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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Brasilianische Häfen.

Nach Vasco de Gama's glücklicher Rückkehr sandte König
Emanuel von Portugal, den die Geschichte den "Glücklichen" nennt,
eine zweite Flotte von 13 Schiffen mit 1200 Mann unter dem Com-
mando Pedro Alvarez Cabral nach Indien aus.

Cabral segelte am 9. März 1500 von Lissabon ab und steuerte
nach der Segelanweisung, die Vasco de Gama gegeben hatte, einen
mehr westlichen Curs als dieser, um die Calmenregion unter Afrika
zu vermeiden. So gerieth er in den Bereich der damals noch ganz un-
bekannten oceanischen Strömungen hinein und entdeckte am 22. April
ein neues Land. Zwei Tage später ging er in einer ruhigen Bucht,
dem sogenannten "sicheren Hafen", Porto Seguro, vor Anker, nahm
das Land, dessen Küsten 1500 die Spanier zuerst gesehen hatten, für
den König von Portugal feierlich in Besitz und nannte es Terra da
Vera Cruz. Der Name Brasilien entstand erst ein Decennium später;
man leitete ihn von Pao do Brazil, d. h. Holz der glühenden Kohle
ab, einem rothen Farbholze (Caesalpinia brasiliensis, nach Selin
"echinata"), das man dort in Menge fand und seit dem XVI. Jahr-
hundert nach Europa ausführte.

Die Besiedlung der neuen Colonie mit Verbrechern (zumeist
Verurtheilten der Inquisition) sowie die Verbannung der Juden nach
derselben gingen der Entsendung des ersten Gouverneurs, Thomas de
Souza, voraus. Souza gab im Auftrage König Joaos III. eine Organi-
sation, erbaute 1549 die Stadt Bahia als Sitz der Centralregierung
und brachte die Jesuiten ins Land.

Aber dieser erste Gouverneur fand auch bereits die Grundlagen
der Indianerkriege vor, welche bis ins XVIII. Jahrhundert dauerten,
das Land seiner eingeborenen Arbeiter beraubten und die Einführung
von Negersclaven aus Westafrika zur Folge hatten. Denn schon 1534
hatte Joao III. das Land unter die Donatoren als Lehen getheilt und
diesen das Recht gegeben, die heidnischen Indianer (Gentios) zu

Brasilianische Häfen.

Nach Vasco de Gama’s glücklicher Rückkehr sandte König
Emanuel von Portugal, den die Geschichte den „Glücklichen“ nennt,
eine zweite Flotte von 13 Schiffen mit 1200 Mann unter dem Com-
mando Pedro Alvarez Cabral nach Indien aus.

Cabral segelte am 9. März 1500 von Lissabon ab und steuerte
nach der Segelanweisung, die Vasco de Gama gegeben hatte, einen
mehr westlichen Curs als dieser, um die Calmenregion unter Afrika
zu vermeiden. So gerieth er in den Bereich der damals noch ganz un-
bekannten oceanischen Strömungen hinein und entdeckte am 22. April
ein neues Land. Zwei Tage später ging er in einer ruhigen Bucht,
dem sogenannten „sicheren Hafen“, Porto Seguro, vor Anker, nahm
das Land, dessen Küsten 1500 die Spanier zuerst gesehen hatten, für
den König von Portugal feierlich in Besitz und nannte es Terra da
Vera Cruz. Der Name Brasilien entstand erst ein Decennium später;
man leitete ihn von Pão do Brazil, d. h. Holz der glühenden Kohle
ab, einem rothen Farbholze (Caesalpinia brasiliensis, nach Selin
„echinata“), das man dort in Menge fand und seit dem XVI. Jahr-
hundert nach Europa ausführte.

Die Besiedlung der neuen Colonie mit Verbrechern (zumeist
Verurtheilten der Inquisition) sowie die Verbannung der Juden nach
derselben gingen der Entsendung des ersten Gouverneurs, Thomas de
Souza, voraus. Souza gab im Auftrage König Joãos III. eine Organi-
sation, erbaute 1549 die Stadt Bahia als Sitz der Centralregierung
und brachte die Jesuiten ins Land.

Aber dieser erste Gouverneur fand auch bereits die Grundlagen
der Indianerkriege vor, welche bis ins XVIII. Jahrhundert dauerten,
das Land seiner eingeborenen Arbeiter beraubten und die Einführung
von Negersclaven aus Westafrika zur Folge hatten. Denn schon 1534
hatte João III. das Land unter die Donatoren als Lehen getheilt und
diesen das Recht gegeben, die heidnischen Indianer (Gentios) zu

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[[239]/0255] Brasilianische Häfen. Nach Vasco de Gama’s glücklicher Rückkehr sandte König Emanuel von Portugal, den die Geschichte den „Glücklichen“ nennt, eine zweite Flotte von 13 Schiffen mit 1200 Mann unter dem Com- mando Pedro Alvarez Cabral nach Indien aus. Cabral segelte am 9. März 1500 von Lissabon ab und steuerte nach der Segelanweisung, die Vasco de Gama gegeben hatte, einen mehr westlichen Curs als dieser, um die Calmenregion unter Afrika zu vermeiden. So gerieth er in den Bereich der damals noch ganz un- bekannten oceanischen Strömungen hinein und entdeckte am 22. April ein neues Land. Zwei Tage später ging er in einer ruhigen Bucht, dem sogenannten „sicheren Hafen“, Porto Seguro, vor Anker, nahm das Land, dessen Küsten 1500 die Spanier zuerst gesehen hatten, für den König von Portugal feierlich in Besitz und nannte es Terra da Vera Cruz. Der Name Brasilien entstand erst ein Decennium später; man leitete ihn von Pão do Brazil, d. h. Holz der glühenden Kohle ab, einem rothen Farbholze (Caesalpinia brasiliensis, nach Selin „echinata“), das man dort in Menge fand und seit dem XVI. Jahr- hundert nach Europa ausführte. Die Besiedlung der neuen Colonie mit Verbrechern (zumeist Verurtheilten der Inquisition) sowie die Verbannung der Juden nach derselben gingen der Entsendung des ersten Gouverneurs, Thomas de Souza, voraus. Souza gab im Auftrage König Joãos III. eine Organi- sation, erbaute 1549 die Stadt Bahia als Sitz der Centralregierung und brachte die Jesuiten ins Land. Aber dieser erste Gouverneur fand auch bereits die Grundlagen der Indianerkriege vor, welche bis ins XVIII. Jahrhundert dauerten, das Land seiner eingeborenen Arbeiter beraubten und die Einführung von Negersclaven aus Westafrika zur Folge hatten. Denn schon 1534 hatte João III. das Land unter die Donatoren als Lehen getheilt und diesen das Recht gegeben, die heidnischen Indianer (Gentios) zu

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [239]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/255>, abgerufen am 27.04.2024.