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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Gichtaufzüge.
mitunter der Fall ist -- ein natürliches Gefälle zur Zuleitung des
Wassers benutzen kann.

In diesem Umstande liegt der Hauptvortheil der Wassertonnenauf-
züge. Sie erfordern unter sämmtlichen Systemen von Gichtaufzügen
die geringsten Anlagekosten, sehr geringe Betriebskosten und sind
ausserordentlich leicht zu bedienen, so dass die Einsicht des rohesten
Arbeiters ausreicht, ihre Wartung zu übernehmen.

Ein entschiedener Nachtheil dagegen tritt bei Frostwetter zu Tage;
nicht allein frieren die zur Gicht hinaufführenden Wasserleitungsröhren
leicht ein, zerspringen wohl gar durch Einwirkung des Frostes und
müssen sorgfältig geschützt werden; auch der zur Ableitung des ver-
brauchten Wassers dienende Kanal kann, wenn er lang ist und ver-
hältnissmässig geringes Gefälle besitzt, durch Eisbildung verstopft wer-
den. Je länger die Wasserleitung -- je höher also der Hochofen --
und je kälter das Klima ist, desto empfindlicher tritt dieser Uebelstand
zu Tage.

Hierin liegt vornehmlich der Grund, weshalb man bei neueren
Anlagen die Wassertonnenaufzüge, welche in früherer Zeit ihrer erwähn-
ten Vortheile halber zu den am häufigsten benutzten zählten, verhält-
nissmässig selten zur Anwendung bringt.

c) Hydraulische oder Wassersäulenaufzüge.

Dieselben sind einfach wirkend.

In einem senkrecht stehenden Cylinder wird durch Wasserdruck
ein Kolben mit nach oben gerichteter Kolbenstange bewegt, auf deren
oberem Ende die Plattform befestigt ist. Dieselbe wird also mit dem
Kolben gehoben und gesenkt. Das Anheben erfolgt durch Zuleitung
von Druckwasser unter den Kolben, der Niedergang durch das eigene
Gewicht des Kolbens nebst Plattform, sobald dem für den Aufgang
benutzten Wasser durch Oeffnen eines Hahnes oder Ventiles Auslass
verschafft ist.

Das Druckwasser kann durch Röhren von einem entsprechend
hoch gelegenen Behälter aus zugeleitet werden; in den meisten Fällen
wird man jedoch vorziehen, einen Accumulator in der Nähe des
Aufzuges anzuordnen. Im Wesentlichen besteht derselbe aus einem
entsprechend belasteten senkrechten Kolben in einem Cylinder, welcher
erstere durch die ununterbrochene Thätigkeit einer Druckpumpe gehoben
wird und auf das in dem Cylinder befindliche Wasser einen seiner
Belastung entsprechenden Druck ausübt. Durch eine Rohrleitung wird
dieser Druck auf den Treibcylinder des Aufzuges fortgepflanzt, sobald
beide durch das Oeffnen eines Ventiles oder Hahnes mit einander in
Verbindung gesetzt worden sind. Der Accumulator kann demnach
gewissermaassen als Behälter für das durch die Pumpe geförderte Druck-
wasser betrachtet werden, von welchem dasselbe in bestimmten Zeit-
räumen an den Treibcylinder abgegeben wird.

Aus der geschilderten Anordnung des hydraulischen Gichtaufzuges
folgt, dass der Treibcylinder desselben ebenso viel, als die Förderhöhe
beträgt, unter die Hüttensohle hinabreichen muss, damit die Plattform

Die Gichtaufzüge.
mitunter der Fall ist — ein natürliches Gefälle zur Zuleitung des
Wassers benutzen kann.

In diesem Umstande liegt der Hauptvortheil der Wassertonnenauf-
züge. Sie erfordern unter sämmtlichen Systemen von Gichtaufzügen
die geringsten Anlagekosten, sehr geringe Betriebskosten und sind
ausserordentlich leicht zu bedienen, so dass die Einsicht des rohesten
Arbeiters ausreicht, ihre Wartung zu übernehmen.

Ein entschiedener Nachtheil dagegen tritt bei Frostwetter zu Tage;
nicht allein frieren die zur Gicht hinaufführenden Wasserleitungsröhren
leicht ein, zerspringen wohl gar durch Einwirkung des Frostes und
müssen sorgfältig geschützt werden; auch der zur Ableitung des ver-
brauchten Wassers dienende Kanal kann, wenn er lang ist und ver-
hältnissmässig geringes Gefälle besitzt, durch Eisbildung verstopft wer-
den. Je länger die Wasserleitung — je höher also der Hochofen —
und je kälter das Klima ist, desto empfindlicher tritt dieser Uebelstand
zu Tage.

Hierin liegt vornehmlich der Grund, weshalb man bei neueren
Anlagen die Wassertonnenaufzüge, welche in früherer Zeit ihrer erwähn-
ten Vortheile halber zu den am häufigsten benutzten zählten, verhält-
nissmässig selten zur Anwendung bringt.

c) Hydraulische oder Wassersäulenaufzüge.

Dieselben sind einfach wirkend.

