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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Chemische Untersuchungen.
wurde, als die Probekapsel nachfolgen konnte. Da die Ergebnisse dieser
Versuche, soweit sie für die Erkennung des Hochofenprocesses von
Wichtigkeit waren, schon bei Besprechung des letzteren mehrfach er-
wähnt wurden, kann auf das dort Gesagte Bezug genommen werden.

b) Untersuchungen der Schmelzmaterialien und Enderzeugnisse.

Sofern man nicht beabsichtigt, den Hochofenprocess in seinen ein-
zelnen Stadien zu verfolgen, sondern nur ein Bild von den Umwand-
lungen, welche die Schmelzmaterialien im Grossen und Ganzen erfuhren,
und zumal Auskunft über die Verwendung erhalten will, welche der
Brennstoff im Ofen fand, kann man der mühseligen und -- aus den
erörterten Gründen -- immerhin etwas zweifelhaften Analysen der Gase,
beziehentlich auch der Erze, aus verschiedenen Stellen des Hochofens
entbehren; es genügt eine Gegenüberstellung der Zusammensetzung der
Schmelzmaterialien -- Erze, Zuschläge, Brennstoffe und des Gebläse-
windes -- einerseits und der Enderzeugnisse -- des Roheisens, der
Schlacken und der Gichtgase -- andererseits unter Berücksichtigung
der Gewichtsverhältnisse, unter welchen jene dem Hochofen zugetheilt
und diese demselben entnommen wurden. Die sämmtlichen Bestand-
theile der Materialien müssen in den Erzeugnissen sich wiederfinden;
aber die Form, in welcher sie erscheinen, ganz besonders das Ver-
hältniss der Kohlensäure zum Kohlenoxyd in den Gichtgasen, ist anders,
je nachdem die Reduction der Erze in reicherem oder weniger reichem
Maasse durch festen Kohlenstoff statt durch Kohlenoxyd stattfand oder
-- was hinsichtlich der Ausnutzung des Brennstoffs damit gleichbedeu-
tend ist -- je nachdem grössere oder geringere Mengen der bei indi-
recter Reduction entstandenen Kohlensäure durch Vergasung von Kohle
wieder zu Kohlenoxyd reducirt wurden. Wie viel des in den Gicht-
gasen enthaltenen Kohlenoxyds dieser Quelle entstammt und wie viel
vor den Formen durch den Gebläsewind gebildet wurde, lässt sich
berechnen, wenn jene Unterlagen bekannt sind.

Zu beachten ist auch hierbei, dass die aus der Gicht entwei-
chenden Gase an verschiedenen Stellen des Gichtquerschnittes nicht
immer die gleiche Zusammensetzung besitzen; sie pflegen sauerstoff-
reicher in der Mitte, kohlenstoffreicher am Umfange zu sein, wie leicht
erklärlich ist. Ist der Hochofen mit geschlossener Gicht versehen, und
werden sämmtliche Gase durch ein gemeinschaftliches Rohr abgeleitet
(z. B. bei den Gasfängen von Parry, von Hoff, Langen), so lässt
sich eine annähernd richtige durchschnittliche Zusammensetzung erhalten,
wenn man aus diesem Rohre die Probe in geeigneter Weise entnimmt1);
entweicht aber ein Theil der Gase aus der Gicht, während ein anderer
Theil unterhalb derselben abgeleitet wird, oder wird vielleicht gar ein
Theil durch ein eingehängtes Darby'sches Rohr (Centralrohr), ein
anderer durch einen Pfort'schen Gasfang abgeleitet, so ist in der That
die Gefahr sehr gross, dass die gefundene Zusammensetzung der Gicht-

1) Gruner benutzte ein Kupferrohr, welches quer durch das Gasableitungsrohr
hindurchgeht und innerhalb desselben seiner Länge nach geschlitzt ist, so dass die
Gase aus dem ganzen Rohrquerschnitt in das Kupferrohr eintreten können (Analyti-
sche Studien über den Hochofen, deutsch von J. H. C. Steffen, S. 23).

