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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Flusseisens.

Aus der Schlacke und dem Oxydüberzuge des eingesetzten Schweiss-
stahles, in reicherem Maasse aus dem verschlackten Mangangehalte und
den Bestandtheilen des Tiegels, unter Umständen auch aus zugesetzten
fremden Körpern (Braunstein, Alkalien u. a.) entsteht eine Schlacke,
welche auf dem flüssigen Stahle schwimmt und deren Zusammen-
setzung im Verlaufe des Processes nicht unwesentlichen Aenderungen
unterworfen sein wird. Untersuchungen über diese Veränderungen der
Tiegelgussstahlschlacke liegen bis jetzt leider nicht vor; aus dem metal-
lurgisch-chemischen Verhalten der hier in Betracht kommenden Körper
lässt sich jedoch schliessen, dass diese Schlacke anfänglich ziemlich
eisenreich sein wird, dann, indem sie Thonerde und Kieselsäure aus
dem Tiegel auflöst und andererseits Eisenoxydul infolge der durch den
Kohlenstoffgehalt des Tiegels wie des Stahles bewirkten Reduction des
Eisens abgiebt, immer eisenärmer wird.

Eine von mir untersuchte Tiegelgussstahlschlacke aus Bochum,
beim Ausgiessen des Tiegels auf dem Stahle schwimmend, enthielt:

[Tabelle]

Der bedeutende Mangangehalt lässt entweder auf Zusatz von Braun-
stein oder einer manganreichen Legirung schliessen.

Der Tiegelgussstahl.

Unter allen Sorten Flussstahl gebührt unstreitig, was die Vorzüg-
lichkeit der Eigenschaften anbetrifft, dem aus geeignetem Rohstahle
und bei richtigem Verlaufe des Processes gefertigten Tiegelgussstahle
der Preis. Wäre dem nicht so, würde man längst aufgehört haben, diesen,
gegenüber anderen Stahlsorten weit kostspieligeren Stahl zu fertigen.

Verschiedene Gründe liefern die Erklärung für diese Thatsache.

Der Umstand, dass der Stahl im Tiegel eingeschlossen und äusseren
chemischen Einwirkungen mehr als andere Stahlsorten bei ihrer Dar-
stellung entzogen ist, ermöglicht leichter eine Regelung der chemischen
Zusammensetzung. Insbesondere auch ist es im Tiegel leichter als bei
anderen Processen, einen durch hohen Kohlenstoffgehalt harten, übrigens
aber reinen und deshalb bei gleicher Härte weniger spröden Stahl dar-
zustellen. Obgleich die Tiegelwände nicht vollkommen undurchdring-
lich für Gase, insbesondere für Wasserstoffgas sind (welches in den
Gasen der mit Koks gefeuerten Schachtöfen sowohl wie in denjenigen
der Herdöfen mit Gasheizung auftritt), ist doch die Auflösung solcher
Gase jedenfalls beschränkter als bei anderen Flussstahlsorten, welche
während ihrer Darstellung ununterbrochen mit denselben in Berührung
bleiben; der Stahl entwickelt also auch beim Giessen weniger Gase,
die Gussstücke sind dichter, und, wie schon oben erwähnt wurde,
pflegt man Blöcke, bei deren Guss der Stahl stieg, zu verwerfen. Die
Gründe wurden früher erörtert, weshalb auch das durch Hämmern
oder Walzen verdichtete Flusseisen weniger vorzüglich zu sein pflegt,
wenn die Gussblöcke blasig als wenn sie dicht waren. 1)

1) Vergl. S. 812.
Die Darstellung des Flusseisens.

Aus der Schlacke und dem Oxydüberzuge des eingesetzten Schweiss-
stahles, in reicherem Maasse aus dem verschlackten Mangangehalte und
den Bestandtheilen des Tiegels, unter Umständen auch aus zugesetzten
fremden Körpern (Braunstein, Alkalien u. a.) entsteht eine Schlacke,
welche auf dem flüssigen Stahle schwimmt und deren Zusammen-
setzung im Verlaufe des Processes nicht unwesentlichen Aenderungen
unterworfen sein wird. Untersuchungen über diese Veränderungen der
Tiegelgussstahlschlacke liegen bis jetzt leider nicht vor; aus dem metal-
lurgisch-chemischen Verhalten der hier in Betracht kommenden Körper
lässt sich jedoch schliessen, dass diese Schlacke anfänglich ziemlich
eisenreich sein wird, dann, indem sie Thonerde und Kieselsäure aus
dem Tiegel auflöst und andererseits Eisenoxydul infolge der durch den
Kohlenstoffgehalt des Tiegels wie des Stahles bewirkten Reduction des
Eisens abgiebt, immer eisenärmer wird.

Eine von mir untersuchte Tiegelgussstahlschlacke aus Bochum,
beim Ausgiessen des Tiegels auf dem Stahle schwimmend, enthielt:

[Tabelle]

Der bedeutende Mangangehalt lässt entweder auf Zusatz von Braun-
stein oder einer manganreichen Legirung schliessen.

Der Tiegelgussstahl.

Unter allen Sorten Flussstahl gebührt unstreitig, was die Vorzüg-
lichkeit der Eigenschaften anbetrifft, dem aus geeignetem Rohstahle
und bei richtigem Verlaufe des Processes gefertigten Tiegelgussstahle
der Preis. Wäre dem nicht so, würde man längst aufgehört haben, diesen,
gegenüber anderen Stahlsorten weit kostspieligeren Stahl zu fertigen.

