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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Schlacken.
benutzt worden (Georgs-Marienhütte, Cleveland), haben jedoch ihrer
grösseren Kostspieligkeit halber eine ausgedehntere Anwendung nicht
gefunden.

Schlackenwolle.

Wenn man flüssige Hochofenschlacke einen Dampf- oder Wind-
strahl passiren lässt, so wird sie in einzelne, feine Körnchen zertheilt,
deren jedes einen mehr oder minder langen Schlackenfaden, wie einen
Schweif, nach sich zieht. Diese Fäden bilden die Schlackenwolle.

Auch das Verfahren der Herstellung von Schlackenwolle ist dem-
nach sehr einfach. Unter die Rinne, aus welcher die Schlacke in die
Wagen fällt, braucht man nur ein Dampfrohr mit einer Mündung von
6--8 mm Weite zu legen, so dass die Schlacke während des Hinunter-
fliessens von dem Dampfstrahle getroffen wird. Der Schlackenstrahl
darf hierbei keinen grösseren Durchmesser als 10--15 mm haben. In
einer dahinter stehenden, nach der Seite des Rohres zu offenen Kammer
aus Eisenblech von mindestens 2 m Länge, in deren Decke eine Abzugs-
öffnung für den Dampf angebracht ist, kann die Schlackenwolle gesam-
melt werden. Theilt man die Kammer durch ein horizontal eingelegtes
Blech in eine untere und obere Hälfte, so sammeln sich die schwereren
Körnchen zu unterst, und in der oberen Abtheilung findet sich die
feinere Wolle. Ein noch besseres Material als Eisenblech für die Kammer
ist Drahtgewebe, an welchem die Wolle leicht haftet, und welches zu-
gleich dem Dampfe den Durchgang verstattet.1)

Die Schlackenwolle ist ein sehr schlechter Wärmeleiter und findet
deshalb vornehmlich als Verpackungsmaterial für Gegenstände Anwen-
dung, welche stark erhitzt werden und vor Wärmeverlusten geschützt
werden müssen, Leitungsröhren für Dampf, heissen Wind u. s. w. Eine
übele Eigenschaft derselben ist jedoch ihre Zersetzbarkeit unter dem
Einflusse von Feuchtigkeit und Luft. In besonders starkem Maasse sind
die kalkerde- und schwefelreichen Schlacken mancher Kokshochöfen
dieser Zersetzung unterworfen (hinsichtlich des chemischen Vorganges
bei der Zersetzung des Schwefelcalciums vergl. S. 154). Aus der ur-
sprünglich wolligen Substanz wird durch Entstehung von Carbonaten
und Sulfaten des Calciums mitunter ein völlig harter, steinartiger Körper;
wo schwefelreiche Schlackenwolle mit metallischem Eisen in Berührung
war, entsteht Schwefeleisen, welches allmählich in Eisenvitriol umge-
wandelt wird, so dass eine völlige Zerstörung des eisernen Gegen-
standes die Folge davon sein kann; in bewohnten Räumen, wo
man wohl Schlackenwolle als Fussbodenfüllung zu benutzen versucht
hat, macht der sich entwickelnde Schwefelwasserstoff den Aufenthalt
unerträglich.

Diese übelen Eigenschaften mancher Schlackenwolle machen es
erklärlich, dass die Anwendung derselben, welche während der sieben-
ziger Jahre eine sehr ausgedehnte geworden war, doch seitdem erheb-
lich sich verringert hat. Viele Werke, welche früher grosse Mengen

1) Abbildung einer solchen aus Drahtgewebe hergestellten Kammer findet der
Leser im Journal of the Iron and Steel Institute 1877. Im Uebrigen ist die Ein-
richtung sehr einfach und wird kaum einer besondern Abbildung bedürfen.

Schlacken.
benutzt worden (Georgs-Marienhütte, Cleveland), haben jedoch ihrer
grösseren Kostspieligkeit halber eine ausgedehntere Anwendung nicht
gefunden.

Schlackenwolle.

Wenn man flüssige Hochofenschlacke einen Dampf- oder Wind-
strahl passiren lässt, so wird sie in einzelne, feine Körnchen zertheilt,
deren jedes einen mehr oder minder langen Schlackenfaden, wie einen
Schweif, nach sich zieht. Diese Fäden bilden die Schlackenwolle.

Auch das Verfahren der Herstellung von Schlackenwolle ist dem-
nach sehr einfach. Unter die Rinne, aus welcher die Schlacke in die
Wagen fällt, braucht man nur ein Dampfrohr mit einer Mündung von
6—8 mm Weite zu legen, so dass die Schlacke während des Hinunter-
fliessens von dem Dampfstrahle getroffen wird. Der Schlackenstrahl
darf hierbei keinen grösseren Durchmesser als 10—15 mm haben. In
einer dahinter stehenden, nach der Seite des Rohres zu offenen Kammer
aus Eisenblech von mindestens 2 m Länge, in deren Decke eine Abzugs-
öffnung für den Dampf angebracht ist, kann die Schlackenwolle gesam-
melt werden. Theilt man die Kammer durch ein horizontal eingelegtes
Blech in eine untere und obere Hälfte, so sammeln sich die schwereren
Körnchen zu unterst, und in der oberen Abtheilung findet sich die
feinere Wolle. Ein noch besseres Material als Eisenblech für die Kammer
ist Drahtgewebe, an welchem die Wolle leicht haftet, und welches zu-
gleich dem Dampfe den Durchgang verstattet.1)