Chemische Untersuchungen.
wurde, als die Probekapsel nachfolgen konnte. Da die Ergebnisse dieser
Versuche, soweit sie für die Erkennung des Hochofenprocesses von
Wichtigkeit waren, schon bei Besprechung des letzteren mehrfach er-
wähnt wurden, kann auf das dort Gesagte Bezug genommen werden.

b) Untersuchungen der Schmelzmaterialien und Enderzeugnisse.

Sofern man nicht beabsichtigt, den Hochofenprocess in seinen ein-
zelnen Stadien zu verfolgen, sondern nur ein Bild von den Umwand-
lungen, welche die Schmelzmaterialien im Grossen und Ganzen erfuhren,
und zumal Auskunft über die Verwendung erhalten will, welche der
Brennstoff im Ofen fand, kann man der mühseligen und — aus den
erörterten Gründen — immerhin etwas zweifelhaften Analysen der Gase,
beziehentlich auch der Erze, aus verschiedenen Stellen des Hochofens
entbehren; es genügt eine Gegenüberstellung der Zusammensetzung der
Schmelzmaterialien — Erze, Zuschläge, Brennstoffe und des Gebläse-
windes — einerseits und der Enderzeugnisse — des Roheisens, der
Schlacken und der Gichtgase — andererseits unter Berücksichtigung
der Gewichtsverhältnisse, unter welchen jene dem Hochofen zugetheilt
und diese demselben entnommen wurden. Die sämmtlichen Bestand-
theile der Materialien müssen in den Erzeugnissen sich wiederfinden;
aber die Form, in welcher sie erscheinen, ganz besonders das Ver-
hältniss der Kohlensäure zum Kohlenoxyd in den Gichtgasen, ist anders,
je nachdem die Reduction der Erze in reicherem oder weniger reichem
Maasse durch festen Kohlenstoff statt durch Kohlenoxyd stattfand oder
— was hinsichtlich der Ausnutzung des Brennstoffs damit gleichbedeu-
tend ist — je nachdem grössere oder geringere Mengen der bei indi-
recter Reduction entstandenen Kohlensäure durch Vergasung von Kohle
wieder zu Kohlenoxyd reducirt wurden. Wie viel des in den Gicht-
gasen enthaltenen Kohlenoxyds dieser Quelle entstammt und wie viel
vor den Formen durch den Gebläsewind gebildet wurde, lässt sich
berechnen, wenn jene Unterlagen bekannt sind.

Zu beachten ist auch hierbei, dass die aus der Gicht entwei-
chenden Gase an verschiedenen Stellen des Gichtquerschnittes nicht
immer die gleiche Zusammensetzung besitzen; sie pflegen sauerstoff-
reicher in der Mitte, kohlenstoffreicher am Umfange zu sein, wie leicht
erklärlich ist. Ist der Hochofen mit geschlossener Gicht versehen, und
werden sämmtliche Gase durch ein gemeinschaftliches Rohr abgeleitet
(z. B. bei den Gasfängen von Parry, von Hoff, Langen), so lässt
sich eine annähernd richtige durchschnittliche Zusammensetzung erhalten,
wenn man aus diesem Rohre die Probe in geeigneter Weise entnimmt1);
entweicht aber ein Theil der Gase aus der Gicht, während ein anderer
Theil unterhalb derselben abgeleitet wird, oder wird vielleicht gar ein
Theil durch ein eingehängtes Darby’sches Rohr (Centralrohr), ein
anderer durch einen Pfort’schen Gasfang abgeleitet, so ist in der That
die Gefahr sehr gross, dass die gefundene Zusammensetzung der Gicht-

