtimmet werden, ob die Be- griffe ſich auf ſolche Art verbinden laſſen? So z. E. hat das Wort kugeleckicht der Zuſam- menſetzung R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/295
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/295>, abgerufen am 26.04.2024.