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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das Puddeln in Drehöfen.
und Walzen, sofern man sie nicht als Material für Flusseisendar-
stellung benutzen will.

Die charakteristischen Eigenthümlichkeiten des geschweissten
Puddeleisens
im Vergleiche zu anderm Schweisseisen, insbesondere
zum Herdfrischeisen wurden schon früher erwähnt: aus vorzüglichem
Roheisen lässt sich zwar im Frischfeuer ein schmiedbares Eisen dar-
stellen, welches sich vor dem Puddeleisen durch grössere Geschmeidig-
keit auszeichnet; aber aus geringwerthigeren, besonders phosphor-
reichen Roheisensorten gelingt es leichter im Puddelofen als im Frisch-
feuer, ein noch brauchbares Eisen zu erzeugen.

Die Schlacken des Puddelprocesses sind, wie die oben mitgetheilten
Analysen nachweisen, den Frischfeuerschlacken sehr ähnlich und wie
diese reich an Eisenoxyden, aber auch, sofern man phosphorreiches
Roheisen verarbeitete, reich an Phosphorsäure (vergl. die Analyse auf
S. 795). Die phosphorsäurereichen Schlacken kommen auf die Halde
oder werden beim Hochofenbetriebe wieder zugesetzt; die phosphor-
säureärmeren bleiben im Puddelofen, bis auch ihr Phosphorgehalt sich
soweit angereichert hat, dass ein Ersatz geboten erscheint.

7. Das Puddeln in Drehöfen.
Einleitung.

Derselbe Zweck, welchen man bei Einführung der Puddelmaschinen
im Auge hatte, die Ersparung an menschlicher Arbeit, lässt sich auch
erreichen, wenn man, statt die Mischung der Schlacke und des Roh-
eisens durch Rühren zu bewirken, den Herd des Ofens beweglich macht
und durch dessen Drehung eine stets erneuerte Mischung jener Körper
herbeiführt. Hierdurch fällt dann allerdings jene charakteristische Eigen-
thümlichkeit des Puddelverfahrens, das Rühren, ganz weg, welche dem
Processe den Namen gegeben hat; dennoch hat man die Bezeichnung
Puddeln auch für dieses Verfahren beibehalten.

Der chemische Verlauf des Processes ist in der That demjenigen
in feststehenden Oefen ausserordentlich ähnlich. Auch hier ist es die
zugesetzte eisenreiche Schlacke, welche die Oxydation des Siliciums,
Phosphors, Kohlenstoffes und Mangans bewirkt, indem der Eisen-
oxydgehalt derselben zu Oxydul, der Oxydulgehalt theilweise zu metalli-
schem Eisen reducirt wird. Dennoch sind einige Unterschiede be-
achtenswerth.

Da bei dem Drehofen die Arbeit des Rührens wegfällt, so kann
derselbe während der ganzen Zeit der chemischen Thätigkeit geschlossen
gehalten werden. Die Einströmung äusserer Luft und die damit ver-
knüpfte Abkühlung und Oxydation fällt weg, der Brennstoffverbrauch
ist günstiger, der Abbrand geringer.

Während in dem feststehenden Puddelofen die Mischung des Eisens
und der Schlacke in jedem Augenblicke nur an einer Stelle vor sich
geht, da, wo der Rührhaken sich gerade befindet, und man durch
niedrige Temperatur einer allzu raschen Entmischung der Körper vor-
beugen muss, wird in dem Drehofen die Mischung der ganzen ge-
schmolzenen Masse ununterbrochen erneuert. Die Reaction wird dadurch

Das Puddeln in Drehöfen.
und Walzen, sofern man sie nicht als Material für Flusseisendar-
stellung benutzen will.

Die charakteristischen Eigenthümlichkeiten des geschweissten
Puddeleisens
im Vergleiche zu anderm Schweisseisen, insbesondere
zum Herdfrischeisen wurden schon früher erwähnt: aus vorzüglichem
Roheisen lässt sich zwar im Frischfeuer ein schmiedbares Eisen dar-
stellen, welches sich vor dem Puddeleisen durch grössere Geschmeidig-
keit auszeichnet; aber aus geringwerthigeren, besonders phosphor-
reichen Roheisensorten gelingt es leichter im Puddelofen als im Frisch-
feuer, ein noch brauchbares Eisen zu erzeugen.

Die Schlacken des Puddelprocesses sind, wie die oben mitgetheilten
Analysen nachweisen, den Frischfeuerschlacken sehr ähnlich und wie
diese reich an Eisenoxyden, aber auch, sofern man phosphorreiches
Roheisen verarbeitete, reich an Phosphorsäure (vergl. die Analyse auf
S. 795). Die phosphorsäurereichen Schlacken kommen auf die Halde
oder werden beim Hochofenbetriebe wieder zugesetzt; die phosphor-
säureärmeren bleiben im Puddelofen, bis auch ihr Phosphorgehalt sich
soweit angereichert hat, dass ein Ersatz geboten erscheint.

