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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Ich: Nein, bey Gott, das thue ich nicht.

Er: Nun, so höre! Schon lange wäre ich gern
wieder bey den Franzosen gewesen --

Ich: Du? Du bist ja von ihnen desertirt;
und wenn sie dich jezt haschen, so schießen sie dich
todt!

Er: Wenn ich vorgebe, die Preußen hätten
mich aufgefangen, und mit Gewalt unter ihre
Leute gesteckt: so bin ich frey. Und da du immer
gut von den Patrioten gesprochen hast: wie wär's,
wenn wir beyde nach Landau gingen?

Ich: Bruder, Bruder, was muthest du mir
da zu! Bedenke, wenn so was heraus käme!
Nein, nimmermehr! Laß uns abbrechen; kein
Wort hievon weiter!

Er: Du verräthst mich doch nicht?

Ich: Sey unbesorgt: ich werde alles verschwei-
gen. --

Die ganze Sache war mir indeß bedenklich, und
wenn ich so hätte handeln wollen, wie es die Klugheit
hier für meine künftige Sicherheit foderte, so hätte
ich den Gautier angeben müssen: denn es war nichts
sicherer zu vermuthen, als daß er, sobald er meine
Desertion vernahm, auch fortlaufen würde: und
was hatte ich da zu befürchten! Aber ich wollte
sein Zutrauen nicht misbrauchen, und schwieg.
Er hat hernach doch fortlaufen wollen, ist aber un-

Ich: Nein, bey Gott, das thue ich nicht.

Er: Nun, ſo hoͤre! Schon lange waͤre ich gern
wieder bey den Franzoſen geweſen —

Ich: Du? Du biſt ja von ihnen deſertirt;
und wenn ſie dich jezt haſchen, ſo ſchießen ſie dich
todt!

Er: Wenn ich vorgebe, die Preußen haͤtten
mich aufgefangen, und mit Gewalt unter ihre
Leute geſteckt: ſo bin ich frey. Und da du immer
gut von den Patrioten geſprochen haſt: wie waͤr's,
wenn wir beyde nach Landau gingen?

Ich: Bruder, Bruder, was mutheſt du mir
da zu! Bedenke, wenn ſo was heraus kaͤme!
Nein, nimmermehr! Laß uns abbrechen; kein
Wort hievon weiter!

Er: Du verraͤthſt mich doch nicht?

Ich: Sey unbeſorgt: ich werde alles verſchwei-
gen. —

Die ganze Sache war mir indeß bedenklich, und
wenn ich ſo haͤtte handeln wollen, wie es die Klugheit
hier fuͤr meine kuͤnftige Sicherheit foderte, ſo haͤtte
ich den Gautier angeben muͤſſen: denn es war nichts
ſicherer zu vermuthen, als daß er, ſobald er meine
Deſertion vernahm, auch fortlaufen wuͤrde: und
was hatte ich da zu befuͤrchten! Aber ich wollte
ſein Zutrauen nicht misbrauchen, und ſchwieg.
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[505/0517] Ich: Nein, bey Gott, das thue ich nicht. Er: Nun, ſo hoͤre! Schon lange waͤre ich gern wieder bey den Franzoſen geweſen — Ich: Du? Du biſt ja von ihnen deſertirt; und wenn ſie dich jezt haſchen, ſo ſchießen ſie dich todt! Er: Wenn ich vorgebe, die Preußen haͤtten mich aufgefangen, und mit Gewalt unter ihre Leute geſteckt: ſo bin ich frey. Und da du immer gut von den Patrioten geſprochen haſt: wie waͤr's, wenn wir beyde nach Landau gingen? Ich: Bruder, Bruder, was mutheſt du mir da zu! Bedenke, wenn ſo was heraus kaͤme! Nein, nimmermehr! Laß uns abbrechen; kein Wort hievon weiter! Er: Du verraͤthſt mich doch nicht? Ich: Sey unbeſorgt: ich werde alles verſchwei- gen. — Die ganze Sache war mir indeß bedenklich, und wenn ich ſo haͤtte handeln wollen, wie es die Klugheit hier fuͤr meine kuͤnftige Sicherheit foderte, ſo haͤtte ich den Gautier angeben muͤſſen: denn es war nichts ſicherer zu vermuthen, als daß er, ſobald er meine Deſertion vernahm, auch fortlaufen wuͤrde: und was hatte ich da zu befuͤrchten! Aber ich wollte ſein Zutrauen nicht misbrauchen, und ſchwieg. Er hat hernach doch fortlaufen wollen, iſt aber un-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/517>, abgerufen am 27.04.2024.