Die Schlackenwolle ist ein sehr schlechter Wärmeleiter und findet
deshalb vornehmlich als Verpackungsmaterial für Gegenstände Anwen-
dung, welche stark erhitzt werden und vor Wärmeverlusten geschützt
werden müssen, Leitungsröhren für Dampf, heissen Wind u. s. w. Eine
übele Eigenschaft derselben ist jedoch ihre Zersetzbarkeit unter dem
Einflusse von Feuchtigkeit und Luft. In besonders starkem Maasse sind
die kalkerde- und schwefelreichen Schlacken mancher Kokshochöfen
dieser Zersetzung unterworfen (hinsichtlich des chemischen Vorganges
bei der Zersetzung des Schwefelcalciums vergl. S. 154). Aus der ur-
sprünglich wolligen Substanz wird durch Entstehung von Carbonaten
und Sulfaten des Calciums mitunter ein völlig harter, steinartiger Körper;
wo schwefelreiche Schlackenwolle mit metallischem Eisen in Berührung
war, entsteht Schwefeleisen, welches allmählich in Eisenvitriol umge-
wandelt wird, so dass eine völlige Zerstörung des eisernen Gegen-
standes die Folge davon sein kann; in bewohnten Räumen, wo
man wohl Schlackenwolle als Fussbodenfüllung zu benutzen versucht
hat, macht der sich entwickelnde Schwefelwasserstoff den Aufenthalt
unerträglich.

Diese übelen Eigenschaften mancher Schlackenwolle machen es
erklärlich, dass die Anwendung derselben, welche während der sieben-
ziger Jahre eine sehr ausgedehnte geworden war, doch seitdem erheb-
lich sich verringert hat. Viele Werke, welche früher grosse Mengen

1) Abbildung einer solchen aus Drahtgewebe hergestellten Kammer findet der
Leser im Journal of the Iron and Steel Institute 1877. Im Uebrigen ist die Ein-
richtung sehr einfach und wird kaum einer besondern Abbildung bedürfen.
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[587/0647] Schlacken. benutzt worden (Georgs-Marienhütte, Cleveland), haben jedoch ihrer grösseren Kostspieligkeit halber eine ausgedehntere Anwendung nicht gefunden. Schlackenwolle. Wenn man flüssige Hochofenschlacke einen Dampf- oder Wind- strahl passiren lässt, so wird sie in einzelne, feine Körnchen zertheilt, deren jedes einen mehr oder minder langen Schlackenfaden, wie einen Schweif, nach sich zieht. Diese Fäden bilden die Schlackenwolle. Auch das Verfahren der Herstellung von Schlackenwolle ist dem- nach sehr einfach. Unter die Rinne, aus welcher die Schlacke in die Wagen fällt, braucht man nur ein Dampfrohr mit einer Mündung von 6—8 mm Weite zu legen, so dass die Schlacke während des Hinunter- fliessens von dem Dampfstrahle getroffen wird. Der Schlackenstrahl darf hierbei keinen grösseren Durchmesser als 10—15 mm haben. In einer dahinter stehenden, nach der Seite des Rohres zu offenen Kammer aus Eisenblech von mindestens 2 m Länge, in deren Decke eine Abzugs- öffnung für den Dampf angebracht ist, kann die Schlackenwolle gesam- melt werden. Theilt man die Kammer durch ein horizontal eingelegtes Blech in eine untere und obere Hälfte, so sammeln sich die schwereren Körnchen zu unterst, und in der oberen Abtheilung findet sich die feinere Wolle. Ein noch besseres Material als Eisenblech für die Kammer ist Drahtgewebe, an welchem die Wolle leicht haftet, und welches zu- gleich dem Dampfe den Durchgang verstattet. 1) Die Schlackenwolle ist ein sehr schlechter Wärmeleiter und findet deshalb vornehmlich als Verpackungsmaterial für Gegenstände Anwen- dung, welche stark erhitzt werden und vor Wärmeverlusten geschützt werden müssen, Leitungsröhren für Dampf, heissen Wind u. s. w. Eine übele Eigenschaft derselben ist jedoch ihre Zersetzbarkeit unter dem Einflusse von Feuchtigkeit und Luft. In besonders starkem Maasse sind die kalkerde- und schwefelreichen Schlacken mancher Kokshochöfen dieser Zersetzung unterworfen (hinsichtlich des chemischen Vorganges bei der Zersetzung des Schwefelcalciums vergl. S. 154). Aus der ur- sprünglich wolligen Substanz wird durch Entstehung von Carbonaten und Sulfaten des Calciums mitunter ein völlig harter, steinartiger Körper; wo schwefelreiche Schlackenwolle mit metallischem Eisen in Berührung war, entsteht Schwefeleisen, welches allmählich in Eisenvitriol umge- wandelt wird, so dass eine völlige Zerstörung des eisernen Gegen- standes die Folge davon sein kann; in bewohnten Räumen, wo man wohl Schlackenwolle als Fussbodenfüllung zu benutzen versucht hat, macht der sich entwickelnde Schwefelwasserstoff den Aufenthalt unerträglich. Diese übelen Eigenschaften mancher Schlackenwolle machen es erklärlich, dass die Anwendung derselben, welche während der sieben- ziger Jahre eine sehr ausgedehnte geworden war, doch seitdem erheb- lich sich verringert hat. Viele Werke, welche früher grosse Mengen 1) Abbildung einer solchen aus Drahtgewebe hergestellten Kammer findet der Leser im Journal of the Iron and Steel Institute 1877. Im Uebrigen ist die Ein- richtung sehr einfach und wird kaum einer besondern Abbildung bedürfen.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 587. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/647>, abgerufen am 27.04.2024.