7. Das Puddeln in Drehöfen.
Einleitung.

Derselbe Zweck, welchen man bei Einführung der Puddelmaschinen
im Auge hatte, die Ersparung an menschlicher Arbeit, lässt sich auch
erreichen, wenn man, statt die Mischung der Schlacke und des Roh-
eisens durch Rühren zu bewirken, den Herd des Ofens beweglich macht
und durch dessen Drehung eine stets erneuerte Mischung jener Körper
herbeiführt. Hierdurch fällt dann allerdings jene charakteristische Eigen-
thümlichkeit des Puddelverfahrens, das Rühren, ganz weg, welche dem
Processe den Namen gegeben hat; dennoch hat man die Bezeichnung
Puddeln auch für dieses Verfahren beibehalten.

Der chemische Verlauf des Processes ist in der That demjenigen
in feststehenden Oefen ausserordentlich ähnlich. Auch hier ist es die
zugesetzte eisenreiche Schlacke, welche die Oxydation des Siliciums,
Phosphors, Kohlenstoffes und Mangans bewirkt, indem der Eisen-
oxydgehalt derselben zu Oxydul, der Oxydulgehalt theilweise zu metalli-
schem Eisen reducirt wird. Dennoch sind einige Unterschiede be-
achtenswerth.

Da bei dem Drehofen die Arbeit des Rührens wegfällt, so kann
derselbe während der ganzen Zeit der chemischen Thätigkeit geschlossen
gehalten werden. Die Einströmung äusserer Luft und die damit ver-
knüpfte Abkühlung und Oxydation fällt weg, der Brennstoffverbrauch
ist günstiger, der Abbrand geringer.

Während in dem feststehenden Puddelofen die Mischung des Eisens
und der Schlacke in jedem Augenblicke nur an einer Stelle vor sich
geht, da, wo der Rührhaken sich gerade befindet, und man durch
niedrige Temperatur einer allzu raschen Entmischung der Körper vor-
beugen muss, wird in dem Drehofen die Mischung der ganzen ge-
schmolzenen Masse ununterbrochen erneuert. Die Reaction wird dadurch

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[801/0877] Das Puddeln in Drehöfen. und Walzen, sofern man sie nicht als Material für Flusseisendar- stellung benutzen will. Die charakteristischen Eigenthümlichkeiten des geschweissten Puddeleisens im Vergleiche zu anderm Schweisseisen, insbesondere zum Herdfrischeisen wurden schon früher erwähnt: aus vorzüglichem Roheisen lässt sich zwar im Frischfeuer ein schmiedbares Eisen dar- stellen, welches sich vor dem Puddeleisen durch grössere Geschmeidig- keit auszeichnet; aber aus geringwerthigeren, besonders phosphor- reichen Roheisensorten gelingt es leichter im Puddelofen als im Frisch- feuer, ein noch brauchbares Eisen zu erzeugen. Die Schlacken des Puddelprocesses sind, wie die oben mitgetheilten Analysen nachweisen, den Frischfeuerschlacken sehr ähnlich und wie diese reich an Eisenoxyden, aber auch, sofern man phosphorreiches Roheisen verarbeitete, reich an Phosphorsäure (vergl. die Analyse auf S. 795). Die phosphorsäurereichen Schlacken kommen auf die Halde oder werden beim Hochofenbetriebe wieder zugesetzt; die phosphor- säureärmeren bleiben im Puddelofen, bis auch ihr Phosphorgehalt sich soweit angereichert hat, dass ein Ersatz geboten erscheint. 7. Das Puddeln in Drehöfen. Einleitung. Derselbe Zweck, welchen man bei Einführung der Puddelmaschinen im Auge hatte, die Ersparung an menschlicher Arbeit, lässt sich auch erreichen, wenn man, statt die Mischung der Schlacke und des Roh- eisens durch Rühren zu bewirken, den Herd des Ofens beweglich macht und durch dessen Drehung eine stets erneuerte Mischung jener Körper herbeiführt. Hierdurch fällt dann allerdings jene charakteristische Eigen- thümlichkeit des Puddelverfahrens, das Rühren, ganz weg, welche dem Processe den Namen gegeben hat; dennoch hat man die Bezeichnung Puddeln auch für dieses Verfahren beibehalten. Der chemische Verlauf des Processes ist in der That demjenigen in feststehenden Oefen ausserordentlich ähnlich. Auch hier ist es die zugesetzte eisenreiche Schlacke, welche die Oxydation des Siliciums, Phosphors, Kohlenstoffes und Mangans bewirkt, indem der Eisen- oxydgehalt derselben zu Oxydul, der Oxydulgehalt theilweise zu metalli- schem Eisen reducirt wird. Dennoch sind einige Unterschiede be- achtenswerth. Da bei dem Drehofen die Arbeit des Rührens wegfällt, so kann derselbe während der ganzen Zeit der chemischen Thätigkeit geschlossen gehalten werden. Die Einströmung äusserer Luft und die damit ver- knüpfte Abkühlung und Oxydation fällt weg, der Brennstoffverbrauch ist günstiger, der Abbrand geringer. Während in dem feststehenden Puddelofen die Mischung des Eisens und der Schlacke in jedem Augenblicke nur an einer Stelle vor sich geht, da, wo der Rührhaken sich gerade befindet, und man durch niedrige Temperatur einer allzu raschen Entmischung der Körper vor- beugen muss, wird in dem Drehofen die Mischung der ganzen ge- schmolzenen Masse ununterbrochen erneuert. Die Reaction wird dadurch

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/877>, abgerufen am 26.04.2024.