In einem senkrecht stehenden Cylinder wird durch Wasserdruck
ein Kolben mit nach oben gerichteter Kolbenstange bewegt, auf deren
oberem Ende die Plattform befestigt ist. Dieselbe wird also mit dem
Kolben gehoben und gesenkt. Das Anheben erfolgt durch Zuleitung
von Druckwasser unter den Kolben, der Niedergang durch das eigene
Gewicht des Kolbens nebst Plattform, sobald dem für den Aufgang
benutzten Wasser durch Oeffnen eines Hahnes oder Ventiles Auslass
verschafft ist.

Das Druckwasser kann durch Röhren von einem entsprechend
hoch gelegenen Behälter aus zugeleitet werden; in den meisten Fällen
wird man jedoch vorziehen, einen Accumulator in der Nähe des
Aufzuges anzuordnen. Im Wesentlichen besteht derselbe aus einem
entsprechend belasteten senkrechten Kolben in einem Cylinder, welcher
erstere durch die ununterbrochene Thätigkeit einer Druckpumpe gehoben
wird und auf das in dem Cylinder befindliche Wasser einen seiner
Belastung entsprechenden Druck ausübt. Durch eine Rohrleitung wird
dieser Druck auf den Treibcylinder des Aufzuges fortgepflanzt, sobald
beide durch das Oeffnen eines Ventiles oder Hahnes mit einander in
Verbindung gesetzt worden sind. Der Accumulator kann demnach
gewissermaassen als Behälter für das durch die Pumpe geförderte Druck-
wasser betrachtet werden, von welchem dasselbe in bestimmten Zeit-
räumen an den Treibcylinder abgegeben wird.

Aus der geschilderten Anordnung des hydraulischen Gichtaufzuges
folgt, dass der Treibcylinder desselben ebenso viel, als die Förderhöhe
beträgt, unter die Hüttensohle hinabreichen muss, damit die Plattform

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[454/0514] Die Gichtaufzüge. mitunter der Fall ist — ein natürliches Gefälle zur Zuleitung des Wassers benutzen kann. In diesem Umstande liegt der Hauptvortheil der Wassertonnenauf- züge. Sie erfordern unter sämmtlichen Systemen von Gichtaufzügen die geringsten Anlagekosten, sehr geringe Betriebskosten und sind ausserordentlich leicht zu bedienen, so dass die Einsicht des rohesten Arbeiters ausreicht, ihre Wartung zu übernehmen. Ein entschiedener Nachtheil dagegen tritt bei Frostwetter zu Tage; nicht allein frieren die zur Gicht hinaufführenden Wasserleitungsröhren leicht ein, zerspringen wohl gar durch Einwirkung des Frostes und müssen sorgfältig geschützt werden; auch der zur Ableitung des ver- brauchten Wassers dienende Kanal kann, wenn er lang ist und ver- hältnissmässig geringes Gefälle besitzt, durch Eisbildung verstopft wer- den. Je länger die Wasserleitung — je höher also der Hochofen — und je kälter das Klima ist, desto empfindlicher tritt dieser Uebelstand zu Tage. Hierin liegt vornehmlich der Grund, weshalb man bei neueren Anlagen die Wassertonnenaufzüge, welche in früherer Zeit ihrer erwähn- ten Vortheile halber zu den am häufigsten benutzten zählten, verhält- nissmässig selten zur Anwendung bringt. c) Hydraulische oder Wassersäulenaufzüge. Dieselben sind einfach wirkend. In einem senkrecht stehenden Cylinder wird durch Wasserdruck ein Kolben mit nach oben gerichteter Kolbenstange bewegt, auf deren oberem Ende die Plattform befestigt ist. Dieselbe wird also mit dem Kolben gehoben und gesenkt. Das Anheben erfolgt durch Zuleitung von Druckwasser unter den Kolben, der Niedergang durch das eigene Gewicht des Kolbens nebst Plattform, sobald dem für den Aufgang benutzten Wasser durch Oeffnen eines Hahnes oder Ventiles Auslass verschafft ist. Das Druckwasser kann durch Röhren von einem entsprechend hoch gelegenen Behälter aus zugeleitet werden; in den meisten Fällen wird man jedoch vorziehen, einen Accumulator in der Nähe des Aufzuges anzuordnen. Im Wesentlichen besteht derselbe aus einem entsprechend belasteten senkrechten Kolben in einem Cylinder, welcher erstere durch die ununterbrochene Thätigkeit einer Druckpumpe gehoben wird und auf das in dem Cylinder befindliche Wasser einen seiner Belastung entsprechenden Druck ausübt. Durch eine Rohrleitung wird dieser Druck auf den Treibcylinder des Aufzuges fortgepflanzt, sobald beide durch das Oeffnen eines Ventiles oder Hahnes mit einander in Verbindung gesetzt worden sind. Der Accumulator kann demnach gewissermaassen als Behälter für das durch die Pumpe geförderte Druck- wasser betrachtet werden, von welchem dasselbe in bestimmten Zeit- räumen an den Treibcylinder abgegeben wird. Aus der geschilderten Anordnung des hydraulischen Gichtaufzuges folgt, dass der Treibcylinder desselben ebenso viel, als die Förderhöhe beträgt, unter die Hüttensohle hinabreichen muss, damit die Plattform

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/514>, abgerufen am 27.04.2024.