1) Gruner benutzte ein Kupferrohr, welches quer durch das Gasableitungsrohr
hindurchgeht und innerhalb desselben seiner Länge nach geschlitzt ist, so dass die
Gase aus dem ganzen Rohrquerschnitt in das Kupferrohr eintreten können (Analyti-
sche Studien über den Hochofen, deutsch von J. H. C. Steffen, S. 23).
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[487/0547] Chemische Untersuchungen. wurde, als die Probekapsel nachfolgen konnte. Da die Ergebnisse dieser Versuche, soweit sie für die Erkennung des Hochofenprocesses von Wichtigkeit waren, schon bei Besprechung des letzteren mehrfach er- wähnt wurden, kann auf das dort Gesagte Bezug genommen werden. b) Untersuchungen der Schmelzmaterialien und Enderzeugnisse. Sofern man nicht beabsichtigt, den Hochofenprocess in seinen ein- zelnen Stadien zu verfolgen, sondern nur ein Bild von den Umwand- lungen, welche die Schmelzmaterialien im Grossen und Ganzen erfuhren, und zumal Auskunft über die Verwendung erhalten will, welche der Brennstoff im Ofen fand, kann man der mühseligen und — aus den erörterten Gründen — immerhin etwas zweifelhaften Analysen der Gase, beziehentlich auch der Erze, aus verschiedenen Stellen des Hochofens entbehren; es genügt eine Gegenüberstellung der Zusammensetzung der Schmelzmaterialien — Erze, Zuschläge, Brennstoffe und des Gebläse- windes — einerseits und der Enderzeugnisse — des Roheisens, der Schlacken und der Gichtgase — andererseits unter Berücksichtigung der Gewichtsverhältnisse, unter welchen jene dem Hochofen zugetheilt und diese demselben entnommen wurden. Die sämmtlichen Bestand- theile der Materialien müssen in den Erzeugnissen sich wiederfinden; aber die Form, in welcher sie erscheinen, ganz besonders das Ver- hältniss der Kohlensäure zum Kohlenoxyd in den Gichtgasen, ist anders, je nachdem die Reduction der Erze in reicherem oder weniger reichem Maasse durch festen Kohlenstoff statt durch Kohlenoxyd stattfand oder — was hinsichtlich der Ausnutzung des Brennstoffs damit gleichbedeu- tend ist — je nachdem grössere oder geringere Mengen der bei indi- recter Reduction entstandenen Kohlensäure durch Vergasung von Kohle wieder zu Kohlenoxyd reducirt wurden. Wie viel des in den Gicht- gasen enthaltenen Kohlenoxyds dieser Quelle entstammt und wie viel vor den Formen durch den Gebläsewind gebildet wurde, lässt sich berechnen, wenn jene Unterlagen bekannt sind. Zu beachten ist auch hierbei, dass die aus der Gicht entwei- chenden Gase an verschiedenen Stellen des Gichtquerschnittes nicht immer die gleiche Zusammensetzung besitzen; sie pflegen sauerstoff- reicher in der Mitte, kohlenstoffreicher am Umfange zu sein, wie leicht erklärlich ist. Ist der Hochofen mit geschlossener Gicht versehen, und werden sämmtliche Gase durch ein gemeinschaftliches Rohr abgeleitet (z. B. bei den Gasfängen von Parry, von Hoff, Langen), so lässt sich eine annähernd richtige durchschnittliche Zusammensetzung erhalten, wenn man aus diesem Rohre die Probe in geeigneter Weise entnimmt 1); entweicht aber ein Theil der Gase aus der Gicht, während ein anderer Theil unterhalb derselben abgeleitet wird, oder wird vielleicht gar ein Theil durch ein eingehängtes Darby’sches Rohr (Centralrohr), ein anderer durch einen Pfort’schen Gasfang abgeleitet, so ist in der That die Gefahr sehr gross, dass die gefundene Zusammensetzung der Gicht- 1) Gruner benutzte ein Kupferrohr, welches quer durch das Gasableitungsrohr hindurchgeht und innerhalb desselben seiner Länge nach geschlitzt ist, so dass die Gase aus dem ganzen Rohrquerschnitt in das Kupferrohr eintreten können (Analyti- sche Studien über den Hochofen, deutsch von J. H. C. Steffen, S. 23).

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/547>, abgerufen am 26.04.2024.