Verschiedene Gründe liefern die Erklärung für diese Thatsache.

Der Umstand, dass der Stahl im Tiegel eingeschlossen und äusseren
chemischen Einwirkungen mehr als andere Stahlsorten bei ihrer Dar-
stellung entzogen ist, ermöglicht leichter eine Regelung der chemischen
Zusammensetzung. Insbesondere auch ist es im Tiegel leichter als bei
anderen Processen, einen durch hohen Kohlenstoffgehalt harten, übrigens
aber reinen und deshalb bei gleicher Härte weniger spröden Stahl dar-
zustellen. Obgleich die Tiegelwände nicht vollkommen undurchdring-
lich für Gase, insbesondere für Wasserstoffgas sind (welches in den
Gasen der mit Koks gefeuerten Schachtöfen sowohl wie in denjenigen
der Herdöfen mit Gasheizung auftritt), ist doch die Auflösung solcher
Gase jedenfalls beschränkter als bei anderen Flussstahlsorten, welche
während ihrer Darstellung ununterbrochen mit denselben in Berührung
bleiben; der Stahl entwickelt also auch beim Giessen weniger Gase,
die Gussstücke sind dichter, und, wie schon oben erwähnt wurde,
pflegt man Blöcke, bei deren Guss der Stahl stieg, zu verwerfen. Die
Gründe wurden früher erörtert, weshalb auch das durch Hämmern
oder Walzen verdichtete Flusseisen weniger vorzüglich zu sein pflegt,
wenn die Gussblöcke blasig als wenn sie dicht waren. 1)

1) Vergl. S. 812.
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[856/0936] Die Darstellung des Flusseisens. Aus der Schlacke und dem Oxydüberzuge des eingesetzten Schweiss- stahles, in reicherem Maasse aus dem verschlackten Mangangehalte und den Bestandtheilen des Tiegels, unter Umständen auch aus zugesetzten fremden Körpern (Braunstein, Alkalien u. a.) entsteht eine Schlacke, welche auf dem flüssigen Stahle schwimmt und deren Zusammen- setzung im Verlaufe des Processes nicht unwesentlichen Aenderungen unterworfen sein wird. Untersuchungen über diese Veränderungen der Tiegelgussstahlschlacke liegen bis jetzt leider nicht vor; aus dem metal- lurgisch-chemischen Verhalten der hier in Betracht kommenden Körper lässt sich jedoch schliessen, dass diese Schlacke anfänglich ziemlich eisenreich sein wird, dann, indem sie Thonerde und Kieselsäure aus dem Tiegel auflöst und andererseits Eisenoxydul infolge der durch den Kohlenstoffgehalt des Tiegels wie des Stahles bewirkten Reduction des Eisens abgiebt, immer eisenärmer wird. Eine von mir untersuchte Tiegelgussstahlschlacke aus Bochum, beim Ausgiessen des Tiegels auf dem Stahle schwimmend, enthielt: Der bedeutende Mangangehalt lässt entweder auf Zusatz von Braun- stein oder einer manganreichen Legirung schliessen. Der Tiegelgussstahl. Unter allen Sorten Flussstahl gebührt unstreitig, was die Vorzüg- lichkeit der Eigenschaften anbetrifft, dem aus geeignetem Rohstahle und bei richtigem Verlaufe des Processes gefertigten Tiegelgussstahle der Preis. Wäre dem nicht so, würde man längst aufgehört haben, diesen, gegenüber anderen Stahlsorten weit kostspieligeren Stahl zu fertigen. Verschiedene Gründe liefern die Erklärung für diese Thatsache. Der Umstand, dass der Stahl im Tiegel eingeschlossen und äusseren chemischen Einwirkungen mehr als andere Stahlsorten bei ihrer Dar- stellung entzogen ist, ermöglicht leichter eine Regelung der chemischen Zusammensetzung. Insbesondere auch ist es im Tiegel leichter als bei anderen Processen, einen durch hohen Kohlenstoffgehalt harten, übrigens aber reinen und deshalb bei gleicher Härte weniger spröden Stahl dar- zustellen. Obgleich die Tiegelwände nicht vollkommen undurchdring- lich für Gase, insbesondere für Wasserstoffgas sind (welches in den Gasen der mit Koks gefeuerten Schachtöfen sowohl wie in denjenigen der Herdöfen mit Gasheizung auftritt), ist doch die Auflösung solcher Gase jedenfalls beschränkter als bei anderen Flussstahlsorten, welche während ihrer Darstellung ununterbrochen mit denselben in Berührung bleiben; der Stahl entwickelt also auch beim Giessen weniger Gase, die Gussstücke sind dichter, und, wie schon oben erwähnt wurde, pflegt man Blöcke, bei deren Guss der Stahl stieg, zu verwerfen. Die Gründe wurden früher erörtert, weshalb auch das durch Hämmern oder Walzen verdichtete Flusseisen weniger vorzüglich zu sein pflegt, wenn die Gussblöcke blasig als wenn sie dicht waren. 1) 1) Vergl. S. 812.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 856. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/936>, abgerufen am 26.04.2024.